Unromantischer Blick zurück – Serie: Fluss, Wein, Kulinarik und Romantik – Kreuzfahrt mit MS RIVER VOYAGER (Teil 1/7)

Passau mit seinen Türmen voraus. © 2020, Foto/BU: Dr. Peer Schmidt-Walther

Passau, Deutschland (MaDeRe). Es gehört schon eine gehörige Portion Mut dazu, in einer Zeit mit sich ständig überschlagenden Covid 19-Reisewarnungen eine Kreuzfahrt anzubieten, die in jedem Moment auch wieder abgesagt werden kann. Nicko Cruises hat es getan, allerdings wohl kalkuliert und optimal vorbereitet.

Während überall Kreuzfahrtschiffe stillliegen, hat der Veranstalter das Reederei-Partnerschiff MS RIVER VOYAGER auf die Reise geschickt. Dafür wurde ein umfangreiches Hygiene-Maßnahmenpaket (s. Anhang) geschnürt, um die notwendigen Abstandsregeln sowohl an Bord als auch während der Ausflüge gewährleisten zu können. Schon zu Hause mussten die Gäste einen Infektionsschutz-Fragebogen ausfüllen und später vorlegen. Unter Aufsicht des Schiffsarztes Dr. Thomas Neumann wurde dann ein kostenloser Sars-CoV-2-Antikörper-/Antigen-Schnelltest samt Fiebermessung vorgenommen.

MS RIVER VOYAGER vor dem Auslaufen auf der Donau. © 2020, Foto/BU: Dr. Peer Schmidt-Walther

Nachdem das erledigt ist, packt die 135 Gäste ein ganz anderes Fieber: das Auslaufmanöver.

Schauplatz Passau-Lindau. Punkt 17 Uhr gibt Kapitän Cristian Tapoi das Kommando „Leinen los!“ Bald gleitet die malerische Kulisse Drei-Flüsse-Stadt gleitet an Backbord vorüber. Aber auch Erinnerungen, die dabei wach werden. Blick zurück: Sommerferien 1964. Schon damals zog es mich auf die 2800 Kilometer lange Donau.

Einführungs-Vortrag in der Panorama-Lounge der MS River Voyager. © 2020, Foto/BU: Dr. Peer Schmidt-Walther

Doch da gab es weder Kreuzfahrtschiffe – heute zählt zum Beispiel Regensburg bis zu 1200 Anläufe pro Jahr auf dem am stärksten frequentierten Fluss der Welt -, noch hatte ich Geld. Aber zumindest eine Idee: warum nicht als Decksmann anmustern? Die Reederei Bayerischer Lloyd erkannte den Drang und stellte ihn ein – als „Kahnmatrose“, wie das hieß. Mit einem antriebslosen Leichter ging es, im Viererverband und von einem Schlepper gezogen, bis nach Jugoslawien zum Bauxitladen. Mit Romantik hatte das nur bedingt zu tun. Tag und Nacht wurde gefahren, wobei ich, abwechselnd mit dem donauschwäbischen Schiffer, die Haspel, das riesige Steuerrad, drehen musste. Geschlafen wurde in einer winzigen, dunklen Kammer unter der Back auf einem Strohsack. Wasser zum Kochen, Waschen und Spülen holte man sich per Pütz aus dem Fluss (der war noch sauber), gekocht wurde selbst, und zwar auf einem kleinen Kohleherd. Licht spendete eine Petroleumfunzel. Das war Binnenschifffahrt wie im Schwarz-Weiß-Vorkriegsfilm, aber ein paar tausend Kilometer Donau-Erfahrung wert. Südost-Europa – in den Köpfen meiner Klassenkameraden ein Buch mit sieben Siegeln.

Auf der MS River Voager gibt der Steuermann das Klarzeichen. © 2020, Foto/BU: Dr. Peer Schmidt-Walther

Diesmal möchte ich mir – nicht nur – den nordwestlichen schiffbaren „Rest“ der Donau zu Gemüte führen, allerdings unter gänzlich anderen Umständen als damals – mit einer strahlenden und glänzenden RIVER VOYAGER. Ihr modernes, helles, freundliches Interieur ist absolut einladend. Von wegen ein zentimetergroßes Bullauge und stickige Luft in einer dunklen Höhle! Die helle Kabine bietet „Wasserblick total“ durch zwei Panorama-Fenstertüren, auch „French Balcony“ genannt: zwar kein richtiger Balkon, nur einer für die Zehenspitzen, meint der Tischnachbar schmunzelnd. Aber man kann die Kabine quasi dazu umfunktionieren, indem man die Scheiben weit aufschiebt. Bad, Dusche, Toilette – an so einen „überflüssigen Luxus“ wagte anno ´64 niemand zu denken. Wozu war denn der Fluss da?!

Fahrt auf der wilden oberen Donau. © 2020, Foto/BU: Dr. Peer Schmidt-Walther

Anmerkung:

Die Recherche wurde von Nicko Cruises unterstützt.

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