Peitz, Peitzer Land, Brandenburg, Deutschland (MaDeRe). Silbern schimmern die Fischleiber in der Sonne. Kräftige Kerle halten das ausgespannte Geflecht im Wasser fest. Gemächlich ziehen sie das umfänglich verlegte Netz vereint zur ausgewählten Stelle. Mit Gummistiefeln und Overalls in Grün, Blau, Rot stehen die Fischer am und im Teich und holen ihren Fang ein. Obwohl hier niemand in Tracht zu Werke ist, gewinnt man den Eindruck dass ein uraltes Schauspiel aufgeführt wird. Eine ursprüngliche, archaische Handlung in modernem Gewand mit traditionellem Gerät. Ein seltenes Schauspiel.
Im Herbst herrscht Hochsaison im Revier von Hecht und Zander und anderen Fischen – besonders beim Karpfen. Mehr als 500 Tonnen Karpfen werden in den Peitzer Teichen im Jahr gezüchtet und abgefischt. Wobei die ein- und zweijährige Satzfische danach ein neues Quartier beziehen. Beim Umzug in tiefere Winterteiche wird geprüft wie gut sie gediehen sind. Die Speisekarpfen sollten in den drei „Abwachsteichen“ in fast drei Jahren zu Dreipfündern herangewachsen sein, zum Augenschmaus für die Festtagstafel an den Weihnachtsfeiertagen.
In der Zeit ab Anfang September und noch im November werden die Teiche zum Abfischen bis auf die Teichgrube abgelassen. Das kann dauern, und damit alle Fische immer in ihrem Element sind steht genügend Wasser bereit. Und der Teich wird gut belüftet – falls das Nass zu knapp wird. Kein Karpfen muss also lange nach Luft schnappen, wenn der Karpfenzug einsetzt.
Mit der Teichwade, einem Zugnetz, geht es auf reichen Fang. Mit Keschern werden die Karpfen in Transportbehälter geleitet. Dort wo man am Abfischen – wenn nicht wie jetzt Panikmanie herrscht – als Zuschauer teilnehmen kann bleibt’s spannend was zu sehen und zu raten ist. Welches könnte denn der größte Karpfen sein? Ein Fischer hält stolz ein kapitales Exemplar in seinen Armen. Wie viele Fische sind noch im Teich und wie viele schon in Behältern? Da zappelt und flutscht es nur so im Netz.
Großartig ist das Ganze generell zu erleben beim Schaufischen am „Hälterteich“ oft zur Halbzeit der Fangsaison. Der „Hälterteich“ als einer der „Abwachsteiche“ ist ein großer Behälter für die Karpfen, aber seinen Namen hat er nicht deshalb erhalten. 2020 sollte der „Peitzer Fischzug“ am ersten Novemberwochenende stattfinden – zum Ende der gastronomischen „Peitzer Karpfenwochen“. Fisch satt, lebend frisch zu kaufen am Peitzer Fischmarkt und bestens vielseitig zubereitet in sechs Restaurants. Darauf freut sich dies Jahr nicht nur Jenny, die nette Peitzer Teichnixe, ganz besonders sondern natürlich auch wieder viele Gäste.
Mitte des 16 Jahrhunderts entstand am Rande der Peitzer Festung südöstlich der Stadt auf Befehl von Markgraf Johann von Küstrin, das „größte zusammenhängende Teichgebiet in Deutschland“ mit mehr als 1000 ha Fläche. Die Peitzer Teichwirtschaft, königlich-preußischer Hoflieferant, entwickelte sich vom Beginn in 1578 zu einem der bedeutendsten Karpfenzuchtbetriebe. Auch der DDR, als man bis zu 3500 t/a auf 4000 ha Fläche produzierte. Heute betreibt die Teichgut Peitz auf erneut 1000 ha die Aufzucht der Peitzer Karpfen, aber auch von Nebenfischen wie Hecht, Wels, Zander und Barsch. Der „Peitzer Karpfen“ kommt nur von hier. Die rund 30 Peitzer Teiche haben einen festen Untergrund, sind nicht schlammig und werden mit frischem, nährstoffreichem Spreewasser bespannt. Die größeren Teiche sind sehr flach, 80 bis 100 cm tief, wodurch sich im Frühjahr das Wasser recht schnell erwärmt, was den Appetit der Tiere anregt. Festes, schmackhaftes Fleisch das kein bisschen modrig schmeckt zeichnet den Fisch aus. Vor dem probieren lohnt das neue Fischereimuseum den Besuch. Zuerst waren Exponate in der denkmalgeschützten Hochofenhalle vom – frühindustriellen Eisenhüttenwerk untergebracht, welches um 1550 wie die Teichwirtschaft begründet wurde. Die Festung hatte 1767 ausgedient, bis auf den Turm der, einbezogen in den historischen Stadtkern, beim Spaziergang gern angelaufen wird. Vom 35 Meter hohen Dachreiter reicht der Blick weit über Peitz und seine Teichlandschaft hinaus.