Astypalea – wiederentdeckte Inselwelt in der Süd-Ägäis

Astypalea, Griechenland.
Fischerboot in der Vathi-Bucht. © 2018, Foto: Christoph Merten

Astypalea, Griechenland (MaDeRe). Es ist diese Ansicht die jeden, welcher Griechenland im Herzen trägt sogleich in Begeisterung versetzt. Ein Suchbild. Vom Hafen hoch staffeln sich die weißen Kuben der Häuser den Bergkegel hinauf im sanften Schwung bis zur Burganlage. Eine Flanke der Gesteinsmasse bleibt kahl. Langsam gleitet der Blick empor, den Treppenweg entlang als würde man schon das wieder Gefundene erklimmen. Oben grüßt die Reihe der Windmühlen. Beflügelt kehrt man ein ins Kafenion. Nur dieses darf es sein, denn es blieb wie man es in Erinnerung aufbewahrte all die Jahre.

Astypalea, Griechenland.
Das Kafenion. © 2018, Foto: Christoph Merten

Ja fast – bis auf einen Wandschmuck der den Dienst nicht mehr anschaulich verrichten konnte. Aber die neue Weltkarte setzte schon Patina an, und sonst hing alles weiterhin am angestammten Platz. Eine Bildergalerie nationaler und lokaler Geschichte ohne Pathos, ein Ort voller Leben fern von verklärter Nostalgie oder romantischer Schwärmerei im Kitsch. Möge er erhalten bleiben! Denn die folgende Platia ist Promenade, hier geht wer gesehen werden will. Zu Füßen der Burg in der Chora ist es eher stiller, wer dort wohnt ist dem saisonalen Trubel oft entrückt.

Astypalea, Griechenland.
Strand von Kounoupa. © 2018, Foto: Christoph Merten

Die meisten Touristen logieren unterhalb am Meer und Strand im Hafenort Pera Gialos. Früh morgens lichtet die eine oder andere Jacht ihren Anker, und später am Vormittag laufen dann ein paar Vergnügungsboote aus zur vermeintlich abgelegenen Bucht. Einst kamen hier auch die Fähren an, nun liegt deren Areal ein ganzes Stück Straße entfernt, womit die Ankunft zum banalen Akt wird aber wohl die Taxifahrer erfreut. Jedoch, unsere Erwartung ist nur kurz getrübt, bis zur x-ten Straßenbiegung. Plötzlich steht das Suchbild im letzten Licht vor uns und alles ist in Lot.

Astypalea, Griechenland.
Blick zur Chora von Pera Gialos. © 2018, Foto: Christoph Merten

„Schmetterlingsinsel“ wird Astypalea von denen benannt welche sie bewerben. Nicht wegen dem Vorkommen, sondern der Form. Exo Nisi, der westliche Flügel, beherbergt die Chora, den alten und neuen Fährhafen sowie den beliebten Strandbadeort Livadi, am Ausgang von einem fruchtbaren Tal als Lieferant von Gemüse und Zitrusfrüchten und Wein. Hier wächst heran was im besten Bistro der Insel dem „Safran“ in Pera Gialos auf den Tisch kommt. Bettina ist eine sehr herzliche Gastgeberin, eine großartige Köchin bei der die Produkte mit Vorliebe im eigenem Garten gedeihen – falls sie nicht von ihr auf Exkursionen gesammelt wurden wie Meersalz. Natürlich spielt ihr Safran ganz vorne mit bei den Gewürzen. Nach Sepia-Risotto und Wolfsbarsch und Kirschtorte geraten alle Gäste gerne ins Schwärmen. Ganz besonders bei Vollmond.

Im Safran gut speisen und einkaufen. © 2018, Foto: Christoph Merten

Bis Agios Konstantinos führt die Straße von Chora über Livadi, ein Strand mit Schirmen und Baumschatten, Taverne und Bar. Scooter sind weiter westlich nebst Esel die geeignetsten Transportmittel, um das Gelände zu erkunden rauf nach Panormos im Norden. Eine weiße Kapelle, blaue Bucht, ein paar Bäume, mehr Kiesel als Sand. Solche Anlaufstellen für geübte Strandentdecker weist auch Mesa Nixi auf, der östliche Flügel. In der Mitte des flatterhaften Gebildes erstreckt sich Schinontas – der andere Strandbadeort der Insel ist wie Livadi mit Tavernen gut bestückt. Aber dies ist auch ein Ziel für Kulturreisende. Von der Säule am östlichen Ende der Siedlung in Erinnerung an eine erstaunliche Episode der Befreiungskriege 1827 führt ein Küstenpfad zu einem einsamen Strand – und zum ungeschützt der Witterung preis gegebenen Mosaik.

Astypalea, Griechenland.
Mosaik östlich von Schinontas. © 2018, Foto: Christoph Merten

Derartige, dennoch verborgene Schätze findet der Wanderer oft auf Astypalea und gerade in dieser Gegend. Jenes frühchristliche Mosaik mit Sonnengott Helios, den Sternzeichen im Erdenrund und den ihn umkreisenden Oceanus bildete in gefühlt Urzeiten unser Kraftfeld für den Morgengruß beim Yoga. Zu verordnen ist es an einer Stelle namens Tallaras, ein paar Meter vom Hafen von Analipsi entfernt. Jetzt gesichert, wird es bestimmt schon bald als sehenswert klassifiziert. Es bleibt der Nachwelt erhalten, wie der Mosaikboden unterhalb der Kapelle von Agia Varvara ein paar hundert Meter oberhalb der Maltezana-Bucht. Aber im Gedächtnis behalten werden wir nun das den Elementen ausgesetzte zuletzt Gefundene. Wer seines sucht: Es hilft, kundige Einheimische vor Ort nach einem bunten Steinteppich zu fragen.

Wie jede griechische Insel von Format kann auch Astypalea ein Archäologisches Museum vorweisen. Es lohnt den Besuch, obwohl die sensationellen Funde in London lagern. Bei den Ausgrabungen unweit der Chora kamen tausende von Kleinkindern, in Gefäßen begraben von geometrischer bis zur hellenistischen Zeit ans Licht – makabre Ausstellungstücke, die wohl nie ganz gezeigt werden. Ungern gezeigt werden auch die erotischen Zeichnungen in den Meereshöhlen gegenüber von Exo Vathi im Norden von Mesa Nixi. Im Gespräch mit Insulanern verliert der Gast seine Fremdheit und wird nach und nach eingeweiht in die Geheimnisse derer Welt. Im Winter wohl eher als im Sommer. Aber da wissen wir: die besten Strände liegen nicht auf Astypalea, sondern davor, auf Kounoupa und Koutsomitis – findet der Kapitän vom Ausflugsboot.

Reisehinweise:

Info-Adresse: Griechische Zentrale für Fremdenverkehr, Holzgraben 31, 60313 Frankfurt am Main, Telefon 069-257827-0, E-Mail: info@visitgreece.com.de, Web: www.visitgreece.gr

Anmerkungen:

Vorstehender Beitrag von Christoph Merten ist eine Erstveröffentlichung im MaDeRe. Die Reise wurde unterstützt von der Griechischen Zentrale für Fremdenverkehr in Verbindung mit der Region Süd-Ägäis.

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