Berlin, Deutschland (MaDeRe). Schnee, so viel Schnee, und ein dunkelblauer Winterhimmel. Es ist eine Alpen-Winterlandschaft wie aus dem Bilderbuch. Nur das Plätschern des Fleißtaler Baches ist zu hören. Mit Schneeschuhen unter den Füßen geht es hinein in die unberührte Natur der Hohen Tauern. Einer der schönsten Orte für Entdeckungen abseits ausgetretener Pfade ist das Fleißtal, hoch gelegen über dem Bergsteigerdorf Heiligenblut und bewacht vom mächtigen Gipfel des Großglockners. Der Ranger blickt durch seinen Feldstecher. An der Felswand sind sie zu sehen: Die Steinböcke in freier Wildbahn.
Wo kann man Wildtiere schöner beobachten, als im Nationalpark Hohe Tauern inmitten mächtiger Dreitausender und tief verschneiten Landschaften? An der Mittelstation der Grossglockner Bergbahnen gibt es Schneeschuhe, denn wer keine hat, bekommt eine Leihausrüstung. Nationalpark Ranger Georg Granig zeigt wie man die ovalen Bretter mit Riemen, Schnallen und Stahlzacken an der Unterseite anheftet, und erklärt den richtigen Bewegungsablauf: „Schuh immer nach oben anheben und nicht abrollen.“
Aber erst einmal geht es zur Tunnelbahn, von dort ins Fleißtal, wo die Wanderung zu den Bergen des Gebirgsmassivs Goldberggruppe startet. Die Bretter unter den Sohlen sind anfangs gewöhnungsbedürftig. Doch bald stapft die Gruppe im Gänsemarsch durch den Schnee, dorthin, wo Langläufer oder Tourenskigeher längst umkehren müssen.
Nur das leise Knirschen ist zu hören, wenn der Schnee unter den Tritten nachgibt. „Jeder kann Schneeschuhwandern“, ist der Ranger überzeugt. Er führt seit 1993 Urlauber auf leichten, aber auch auf anspruchsvollen Touren abseits von Pisten und gespurten Loipen durch die Landschaft. „Mit etwas Glück werden wir das scheue Steinwild, aber vielleicht auch Bartgeier oder Steinadler sehen“, verspricht Georg. Allerdings ist ungewiss, wie viele Tiere man bei dieser Schneeschuhtour zu Gesicht bekommt. Der Nationalpark Hohe Tauern verteilt sich mit seiner 185.000 Hektar großen Fläche auf die Bundesländer Kärnten, Tirol und Salzburg. Zwar bietet das größte Schutzgebiet der Alpen eine riesige Artenvielfalt, aber das Gebirge ist in den Wintermonaten zu unwegsam für die Tiere.
Der Ranger lädt zum ersten Stopp in den Lärchenwald. Gekrümmt ragen die Bäume in die Höhe. Es sind die einzigen Nadelbäume, die über den Winter die Nadeln abwerfen. Dafür reichen ihre Wurzeln tief in die Erde. Das macht sie gegen Wind und Schnee resistenter als Fichten, die typische Flachwurzler sind. Die Bartgeier lieben diese offene Landschaft mit einzeln stehenden Bäumen. Mit viel Glück kann man frühmorgens oder abends in der Dämmerung einen dieser seltenen Vögel fliegen sehen.
Weiter geht es in den Kiefernwald. Es scheint auf den ersten Blick, dass die Wege noch niemand betreten hat. Doch der Schein trügt. Winzige Spuren verraten es. Doch wer war es, Reh oder Hase? Für den Ranger ist sofort klar, es sind die Pfoten eines Hasen. „Dieser stapft zuerst mit den dünnen Vorderpfoten auf und überholt sie mit seinen dicken Hinterpfoten.“ Ein weiteres Merkmal zeigt Georg. Den Zweig hat der Hase glatt abgebissen, also kein Reh war hier, denn Rehe reißen die Zweige ab. Wieder eine Spur im Schnee. „Zu klein für einen Fuchs“, überlegen wir, „aber irgendwie auch anders als die Spur eines Hasen“. Die Schneeschuhtour macht keine Fährtenleser aus uns. Für den Ranger ist die Antwort einfach: Ein Eichhörnchen. Der kundige Spurenleser erklärt genau, welches Tier welchen Abdruck hinterlässt. Und da er schon mal dabei ist, zieht er aus seinem Rucksack das Fellbüschel eines Rehs heraus. „Das sind Winterhaare. Also mehr gewellt, länger und dichter, innen hohl und mit Luft gefüllt. Das hilft Körperwärme zu speichern.“
Oberhalb des Bachbettes in den Hängen müssten Gämsen zu sehen sein. Denn die weite Bergwelt ist ihr Zuhause. Und da ist sie: Eine frische Gamsspur. „Hier hat sich eine auf der Suche nach Nahrung durch den Schnee gearbeitet“, erklärt Georg und führt die Gruppe näher an die Felswände heran. Eine Geiß steht auf einem Felsvorsprung und schaut skeptisch und unsicher die steile Felswand hinab. Schließlich will sie nicht den Anschluss an die Herde verpassen.
Seit einer Stunde stapfen wir durch den Schnee, haben schon viel über Tierspuren und das Leben der Alpenbewohner gehört, aber noch keinen Steinbock gesehen. Georg sucht mit dem Fernglas die felsige Region ab. „Da hinten, da könnten welche sein“, zeigt er auf die Felswand. Mit bloßem Auge sieht man nur dunkle Punkte. Georg stellt sein Spektiv auf, blickt Sekunden durch den Sucher, und ruft: „Da sind sie.“ An einem Felsvorsprung hat der Ranger die Wildtiere entdeckt. Doch wieder sind es keine Steinböcke, sondern Gämsen. In ihrem schwarzen Winterfell klettern sie die steile Felswand empor, springen über dicke Gesteinsbrocken, die kreuz und quer durcheinander liegen.
Im Gänsemarsch überschreiten wir die Baumgrenze. Auf einer kleinen Anhöhe baut Georg erneut sein Spektiv auf. Er hat einen kleinen Steinwildtrupp im Visier. „Die Geiß und ihre Kitze haben es sich auf einem Grat gemütlich gemacht und scheinen unsere Aufmerksamkeit nicht zu spüren.“ Es geht jetzt noch höher, so das wir noch dichter dran sind, fordert der Ranger die Truppe auf. Ohne Spektiv weiß er bereits, dass er die richtige Stelle gefunden hat. „Denn der prächtige Steinbock ist auf dem Weg zur Geiß und den Kleinen. Der Bock wiegt über 90 kg und hat mächtige, nach hinten gebogene Hörner, fast einen Meter lang. Die Geißen sind kleiner und deren Hörner sind kurz und kaum gebogen“, erklärt Georg. Endlich sehen auch wir die wilden Tiere. Doch nur durch das Fernglas.
Wie die sich an der Felswand festhalten? Steinböcke finden in steilsten Felswänden noch Halt. Sie haben Hufe mit gummiartigen weichen Ballen und harten Rändern. Georg nennt sie Kletterschuhe. Außerdem kann der Steinbock seine beiden Zehen unabhängig voneinander bewegen und sich so jeder kleinsten Unebenheit perfekt anpassen. Einer nach dem anderen schauen wir durch das Spektiv. So friedlich wie sie da als Familie leben, das war nicht immer so. Einst waren die Steinböcke in den Hohen Tauern ausgerottet. Im 17. Jahrhundert jagten Wilderer diese Tiere, wegen der Organe, die einst als Wundermedizin galten. Erst in den sechziger Jahren siedelte man wieder erste Exemplare in der Region an. Jetzt leben Im Nationalpark Hohe Tauern rund 1.100 Steinböcke in stark zusammenhängenden Kolonien.
In den nächsten Stunden bleibt der blaue Himmel über uns zwar wolkenfrei, aber leider ist kein Vogel zu sehen. Es ist eben mitten in der Natur. Dafür erfährt der Besucher im „Haus der Steinböcke“, im Bergdorf Heiligenblut während einer interaktiven Ausstellung viel über den Lebensraum des Königs der Alpen und der anderen Bewohner. So weiß man von einem Bock, der im Nationalpark Hohe Tauern mit einem Sender ausgestattet wurde, dass sein „Aktionsradius“ 140 Quadratkilometer groß ist.
Reisehinweise:
Diese Schneeschuhwanderung zu den Steinböcken findet jeden Dienstag, von Mitte Dezember bis Anfang April statt. Die mittelschwere Schneeschuhwanderung dauert ca. 4 Stunden und ist auch für Kinder ab 10 Jahren geeignet. Mitbringen sollte man festes Schuhwerk und warme, wetterfeste Kleidung. Außerdem wird ein Rucksack mit warmen Getränken und einer Jause empfohlen. Hunde sind an der Leine erlaubt.
Auskunft: Tourismusverband Heiligenblut am Großglockner, Hof 38, 9844 Heiligenblut am Großglockner, Heimatseite: www.heiligenblut.at
Das größte Schutzgebiet der Alpen: www.nationalpark-hohetauern.at
Wandern und Naturerlebnisse rund um den Großglockner: www.grossglockner.at
Wissenswertes im Haus der Steinböcke in Heiligenblut: Täglich von 9 Uhr bis 18 Uhr geöffnet
Mit den Bergbahnen unterwegs: www.heiligenblut.at/de/sehen/bergbahnen
Anreise: Im Ortszentrum von Heiligenblut mit der Schareckbahn bis zur Mittelstation oder mit dem Auto auf der Glocknerstraße bis zur Mittelstation. Zur Schneeschuhwanderung ist der Treffpunkt Einstiegstelle Tunnelbahn.
Anreise mit öffentlichem Verkehrsmittel (Bus) bis Ortszentrum Heiligenblut möglich.
Kleidung und Vorbereitung: Beim Schneeschuhwanderungen sind keinerlei Vorkenntnisse nötig, es ist sogar kindertauglich (ab 10 Jahren). Die Schneeschuhe bekommt man geliehen. Mitzubringen sind nur festes Schuhwerk.
Kleidung: Funktionsshirt für den Winter, eine Daunenjacke und eine Skitourenhose. Dazu Mütze, Handschuhe, Halstuch, bei Bedarf eine Sonnenbrille und Sonnencreme.
Montags kann man sich bei einem Multimediavortrag auf die kommenden Erlebnistage im Nationalpark Hohe Tauern einstimmen (20.00 Uhr im Dorfsaal Heiligenblut)
Schuhwerk: Man nutzt die eigenen Schuhe, um in die Schneeschuhe reinzuschlüpfen, aber beide Modelle sollten gewisse Anforderungen erfüllen.
Die Guides empfehlen knöchelhohe, gut eingelaufene, möglichst wasserabweisende Wanderschuhe. Keine niedrigen Schuhe, also Laufschuhe. Da fällt der Schnee herein und man bekommt kalte Füße.
Mit Bergführer: Wer abseits der Pisten unterwegs ist, sollte das Gelände einschätzen. Unerfahrene schließen sich am besten einem Bergführer an.
Anmerkung:
Diese Reise wurde von der Österreich Werbung unterstützt.
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