Stargard, pommersches Juwel lädt ein – Stralsunds Partnerstadt verdient es, stärker besucht zu werden

Das Mühlentor im Oste von Stargard. © 2020, Foto/BU: Dr. Peer Schmidt-Walther

Stargard, Pommern, Polen (MaDeRe). „Stargard zaprasza, willkommen in Stargard!“ wird man strahlend von Malgorzata Wojcik-Bak und Joanna Ruminska im Rathaus der pommerschen Stadt herzlich begrüßt – vor allem wenn man aus Stralsund herübergekommen ist. Die beiden Mitarbeiterinnen der Abteilung Kultur, Sport und Tourismus freuen sich ehrlich, dass man Stettin „mal links liegen gelassen und eine halbe Stunde oder 36 Kilometer weiter gefahren ist“. Nicht nur per Auto, sondern auch mit der Bahn eine problemlose Fahrt, die sich lohnt. Abgesehen von den günstigen Übernachtungs- und Gastronomie-Preisen. Die sind nämlich (noch) unschlagbar, solange Polen nicht zum Euro-Verbund gehört. Es wird auch wieder eine Nach-Corona-Zeit geben, so dass auch der Tourismus zwischen den beiden Nachbarländern wieder normal läuft und man sich Stargard als Besuchsziel durchaus notieren sollte.

Das frisch renovierte Rathaus von Stargard. © 2020, Foto/BU: Dr. Peer Schmidt-Walther

Größe und Reichtum

Die beiden Frauen, beide mit akademischen Studienabschlüssen, halten dem Gast vom Sund erst mal einen Kurzvortrag. Chefin Malgorzata beginnt: „Stargard an der Ihna in Pommern ist mit 68.000 Einwohnern die drittgrößte und eine der sich sehr stark entwickelnden Städte in der Woiwodschaft Westpommern, wodurch gute Kooperationsmöglichkeiten gegeben sind. Zum Beispiel mit dem Reifenhersteller Bridgestone, der 950 Mitarbeiter beschäftigt, und dem Kran- und Maschinenbauer Cargotec mit 800 Mitarbeiter. Über 50 weitere Unternehmen unterschiedlichster Branchen sorgen für eine gute Beschäftigungslage. Nachwuchs kommt aus Zweigstellen nicht-öffentlicher Hochschulen, zum Beispiel des Balticum Colleges und der Westpommerschen Wirtschaftsschule“. Und Joanna fährt fort: „Unsere 1000 Jahre alte Stadt liegt an der Grenze von zwei großen geografischen Regionen: der Stettiner Tiefebene und der Stettiner Seenplatte. Dadurch ist die Landschaft unserer Umgebung mit dem Madüsee, einem der größten Polens, und vielen kleineren Gewässern sehr abwechslungsreich und nicht überlaufen. Die 60 bis 70 Prozent aus Deutschland auf der Europäischen Route der Backsteingotik herüberkommenden Touristen mögen diese Mischung. Darüber hinaus hat Stargard, durch das übrigens der 15. Östliche Längengrad verläuft, eine jahrhundertelange Hafentradition mit Entwicklungshöhepunkt während der Hansezeit, die für Größe und Reichtum sorgte. Wir gehörten sogar mal zu einer der größten in damaliger Zeit“.

Das mächtige Pyritzer Tor in der Stadtmauer. © 2020, Foto/BU: Dr. Peer Schmidt-Walther

Stadt der Türme

Die Ähnlichkeiten zu Stralsund, auch die heutige Größe und der Restaurierungsgrad nach starken Kriegszerstörungen, sind verblüffend, zumindest rein äußerlich: Marienkirche, Stadtmauer, Johanniskirche, Altstadtmarkt, Heilgeistkirche, Bastionen, Stadttore, Speicher und barocke Bürgerhäuser und Hafen. Letzterer wird heute nur noch von kleinen Booten wie Kajaks genutzt, mit denen man auch Stadt und Umgebung erkunden kann. Früher verband die Ihna die Stadt mit dem Haupthafen an der unteren Oder, wo die Güter von den großen Frachtseglern auf flachgehende Schuten umgeladen werden mussten. Weizen war lange Zeit eines der Hauptausfuhrprodukte. Von Stralsund aus wird immer noch Getreide in die europäischen Nachbarländer verschifft.
Wer Stargard, die „Stadt der Türme“, näher kennenlernen möchte, sollte den Touristenpfad nutzen. Auf dem nur drei Kilometer langen Weg um die Planty-Grünanlagen, fast zur Hälfte an der idyllischen Ihna entlang, kann man in gut zwei Stunden 25 Denkmäler erschließen. Wer mehr sehen möchte, braucht natürlich mehr Zeit.

Die Marienkirche mit angebauten Häusern wie einst in Stralsund. © 2020, Foto/BU: Dr. Peer Schmidt-Walther

Blicke über den Zaun

Seit 1991 – wer weiß das schon? – gibt es offizielle und inoffizielle Kooperationen zwischen den beiden Hanse-Schwestern auf schulischem, touristischem und kulturellen Gebiet. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Mit dem EU-finanzierten Programm „INTERREG IV A“ zum Beispiel werden Reisen für junge Leute organisiert. „Mit guten Resultaten“, betont Joanna, „daraus haben sich Freundschaften und Workshops entwickelt“. Das Deutsch-Polnische Jugendwerk bietet darüber hinaus eine Auswahl von Begegnungsreisen für 14- bis 25-Jährige an.
Alle zwei Jahre findet außerdem ein Treffen der Oberbürgermeister statt. Zuletzt ging es dabei um die Renovierung der Musikschulen. „Zum Stadtfest“, so Malgorzata, „kamen hier alle unsere Partnerstädte zusammen, darunter auch Elmshorn in Schleswig-Holstein“.
„Wir würden uns freuen“, verabschieden sich beide Touristikerinnen, „wenn mehr Leute aus eurer Region zu uns kommen würden“. Ihre Werbung sollte nicht ungehört im Sundwind verwehen: Es lohnt sich, einen oder mehrere Blicke über Nachbars Zaun zu werfen.

Joanna-Ruminska (links) und Malgorzata Wojcik Bak vom Tourismus-Department der Stadt Stargard. © 2020, Foto/BU: Dr. Peer Schmidt-Walther

Infos:

Auf der Heimatseite www.stargard.pl im Weltnetzt. Kontakt per E-Mail: startur@wp.pl oder an Joanna Ruminska (sie spricht Deutsch, Malgorzata zieht Englisch vor): urzad@um.stargard.pl

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