Berlin, Deutschland (MaDeRe). Wer wie dieser Autor – der jahrelang als Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung für Großbritannien gewirkt hatte – nun erstmals die Gelegenheit erhält, im Rahmen eines privaten Besuchs die königlichen Residenzen Dumfries House unweit von Glasgow und Highgrove Gloucestershire, eine Bahnstunde nördlich von London, kennenzulernen ist überwältigt: Nicht nur von der Pracht der Gärten und des kostbaren Intèrieurs des schottischen Landhauses, sondern vor allem vom Engagement des englischen Monarchen Charles III. für soziale und didaktische Anliegen im Rahmen der „King’s Foundation“ und des Königs Enthusiamsus für sein hortikulturelle Projekt Highgrove.


Dudelsackbläser, Harfenistin und Butler
Es war in einem Film: In Dumfries House (nahe Cumnock in East Ayrshire) mit seinen Ländereien im Umfang von 810 Hektaren, das auf das 18. Jahrhundert zurückgeht, empfing uns ein Dudelsackbläser hoch oben auf den Zinnen; eine Harfenistin begleitete diskret in einem Nebenraum unser köstliches Diner, das jedem Michelin-Stern-Restaurant alle Ehre bereitet hätte und von drei jungen, stilvollen Butlern serviert wurde. Zuvor gab es eine fachkundige Hausführung durch den Kurator mit besonderer Berücksichtung der zahlreichen antiken Standuhren, der flämischen Wandteppiche und die überaus kostbaren Chippendale-Möbel. Diese waren wie auch das übrige Mobiliar und das Haus selbst bereits zu Verkauf und Versteigerung vorgesehen – die entsprechenden Etiketten des Auktionshauses Christie’s werden den Besuchern immer noch gezeigt – doch der damalig Prinz Charles erwarb 2007 das gesamte Anwesen mit allem Drum und Dran für beachtliche 45 Millionen Pfund Sterling und rettete damit historisches Erbe für die Nachwelt. Und die Öffentlichkeit: Denn in geführten Besichtigungen können Besucher Haus und Gärten besuchen; 22 00 jährlich benutzen diese Gelegen heit. In der Lodge nahe dem Herrenhaus, mitten in der Parklandschaft, wurden Gästezimmer eingerichtet – ebenso pracht- wie geschmackvoll – und zu einem sehr aktzeptablen Preis kann man hier auf Fünfsternniveau nächtigen, sich ein köstliches englisches Frühstück servieren lassen (all diese mit einem Hauch königlicher Atmosphäre). Das Personal lässt dem Besucher mit unvergleichlichem Stil und professioneller Perfektion eine Behandlung angedeihen, die eines Königs würdig ist…




Segensreiche „King’s Foundation“
In mehreren Gebäuden auf dem Landgut ist die „King’s Foundation“ aktiv, die ein ganz besonderes Anliegen des regierenden Monarchen verkörpert: Diese, 1990 gegründet, will auf Nachhaltigkeit basierende Gemeinschaften begründen und das Leben vieler Menschen durch praktische Programme verbessern. So konnten wir auf dem Terrain Dumfries House in Farmen beeindruckende Projekte zur Vermittlung landwirtschaftlicher Techniken (Schaf- und Rinderzucht, Gemüseanbau) kennenlernen. Aber auch junge Steinmetze und, wie wir dann in Highgrove mitverfolgen konnten, Kunstschreiner werden hier sorgfältig ausgebildet. Harmonie mit der Natur und Verbesserung der Lebensstandards sind die Leitziele. 15 000 Studenten haben jährlich die Chance, praktische Ausbildung zu erhalten – basierend auf natürlichen Prinzipien und englischen Traditionen. Ausgebildet wird auf Sekundarschul-Niveau bis hin zum Postdoctoral-Standards. Ein leuchtendes Beispiel und eine überragende persönliche Pionierleistung des Monarchen, vor allem wenn man sich die Schwächen des öffentlichen englischen Erziehungs- und Schulsystems vor Augen hält.
Highgrove
Highgrove House ist der private Landsitz von König Charles III. und Königin Camilla – gelegen nahe Tetbury in Gloucestershire. Der damalige Thronfolger, Prinz Charles, Duke of Cornwall liess das Anwesen. Das georgianische Herrenhaus wurde ebenfalls Ende des 18. Jahrhunderts erbaut. Charles liess es 1981 durch die Grafschaft Cornwall erwerben. Er zog mit seiner damaligen Gemahlin, Prinzessin Diana, ein. Das Haus wurde zum Rückzugsort für den König – zumal vor dem Hintergrund seiner aktuellen gesundheitlichen Herausforderungen.
Der Thronfolger machte den Besitz zu einem Symbol für ökologischen, nachhaltigen Gartenbau und traditionelle Handwerkskunst, die wir auf unserem Besuch aus nächster Nähe bewundern konnten, fachkundig präsentiert. Biodiversität und traditionelle englische Gartenkunst sind die Leitlinien für die verschiedenen, herrlichen Gärten, die das Landhaus umgeben – vom „wilden“ Blumengarten mit heimischen Pflanzen über den orientalischen, den Küchengarten bis zur skurrilen Sammlung kunstvoll arrangierter, alter Baumstümpfe (genannt „The Stumpery“) sowie ein entzückendes Baumhaus, das für Charles‘ Söhne Prinz William und Prinz Harry gebaut wurde.
Die Gärten (nicht aber das Haus selbst) sind alljährlich zwischen April und Oktober für die Öffentlichkeit zugänglich; zur Visite gehört ein ausgezeichneter Lunch im stilvollen Restaurant – der Tee wird auf Geschirr serviert, das einst von der Königinmutter Elisabeth entworfen wurde. Die Einnahmen aus dem öffentlichen Führungen kommen der „King’s Foundation“ zugute.
Die Gärten von Highrove inspirieren nicht nur Gartenliebhaber (die ja in England bekanntlich zahlreich sind), sondern auch Künstler und Designer. Kollektionen von Stoffen und Tapeten sind von Highgrove inspiriert. So hat die britische Luxusmarke Burberry min Zusammenarbeit mit Highgrofe ein Kollektion von Trenchcoats und Seidenschals herausgebracht. In Zusammenarbeit mit der King’s Foundation hat das weltberühmte Haus Chanel ein Ausbildungsprogramm lanciert – das achtmonatige Programm bietet Modistinnen und Schneiderinnen für feinste Details von Kleidern und Accesoires praktische Erfahrungen. Highgrove mit seinen prachtvollen Gärten dient nicht nur Gartenliebhabern sondern auch der Modewelt als Quelle der Inspiratin und aktives Zentrum für Bildung und Handwerk.
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