Kein Kampieren in einem Kladderadatsch namens „Norddeutschland“ – Zum Dummdeutsch-Buch „Yes we camp! Die schönsten Campingplätze für Familien in Norddeutschland“ von Martin Riegler und Simon P. Hecht

Das Buch "Yes We Camp. Die schönsten Campingplätze für Familien in Norddeutschland" muss man nicht in Händen halten. © Münzenberg Medien, Foto: Stefan Pribnow

Berlin, Deutschland (MaDeRe). Mitte Mai 2020 erhielten wir eine Pressemitteilung vom Verlag Gräfe und Unzer, München, mit dem Hinweis auf zwei neue Bücher mit der Marke ADAC auf dem Buchdeckel. Ein paar Tage später kamen die Rezensionsexemplare, in denen wir nun blättern und lesen. Auch Blicke lohnen sich drauf- und hineinzuwerfen, denn nicht die schönsten Campingplätze für Familien in deutschen Landen, jedenfalls in denen, in denen Deutsche noch die Mehrheit sind, wurden fotografiert, sondern Kinder, Kultur- und Naturlandschaften und zwar wie in einem Prospekt. Heile Welt und heller Himmel, totale Reklame von der ersten bis zur letzten Seite. Wahrheit? Mangelware!

Gegliedert sind die beiden Bücher in Norddeutschland und Süddeutschland, Österreich und Schweiz. Offenbar zählen für die Autoren Martin Riegler und Simon P. Hecht die Sächsische Schweiz sowie die Äcker und Wälder an der Eder zum Norden. Dümmer geht immer. Dieses Sortierte, diese Ordnung ist absoluter Mumpitz. Den Dummdeutschen Riegler und Hecht sei geschrieben, dass unter dem Norden der BRD mehr oder weniger die Gegend verstanden wird, in der die niederdeutsche Sprache, auch Plattdeutsch beziehungsweise Plattdüütsch, mitunter auch Nedderdüütsch, Neddersassisch bis Nedersaksisch genannt und geschrieben, gesprochen wird und die im Norddeutschen Tiefland liegen. Das hört bei aller Liebe zum ein oder anderen Brocken spätestens vorm Harz auf.

Vor allem die Sprache und auch die gemeinsame Geschichte, unter anderem die der Hansa, ist es, die Leute im Land verbindet. Nur historische Hornochsen und Bildungsblindfische können dies übersehen, aber offenbar sind die namentlich genannten willens und in der Lage allerlei Anglizismen und dämlichstes Denglisch in die Scheiß-egal-Suppe zu schütten, die Leser für rund 15 Euro auch noch kaufen sollen. Dafür muss gewarnt werden.

Wem in deutschen Landen will man ernsthaft gegenübertreten und die Lausitz genannte Gegend mit den sumpfigen, feuchten Wiesen als Norden verkaufen oder den Thüringer Wald oder das Sauerland oder das Erzgebirge? Jeder Lump, der derartiges laberte, würde einst als Lügner und Betrüger geteert und gefedert sowie aus Dörfern und Städten gejagt worden sein. Und das war richtig und wichtig.

Vollidioten muss man Vollidioten nennen. Diese gliederten ihren Inhalt, also 67 Campingplätze in über 40 Gegenden, die man „erleben“ könne. Laut Pressemitteilung seien diese Plätze „gezielt nach den Interessen von Familien ausgesucht“ worden. Das – Achtung: Dumm-Denglisch „Family-Barometer“ würde helfen, „den Charakter des Platzes auf einen Blick zu sehen“. Mir scheint das reine Willkür. Möglicherweise nett gemeint, jedoch schlecht gemacht. Doch darüber kann man immerhin streiten, über das Dummdeutsch, mit dem auch der ADAC sich keinen Gefallen tut, nicht. Das verbale Imponiergewurschtel und die permanent Penetranz der Verhunzung der deutschen Sprache ist ein Graus. Ich empfehle, die Auflage einzustampfen und zwar sofort.

Bibliographische Angaben

Herausgeber: Gräfe und Unzer Verlag GmbH, München, Redakteur: Benjamin Happel, Autoren: Thomas Riegler und Simon P. Hecht, Yes we camp!, Die schönsten Campingplätze für Familien in Norddeutschland, 208 Seiten, Format: 223 x 150 mm, Verlag: Gräfe und Unzer, 1. Auflage, 6.5.2020, ISBN: 978-3-95689-855-6, Preise: 14,90 EUR (Deutschland), 15,40 EUR (Österreich)

Anmerkung:

Siehe auch den Artikel „Mehr als nur ‚die schönsten Campingplätze‘ – ‚Yes we camp! Die schönsten Campingplätze für Familien in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz‘ von Martin Riegler und Simon P. Hecht“ von Ole Bolle.

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