Von Skopje in die Weinberge – Serie: Mazedonien – unentdecktes Land (Teil 2/3)

In den Weinbergen der Region Tikveš. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Gradsko /Nordmazedonien, 01.11.2022

Kavadarci, Nordmazedonien (MaDeRe). Als Jugoslawien Anfang der 1990er-Jahre zerfiel, entstanden viele neue Staaten, darunter seit dem 8. September 1991 auch Mazedonien, respektive inzwischen korrekt die Republik Nordmazedonien. Mit gerade mal 25.713 Quadratkilometern ein recht kleines Land – Deutschland hat etwa die vierzehnfache Fläche. Rund 1,8 Millionen Menschen wohnen hier. Für den Tourismus ist das Land recht gut erschlossen, wird aber zumindest in unseren Breiten selten als Ziel wahrgenommen. Wir begeben uns auf eine kleine Rundreise durch die Weinberge, Nationalparks und an den Ohridsee. Ein Weingut besuchen wir in Skopje, weitere in und um Kavadarci.

Der Blick vom Chateau Kamnik über die Reben auf die Stadt. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Skopje/Nordmazedonien, 31.10.2022

Wein aus Mazedonien? Vielen fällt da liebliches Gesöff für sehr kleines Geld aus dem Supermarkt ein. Selten bekommt man bei uns besseren Wein aus dem kleinen Land. Dabei haben sich die Weingüter gemausert und können auf dem internationalen Markt im Spitzensegment mitmischen. Preislich sind die Weine, zumindest im Land, sehr interessant. Vier Weingüter lagen auf unserem Weg durchs Land.

Das Chateau Kamnik. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Skopje/Nordmazedonien, 31.10.2022
Klassische Barrique-Fässer. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Skopje/Nordmazedonien, 31.10.2022
Der edle Verkostungsraum. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Skopje/Nordmazedonien, 31.10.2022
Hier bekommt man exzellente Weine. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Skopje/Nordmazedonien, 31.10.2022

Chateau Kamnik

Direkt oberhalb der Stadt liegt das Chateau Kamnik. Ein mazedonischer Unternehmer hat das Weingut gegründet. Hier ist alles picobello. Vom Parkplatz läuft man idyllisch durch Rebberge (die meisten Rebberge des_Weinguts stehen jedoch in den großen Weinregionen) und hat einen zauberhaften Blick auf die Stadt. Fachkundig und launig werden wir durch den Keller geführt und haben im Anschluss eine Weinprobe mit exzellenten Tropfen. 2004 wurde das Weingut gegründet, 2008 konnte die erste Ernte eingefahren werden und schon 2009 wurde unter anderem die erste Mundus Vini-Goldmedaille gewonnen. Auf 40 Hektar entstehen hier 250.000 Flaschen im Jahr. Zum Haus gehört auch ein Restaurant, die Hunter’s Lodge, in dem man sehr gut Traditionelles und Internationales essen kann.

Die Stobi Winery. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Gradsko/Nordmazedonien, 01.11.2022
Riesige Stahltanks für rund 4,5 Millionen Flaschen Wein im Jahr. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Gradsko/Nordmazedonien, 01.11.2022
Aber auch kleine Holzfässer für feine Tropfen. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Gradsko/Nordmazedonien, 01.11.2022

Stobi Winery

Die große Weinregion in Mazedonien ist Tikveš. Fast 25.000 Hektar stehen in Mazedonien unter Reben. Die bekannteste autochthone Rebsorte ist der Vranec – und mit 9.500 Hektar auch die meistangebaute. Das Wort Vranec bedeutet in der mazedonischen Sprache starker, schwarzer und mächtiger Hengst. Ebenso kraftvolle Weine gehen daraus hervor. Neben dieser Rebsorte werden aber auch zahlreiche weiter einheimische und internationale Rebsorten angebaut. Auf dem Weg ins Herz der Region, der Stadt Kavadarci, machen wir in Gradsko halt. Hier sitzt das Weingut Stobi. Mit einer Kapazität für 500 Hektar Reben und 4,5 Millionen Flaschen im Jahr ein recht großes Unternehmen. Gegründet wurde es 2009 und ist nach eigenen Angaben das modernste Weingut im Land. 17 Rebsorten werden hier angebaut. Die Führung durch die heiligen Hallen ist beeindruckend.

Im Restaurant geht es ans Verkosten. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Gradsko/Nordmazedonien, 01.11.2022
Der Pfau im Logo stammt von römischen Mosaiken in der Nachbarschaft. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Gradsko/Nordmazedonien, 01.11.2022
Gutes Essen zu gutem Wein. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Gradsko/Nordmazedonien, 01.11.2022

Im zugehörigen Restaurant gibt es Weinmenüs und wir verkosten dabei einige gute Tropfen. Der deutsche Weinhändler Jacques’ Wein-Depot hat einen Vranec der Stobi Winery im Sortiment. Das Logo der Firma Stobi, ein Pfau, entstammt einem römischen Mosaik unweit der Stadt.

Die alten Mosaike sind in Stobi gut geschützt. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Stobi/Nordmazedonien, 02.11.2022
Das alte Amphitheater. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Stobi/Nordmazedonien, 02.11.2022
Die ehemalige Therme. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Stobi/Nordmazedonien, 02.11.2022
In der Therme finden wir den Stobi-Pfau wieder. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Stobi/Nordmazedonien, 02.11.2022

Stobi und die Römer

Wer schon hier ist, sollte die Ausgrabungen nicht auslassen. Stobi war der Hauptort der antiken Landschaft Paionien, wurde später von den Makedonen erobert und kam zusammen mit Makedonien im 2. Jahrhundert vor Christus unter die Herrschaft der Römer. Stobi lag an der Mündung des Flusses Erigon in den Vardar, an der Hauptstraße, die die mittlere Donau mit der Küste der Ägäis verband. Die Ruinen von Stobi sind heute die bedeutendsten antiken Überreste auf dem Gebiet der Republik Nordmazedonien. Die Archäologen entdeckten Wohnhäuser, zwei Basiliken und das im 3. Jahrhundert erbaute Theater. Zwischen 1970 und 1980 hat ein jugoslawisch-amerikanisches Archäologenteam_größere Ausgrabungen vorgenommen. Zahlreiche weitere Gebäude, Wasserleitungen und Mosaike wurden entdeckt.

Ein monumentales Denkmal, die Kosturnica von 1976. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Kavadarci/Nordmazedonien, 01.11.2022

Kavadarci

Wir machen uns auf den Weg nach Kavadarci, der Stadt im Herzen der Weinregion Tikveš. Hier leben rund 30.000 Einwohner. Der Name der Stadt geht nach Ansicht heutiger Historiker auf das neugriechische „Kavadion“ zurück und bedeutet „edle Pelerine“. Die Stadt ist aus touristischer Sicht nicht so spektakulär. Ein kleiner, hübscher Park liegt an einem Berg, auf dem ein ziemlich großes, sozialistisch anmutendes Denkmal steht – die Kosturnica von 1976. Es stellt symbolisch ein altes mazedonisches Haus dar, das die ewige Heimat gefallener Kämpfer darstellt. Es enthält die Überreste der gefallenen Kämpfer aus Kavadarci, die Opfer des faschistischen Terrors in der Zeit von 1941 bis 1945 wurden. Die Anlage befindet sich auf einer Höhe von 305 Metern und von dort aus haben wir einen tollen Panoramablick auf Kavadarci und die Region.

Das Weingut Popovi samt Appartements. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Kavadarci/Nordmazedonien, 01.11.2022
Der Weinkeller versteckt sich im Keller, in den man vom Erdgeschoss aus hinunterblicken kann. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Kavadarci/Nordmazedonien, 01.11.2022
Spontane Weinverkostung im Weingut Popovi. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Kavadarci/Nordmazedonien, 01.11.2022
Ausgezeichnete Weine – unter anderem mit einer Goldmedaille von Mundus Vini. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Kavadarci/Nordmazedonien, 01.11.2022

Wine Cellar Popovi & Apartments

Ein Zufall hat uns in dieses Weingut geführt. Über booking.com hatte uns das Appartement angesprochen und wir haben uns hier zur Übernachtung einquartiert. Die Räume sind sehr modern und sauber, also uneingeschränkt empfehlenswert. Vor Ort dann die Erkenntnis, dass wir uns in einem Weingut befinden. Kurzerhand konnte am Abend eine Weinverkostung mit lokalen Snacks gebucht werden. Das Weingut ist sehr jung, erst 2017 haben Goce und Vesna entschieden, die Leidenschaft für Wein, in einen eigenen Weinkeller fließen zu lassen. Sie ist Zahnärztin und er Fotograf. Eigene Rebflächen haben sie nicht, kaufen aber ausgesuchte komplette Rebzeilen hinzu und ihr kleiner Weinkeller kann bis zu 10.000 Flaschen im Jahr produzieren. Acht verschiedene Weine entstehen so, wurden schon beeindruckend oft ausgezeichnet und auch der Dark Horse Vranec Barrique wurde mit einer Mundus Vini-Goldmedaille prämiert. Schön, dass die familiäre spontane Weinverkostung geklappt hat. Die Weine waren ausgezeichnet.

Die Tikveš Winery ist das größte Weingut Mazedoniens. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Stobi/Nordmazedonien, 02.11.2022
Auch hier reihen sich die Barrique-Fässer auf. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Stobi/Nordmazedonien, 02.11.2022
Große Fässer für weniger Holzgeschmack im Wein. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Stobi/Nordmazedonien, 02.11.2022
Stahltanks zur Gärung und Reifung. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Stobi/Nordmazedonien, 02.11.2022

Tikveš Winery

Am nächsten Morgen brechen wir Richtung Ohrid auf. Aber nicht ohne Besuch des größten Weinguts in Mazedonien: die Tikveš Winery. Die Zahlen dieses Giganten sprechen für sich: 1.000 Hektar eigene Reben, 5.000 weitere Hektar werden betreut, 670 französische Eichenfässer und insgesamt 15 Millionen Flaschen Wein im Jahr. Das macht Tikveš auch zu einem der größten Weingüter in Südeuropa. Das Weingut gibt es bereits seit 1885 und atmet handwerkliche Perfektion aus jeder Pore. Der Rundgang durch die Produktion ist ebenso beeindruckend wie die puren Zahlen.

Das Restaurant. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Stobi/Nordmazedonien, 02.11.2022
Als Vorspeise gab es einen perfekt gegarten Oktopus. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Stobi/Nordmazedonien, 02.11.2022
Zum Hauptgang Rinderfilet mit Trüffeln. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Stobi/Nordmazedonien, 02.11.2022
Zum Dessert Variationen der Quitte. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Stobi/Nordmazedonien, 02.11.2022

Zum Mittagessen kehren wir ins Restaurant im Weinkeller ein. In einem feudalen Raum unter der Erde nehmen wir zu einem Sechs-Gang-Menü Platz. Zu jedem Gang wird ein anderer Wein des Hauses gereicht. Die Küche ist exzellent und das Menü inkl. der Weine liegt bei rund 80 €. Das hat viel Freude bereitet.

Hilfreiche Links:

Chateau Kamnik: www.chateaukamnik.com

Stobi Winery: www.stobiwinery.mk

Ausgrabungen Stobi: www.stobi.mk

Tikveš Winery: www.tikves.com.mk

Anmerkungen:

Siehe auch die Beiträge

im MaDeRe.

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Daniel M. Grafberger
Daniel M. Grafberger ist zu Hause in Ulm, um Ulm und um Ulm herum. Er ist Redaktionsleiter eines Ulmer Verlags und freiberuflicher Fotograf. Zu seinen Leidenschaften gehören Reisen, Kochen, Gastronomie und Kultur. Zu seinen Lieblingsreisezielen gehören Skandinavien, Südtirol und alle Destinationen, die man auf Kreuzfahrtschiffen (vor allem auf dem Fluss) erreichen kann.