Berlin, Deutschland (MaDeRe). Der Wind, der Wind, die Passagiere im Salon reden vom Wind, der die Wellen an die Fenster peitscht, andere genießen auf dem Sonnendeck die frische Brise, die ihnen um die Nase weht und die Segelboote antreibt, von denen es immer mehr werden. Die „Katharina von Bora“ ist auf dem Stettiner Haff zur Ostsee unterwegs. Es kann aber auch ganz gemütlich sein, wenn das Schiff auf dem Fluss fährt und das neue Schiffshebewerk Nord in Niederfinow passiert.

Schiffshebewerk Nord. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Aufnahme: Niederfinow, 16.7.2023
Einfahrt im Schiffshebewerk Nord. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Aufnahme: Niederfinow, 16.7.2023

Die Sonne glitzert in der Havel, während die Flusslandschaft in Zeitlupe vorbeizieht. Über den Baumwipfeln drehen Fischreiher und Kormorane ihre Runden. Mit einer gemächlichen Geschwindigkeit von achtzehn, manchmal sogar weniger Kilometern pro Stunde und zahlreichen Landgängen führt die Reise über die Havel, den Oder-Havel-Kanal und die Oder bis zur Ostsee. Neben Seerosenteppichen gleiten Schwäne durchs Wasser, Libellen verstecken sich in den langen Schilfreihen, die am Ufer meterhoch wachsen.

Kloster Chorin. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Aufnahme: Chorin 16.7.2023

Es geht in das „UNESCO-Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin“, dass größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands. Von Bäumen umrankt, an der Grenze des Barnim zur Niederungslandschaft Oderbruch, erhebt sich die Ruine des ehemaligen Zisterzienserklosters Chorin. In der Mittagssonne leuchten die roten Backsteingiebel. Lilien-und Weinblätterranken, Formsteinfriesen und Gewölbekonsolen schmücken die Westfassade der dreischiffigen Klosterkirche. Im Westflügel sind an den Wänden Malereien aus dem frühen 14. Jahrhundert. Einige Kilometer entfernt steht das Meisterwerk der Technik: Das Schiffshebewerk Niederfinow Nord, dass neben dem aus dem Jahr 1934 erbauten Fahrstuhl für Schiffe, seit Oktober 2022 im Betrieb ist. Einige Gäste schwärmen aus und besichtigen die beiden Kolosse aus Stahlstreben von außen. Andere lassen sich mit dem Schiff wie in einer Badewanne in einem Aufzug von oben nach unten transportieren und überwinden in nur wenigen Minuten einen Höhenunterschied von 36 Metern.

Das Schloss der Herzöge von Pommern. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Aufnahme: Stettin, 17.7.2023

Die Reise setzt sich fort gen Norden und die „Katharina von Bora“ ankert im Hafen von Stettin. Die Passagiere, die von Bord gehen, laufen zur Hakenterrasse, dem Wahrzeichen Stettins. In der Nähe des Hafens ragt das Schloss der Herzöge von Pommern aus dem 14 Jahrhundert in die Höhe. Noch mehr Geschichte gibt es auf dem Heumarkt. Ganz gemütlich kann man durch die Gassen der kleinen Altstadt spazieren und in Ruhe das alte Rathaus mit dem gotischen Ziergiebel bestaunen, das neben bunten Häusern steht, die sich an historischen Vorbildern orientieren. Während einer Flussfahrt gibt es normalerweise keine großen Wellen oder starken Wind, da Flüsse ruhiger sind als das offene Meer. Doch im Stettiner Haff ist es erst einmal mit der Ruhe vorbei. Auf dem Weg zur Ostsee erheben sich die Wellen und das Schiff gerät ins Schaukeln, während es Schaum und Gischt hinter sich lässt. Einige Passagiere blicken ängstlich zum Fenster, während die Mutigen an Deck stehen und den salzigen Duft des Meeres einatmen, und die erfrischende Brise auf ihrer Haut spüren. Am Rande des Waldes zirpt und schnattert es. Möwen hängen in Büschen und Bäumen, bevor sie wieder ausschwärmen und auf der Suche nach Beute sind.

Ganz anders ist es auf der Insel Wollin. Diese ist wegen ihrer feinen und breiten Sandstrände und dem traditionsreichen Seebad Misdroy bekannt. Eichen, Buchen und Ahornbäumen, Kiefern und Fichten sind im Nationalpark, der sich über einen Großteil der Insel erstreckt. Seeadler, Kraniche und Rohrdommeln und Rehe haben hier ihr Zuhause. Am Ufer stehen Angler und fangen Hechte, Zander oder Karpfen. Das Meer hat sich beruhigt, ein bisschen Wind weht noch, so das die Segelschiffe die „Katharina von Bora“ bis nach Wolgast und zur Insel Usedom begleiten.

Villa in Heringsdorf. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Aufnahme: Heringsdorf, 19.7.2023
Einladung ins Restaurant. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Aufnahme: Heringsdorf, 19.7.2023

Im Ostseebad Heringsdorf nahm der Badetourismus seinen Anfang. Ob der Oberforstmeister von Bülow im Jahr 1825 ahnte, welche Auswirkungen der Bau des ersten Logierhauses auf einem 34 Meter hohen sandigen Hügel auslösen würde? Bis zum Ende des Jahrhunderts ist aus der einstigen Fischerkolonie ein beliebtes Urlaubsziel geworden, das wegen des häufig schönen Wetters auch „Sonneninsel“ genannt wird. Heringsdorf zählt auch heute noch zu den beliebtesten Urlaubsorten an der Ostsee. Wenn die ersten Sonnenstrahlen des Morgens die Fassaden der Gründerzeitvillen in goldenes Licht tauchen, scheint die gute alte Zeit wieder zum Leben zu erwachen. Es sind die prachtvollen Sommerresidenzen, die wohlhabende Großstädter um die Jahrhundertwende errichten ließen. Läuft man an den Villen Oechsler, Staudt, Oppenheim, Hintze und Bleichröder vorbei, könnte es sein, dass sich jeden Moment eine Tür öffnet und ein Dienstmädchen in den frühen Morgenstunden zum Strand eilt, um frischen Fisch für die Herrschaften zu holen. Weiter auf Fahrt geht es Richtung Rügen.

An der Strandpromenade in Binz. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Aufnahme: Binz, 19.7.2023
Am Wegesrand in Binz. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Aufnahme: Binz, 19.7.2023

In Binz, dem größten Seebad der Insel, stehen zahlreiche historische Villen verschiedener Stilrichtungen. Verzierte Balkone, Veranden und Erker zieren die weißen Holzhäuser. Der Sand auf dem fast sechs Kilometer Strand schimmert in einem strahlenden Weiß, das an die Strände der Südsee erinnert. Bei kühlerem Wetter lädt die gut vier Kilometer lange Strandpromenade zum Flanieren ein. Zwischen den Buchenwäldern im Nationalpark Jasmund leuchten die weißen Kreidefelsen und erheben sich über dem Meer. Das UNESCO-Weltnaturerbe in Rügens Norden ist auch für seine vielfältige Tierwelt bekannt. Seehunde leben in den Gewässern rund um die Insel. Das Schiff kreuzt auf dem Bodden Richtung Greifswald. Malerisch liegt die Stadt im Sonnenlicht des Nachmittags.

Wieker Klappbrücke in Greifswald. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Aufnahme: Greifswald, 20.7.2023
Blick auf die Ostsee vom Kreidefelsen. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Aufnahme: Rügen, 20.7.2023

Von der Schönheit der Stadtsilhouette inspiriert, wählte der Maler Caspar David Friedrich, berühmtester Sohn der Universitäts- und Hansestadt, die Backsteinbauten oft zu Motiven seiner Bilder. Man kann seine Sichtweise nachvollziehen, denn in der historischen Altstadt sind die Bürgerhäuser, das ochsenblutrote Rathaus und die Backsteinkirchen ein wahrer Blickfang.

Die Shilouette von Stralsund. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Aufnahme: Stralsund, 20.7.2023

Während der Einfahrt in den Hafen von Stralsund, erstrahlt ein weißes Gebäude in der Skyline, das sich zwischen den historischen Speichern auf der nördlichen Hafeninsel erhebt. Anstelle von traditionellen Segeln aus Leinen schmücken geformte Stahltafeln in heller Farbe die Außenfassade des Ozeanums. Diese künstlich geblähten Segel dienen als ein Symbol für vergangene Zeiten, als der Hafen von Stralsund noch ein geschäftiger Umschlagplatz für Güter war. Und drinnen bekommt man keine nassen Füße, wenn man im Ozeaneum auf Entdeckungsreise durch die Welt der Nord- und Ostsee läuft. In riesigen Meerwasseraquarien schwimmen Heringsschwärme, Hornhechte, Seehasen und Ohrenquallen. Oben auf dem Dach warten Pinguine auf die Besucher. Und so ganz nebenbei gibt es einen guten Ausblick auf die Altstadt.

Bunte Häuser mit Schilfdach auf der Insel Hiddensee. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Aufnahme: Hiddensee, 21.7.2023

Ein Nachbar der Hansestadt ist das malerische Eiland Hiddensee. Und da man sich gerne besucht, steuert die „Katharina von Bora“ in diese Richtung. Nach einer knappen Stunde Fahrtzeit ist man auf der fast 17 Kilometer langen Insel angekommen. Schon Anfang des 20. Jahrhunderts war diese ein Eldorado für Künstler und Naturliebhaber. Weil es hier so idyllisch und überschaubar ist.

Informationen:

Die achttägige Reise von Potsdam nach Stralsund (bzw. umgekehrt) ist mit Vollpension bei Nicko Cruises ab 1399 Euro pro Person buchbar. Die nächsten Reisetermine sind bis Oktober 2023 geplant. Und nach der Winterpause geht es wieder los.

Anmerkung:

Die Recherche wurde von Nicko Cruises Schiffsreisen GmbH unterstützt.

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