Waldorf-Astoria New York – Eine Hotel-Legende mit deutschen Wurzeln wird 90 und fängt noch einmal bei Null an

Ein Blick das Waldorf-Astoria in New York. Quelle: Wikimedia, CC BY-SA 2.0, Foto: Americasroof

Berlin, Deutschland (MaDeRe). Das New Yorker Hotel Waldorf-Astoria hat in diesem Jahr (2021) neunzigsten Geburtstag. Der konnte jedoch nicht in gebührender Weise gefeiert werden, denn die Hotel-Legende mit deutschen Wurzeln und einer faszinierenden Vergangenheit, ist seit 2017 geschlossen. Das Hotel an New Yorks Park Avenue wird von Grund auf saniert, und das in einer Weise, bei der kaum ein Stein auf dem anderen bleibt. Wenn es im kommenden Jahr, vielleicht auch erst 2023, wiedereröffnet wird, soll es den Charme und das Aussehen seines Art deco-Geburtsjahres 1931 aufweisen.

Deshalb war das erste Jahr der Schließung fast ausschließlich der Erfassung, dem Abbau und der „Einmottung“ Hunderter einmaliger Stücke des Interior Design, also der fulminanten Innenausstattung, gewidmet. Daran waren Dutzende internationale Fachleute – Restaurateure, Historiker, Präservateure – beteiligt. Sie hatten Tausende kostbare Einzelstücke zu identifizieren und zu verpacken, denn sie sollten ja im generalüberholten „Waldorf-Astoria“ wieder ihren angestammten Platz finden. Eine Mammutaufgabe: 250 Marmorplatten etwa, französische antike Wandgewebe, alte Spiegel und über 2 000 vielfach von Künstlerhand gefertigte Beleuchtungskörper wie etwa einen Kronleuchter aus Kristall und Bronze sowie Murano-Glas – von über einem Meter Durchmesser. Das betrifft auch das Mobiliar historischer Suiten, etwa der mit dem Namen „Winston Churchill“ – er hat hier dutzende Male genächtigt.

Und was kostet das alles? „Es wird von Monat zu Monat teurer“, sagt ein Insider, der keine Summe nennt, „aber das dürfte sicher sein: Es wird die teuerste Gebäuderenovierung, die es je in New York City gab“.

Die Geschichte des Hauses mit seinen 1 400 Zimmern in 47 Stockwerken, wo die Präsidentensuite 9 000 Dollar pro Tag kostete, gleicht einem Märchen…

Es war einmal … ein Metzger. Der war als Glaubensflüchtling vom italienischen Savoyen ins kurpfälzische Walldorf gekommen, einem winzigen Dörfchen südlich von Heidelberg. Dieser Fleischer mit dem Familiennamen Astor hatte zwölf Kinder, es ging in der Familie also sehr ärmlich zu. Deshalb verließen einige das Elternhaus sehr früh. Johann Jakob, geboren 1763 in diesem Walldorf, als 16Jähriger. Er folgte damit dem Beispiel seiner drei älteren Brüder. Sein Ziel war Amerika, das „goldene“, wie es damals vielversprechend hieß. Er blieb eine Weile bei seinem Bruder Georg Peter in London und lernte bei dem die Fertigung von Holzblasinstrumenten. Im November 1783 schiffte er sich in England auf der „North Carolina“ ein. Durch nicht enden wollende atlantische Stürme verzögerte sich die Abreise um vier Monate. Die Ankunft war nicht minder problematisch, denn das Schiff fror in Sichtweise der US-Küste ein. Da zeigte sich erstmals, welch Draufgängernatur dieser Johann Jakob war: Er verließ das Schiff und wanderte über das Eis aufs Festland, das er bei Baltimore erreichte.

Sein Ziel war New York, wo ein anderer Bruder – Heinrich – lebte. Der war, wie der Vater, Metzger. Bei ihm traf Johann Jakob – inzwischen John Jacob – 1784 ein. Er baute, seine Londoner Erfahrungen nutzend, einen Musikalienhandel auf und importierte Instrumente. Das genügte ihm nicht. „Nebenbei“ begann er mit Pelzen zu handeln, und sehr schnell wurde der Clevere zum bedeutendsten Pelzhändler der USA. Seine Verdienste investierte er in Immobilien – in Manhattan. Zwischen 1808 und 1818 war er auch am Opiumhandel mit China beteiligt. Mit einem Besitz von 20 Millionen Dollar – heutiger Wert: 110 Milliarden! – war er der reichste Amerikaner. Einige Quellen meinen sogar, er war damit der „reichste Mann der Welt“.

Zugleich war John Jacob Wohltäter. 400 000 Dollar schenkte er der New Yorker Bibliothek, 25 000 Dollar erhielt die „Deutsche Gesellschaft New York“, immer wieder förderte er gemeinnützige Unternehmen. Seinem Heimatort Walldorf überwies er 50 000 Dollar, für den Bau eines Altersheimes. Mit 30 0000 Dollar finanzierte er schließlich eine „Professur für deutsche Literatur“ an New Yorks Columbia University. Dem Deutschen blieb er lebenslang verbunden. Wenigstens drei Reisen sind nach Deutschland dokumentiert – seltsam: Ob er dabei je in Walldorf war, ist nicht bekannt. Johann Jacob starb 1848 in New York. Er hatte acht Kinder. Er und seine Gebrüder sind die Gründer der Astor-Dynastie in den USA. Einer davon, William Waldorf Astor, schuf das Hotel-Imperium. Deren Geschichte ist nicht minder interessant wie die der Familie Astor.

1893 eröffnete dieser William Waldorf Astor an der Ecke Fifth Avenue und 33rd Street das 13stöckige „Waldorf Hotel“. Sein Cousin John Jacob IV baute vier Jahre später gleich daneben das vier Stockwerke höhere „Astoria“. Zitat aus Wikipedia: „Der Verbindungsweg zwischen den Hotels wurde als Peacock Alley bekannt, weil die Damen der Society dort herum stolzierten wie die Pfauen, um gesehen zu werden“. Beide Hotels wurden schließlich verwaltungsmäßig zusammengeführt. Dieses „Waldorf-Astoria“ war damals das größte Hotel der Welt. Sein Gründer William starb übrigens 1912 beim Untergang der „Titanic“. Dieses Hotel wurde 1929 geschlossen und abgerissen. Auf diesem Grundstück entstand das Empire State Building. Das zweite „Waldorf-Astoria“ an der Park Avenue war da schon im Bau. Es wurde am 1.Oktober 1931 eingeweiht. Ein Prachtbau. Mit eigenem Bahnsteig am Bahnhof Grand Central, der vom Hotel aus mittels eines unterirdischen Ganges zu erreichen war. Und jetzt wird umgebaut und renoviert.

Zur Waldorf-Astoria-Kette, Teil der Hilton Group, gehören weltweit 26 Hotels, 14 davon in den USA. Berlin hat seit dem 3. Januar 2013 ein „Waldorf-Astoria“, sehr zentral zwischen Zoo und Kurfürstendamm angesiedelt.

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