Ayurveda im Kokusnussland – Entdeckungsreise durch Kerala

Ein Fischerboot. © Foto: Peter Herrmann

Cochin, Kerala, Indien (Weltexpress). Ich liege auf dem Rücken, ein Tuch auf meinen Augenbrauen teilt die obere von der unteren Gesichtshälfte. Von fern höre ich das Rauschen des Meeres. Ein mit Kräutern und Essenzen gemischtes Kokosnussöl breitet sich auf meiner Stirn aus. 30 Minuten wohltuende Entspannung! Shiro Dhara, so der Name der Behandlung, ist eine von vielen Anwendungsformen der Ayurveda. Dampfbäder, unterschiedliche Massagen gehören eben so dazu wie Behandlungen mit Kräuteressenzen und Öleinreibungen sowie eine entsprechende vegetarische Ernährung. Ayurveda ist eine ganzheitliche Medizin, die überall in Indien angewendet wird.

Heimat vieler Religionen und Kulturen

Der indische Subkontinent mit seiner Jahrtausende alten Kultur und Geschichte bietet dem Reisenden nicht nur die Begegnung mit unterschiedlichsten Völkerschaften, Religionen und Sprachen und beeindruckenden Landschaften. Zum heutigen Indien gehören auch Weltraumraketen, Silicon Valley und Bollywood, wie die um Mumbai (Bombay) angesiedelte Filmindustrie bezeichnet wird. Anderseits aber begegnet man auf Schritt und Tritt althergebrachten Lebens- und Verhaltensweisen, die ihre Wurzeln in einer lang gepflegten Tradition haben.

Gerade diese Extreme zwischen Vorgestern und Übermorgen macht Indien als Reiseland zu einem reizvollen Ziel. Kombination einer siebentägigen Rundreise durch den südlichsten Unionsstaat Kerala und einer anschließenden ein- bis zweiwöchigen Ayurvedakur in einem Hotel an der Küste des Arabischen Meeres ist ein besonderes Erlebnis. Die Bezeichnung »Gottes eigenes Land«, mit der Kerala (übersetzt Kokosnussland) für sich wirbt, ist gar nicht schlecht gewählt. Kerala – das sind eine überschwängliche tropische Natur, grün-blaue Berge des Nil-Gebirges, Gewürz- und Teeplantagen der Kardamom Hills oder die traumhaften Strände am Indischen Ozean. Kerala ist aber auch politisch etwas Einmaliges. 1957 kam hier die erste frei gewählte kommunistische Landesregierung an die Macht. Lange Zeit stellten die linken Parteien etwa die Hälfte der Abgeordneten.

Plückerinnen in einer Teeplantage. © Foto: Peter Herrmann

Kaffee, Tee und Gewürze

Die Rundreise führte von der Hauptstadt Thiruvananthapuram (früher Trivandrum) hoch in die Berge des Nilgiri. Zuerst nach Periyar. einem Zentrum des Kaffee- und Gewürzanbaus, trifft man auf alle nur denkbaren Gewürze und Früchte der Tropen. Die Palette reicht von Bananen über Grapefruit, Ananas zu Papaya und Mango, von Kakao über Kaffee bis Zimt, Kardamom, Ingwer, Nelken und Pfeffer. Unweit davon in Munnar liegt auf 1.600 m.ü.M. das Zentrum des südindischen Teeanbaus. Vor den Unterkünften der Teepflücker wehen die Fahnen verschiedener Gewerkschaftsverbände und linker Parteien. Kampfmaßnahmen für eine bessere Bezahlung stehen auf der Tagesordnung.

Typisch Kerala. © Foto: Peter Herrmann

Religiöse Toleranz in Cochin

In der Hafenstadt Cochin, in deren Nähe 1502 der Portugiese Vasco da Gama erstmals indischen Boden betrat, ist noch heute manches historische Zeugnis zu besichtigen. Die St. Francis Church, die erste Kirche, die Europäer in Indien errichteten, nutzen bis heute Katholiken, Protestanten und Anglikaner gemeinsam. Die 1568 erbaute jüdische Synagoge ist ein Zeugnis für die kulturelle Toleranz, die in der Stadt zwischen Hindus, Moslems, Christen und Juden Jahrhunderte immer vorhanden war.

Angefüllt mit den vielfältigen Eindrücken der Rundreise freuten wir uns auf die bevorstehende Ayurveda-Behandlung. Die Bungalows des Hotels Coconut Bay Beach Resort liegen direkt an einer schönen kleinen Sandbucht abseits von Touristentrubel und Verkehrslärm. Dem Hotel angegliedert ist ein anerkanntes Ayurveda Zentrum.

Eine Kakaopflanze. © Foto: Peter Herrmann

Im Mittelpunkt: Das innere Gleichgewicht

Da Ayurveda weder Herz, Kreislauf, Gelenke oder Organe belasten, kann jeder die Behandlungen nutzen. Mittelpunkt von Ayurveda ist das Konzept der drei Doshas, die Vata, Pitta und Kapha genannt werden. Die Lehre besagt: Vata regiert alles was mit Bewegung zu tun hat, Pitta kontrolliert den Transformationsprozess, und Kapha ist zuständig für das Wachstum und die Flüssigkeiten. Wenn eines dieser drei Prinzipien zu stark oder zu schwach wird, so die Logik der Ayurveda, entsteht eine Tendenz zu Krankheit. Deshalb bestimmt der Arzt zunächst die Konstitution des Patienten, also das Verhältnis von Vata, Pitta und Kapha, bevor die Behandlungen festgelegt werden.

Im Grunde genommen geht es bei Ayurveda also nicht um die Behandlung eines bestimmten Leidens, sondern um das Finden des inneren Gleichgewichts, das dann auf natürliche Art zu Gesundheit führt. Vierzehn Tage Ayurvedakur mit 28 bis 32 Anwendungen (mit vegetarischer oder nichtvegetarischer Vollpension), sieben Tag Rundreise (Frühstück) im PKW mit Klimaanlage und eigenem Fahrer sowie Flug kosten in der Nebensaison rund 2.500 Euro, in der Hauptsaison rund 3.000 Euro.

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