Stockholm, Schweden (MaDeRe). Der Autor dieser Zeilen liebt Skandinavien und fährt seit vielen Jahren immer im Dezember, um die Weihnachtsmärkte in Stockholm und Helsinki zu besuchen. Auch wenn es viele aufgrund der Kälte und der Dunkelheit abhält, im Winter nach Skandinavien zu fahren, soll dieser Bericht Anregung sein, diese Vorurteile zu überwinden, den Zauber und das Leuchten im Norden samt der liebenswürdigen Menschen vor Ort, zu entdecken. Für Teil 3 haben wir einige Weihnachtsmärkte im Stadtgebiet besucht.
Was wäre der Besuch einer Großstadt im Dezember ohne den Besuch von Weihnachtsmärkten? Das ist in Stockholm nicht anderes und zentrales Element unserer jährlichen Reise in den Norden. In Stockholm sind die Weihnachtsmärkte nicht so riesig wie man es beispielsweise aus Nürnberg oder anderen deutschen Städten kennt. Sie sind ein wenig kuscheliger und muten weniger kommerziell an. Auf www.visitstockholm.com findet man jedes Jahr einen guten Überblick über die unterschiedlichen Weihnachtsmärkte in und um die Stadt. Im Folgenden sind unsere diesjährigen Lieblinge.
Stortorgets Julmarknad i Gamla Stan
Das ist wohl der erste Weihnachtsmarkt, an den man denkt, zu dem man strebt. Mitten in der Altstadt, also in Gamla Stan, steht er auf dem großen Markt (schwedisch Stortorget). Umringt von wunderschönen alten Häusern und an einer Seite der Svenska Akademien, die den Literatur-Nobelpreis vergibt und das Nobel-Museum beherbergt.
Dieser Weihnachtsmarkt ist Schwedens ältester Weihnachtsmarkt – mit Wurzeln bis ins Mittelalter. Er wird seit 1915 von „Stockholms-Gillet“ organisiert, einem gemeinnützigen Verein, zu dessen Aufgabe es gehört, die Traditionen der Stadt am Leben zu erhalten. An 32 Ständen bieten 41 Verkäufer schwedische Produkte aus allen Bereichen: Kunstschmiede, Holz, Keramik und anderes Handwerk, aber natürlich auch Süßigkeiten, Glögg (schwedischer Glühwein ohne Alkohol, da in Schweden der Konsum im öffentlichen Raum verboten ist), geröstete Mandeln, Brot und Wild.
Skansen
Vielleicht würde man vermuten, Skansen (schwedisch für Die Schanze) hätte schon in Teil 2 zu den Museen gehört, aber da dies ein sehr lebendiges Museum ist und der an den Adventswochenenden stattfindende Weihnachtsmarkt für uns der schönste der Stadt ist, haben wir das Freiluftmuseum zu den Weihnachtsmärkten sortiert.
Das Freilichtmuseum im Westteil der Halbinsel Djurgården wurde am 11. Oktober 1891 als zweites Museum seiner Art eröffnet. Es sollte den Schweden die eigene, durch die beginnende Industrialisierung bedrohte Volkskultur in Form eines lebenden Museums näher bringen. Ungefähr 150 Gebäude aus allen Landesteilen und aus unterschiedlichen sozialen Umgebungen wurden in das Museum überführt.
Auch die Tierwelt Skandinaviens wollte man zeigen. Der Lagerplatz der Samen wurde mit einem Rentiergehege versehen, und nach und nach entstand ein Tierpark, der heute ungefähr 300 Tiere vorwiegend aus der nordischen Fauna umfasst.
Da Skansen als lebendiges Museum gedacht ist, gibt es zahlreiche Aktivitäten in den Museumsgebäuden, die Volksbräuche und -traditionen sowie Kunsthandwerk zeigen. Dazu gehören die Glasmanufaktur, die Schreinerei und Metallwerkstatt, aber auch ein Bäcker und Konsum-Geschäft. Diese Betriebe sind historisch ausgestattet und arbeiten mit den Methoden vergangener Tage. Berühmt ist Skansen auch für die jedes Jahr im Sommer stattfindende Show „Allsång på Skansen“ („Mitsingen im Skansen“), zu der Tausende in den Park streben und Millionen der Übertagung im schwedischen Fernsehen folgen.
Seit 1903 findet an den Adventswochenenden der Weihnachtsmarkt statt. Rund um den Platz in der Mitte des Museumsdorfes werden die Buden mit handwerklichen Produkten oder Leckereien bestückt. Dabei geht es um Qualität, nicht um Quantität. Hier gibt es Leckereien zum Probieren wie Rentierfleisch, Waffeln, Marzipan, die traditionelle Kanelbulle (Zimtschnecke) oder das Waldarbeiteressen Kolbulle. Dabei spielt eine Band Weihnachtsmusik und, wie sich das in Schweden gehört, wird munter um den Baum in der Mitte der Tanzfläche getanzt. Eine wunderbare Tradition, die ganz zur schwedischen Liebe für harmloses Glückspiel wie Tombolas oder Glücksrädern passt, ist der Kauf von „Julklappar“, also von Weihnachtsgeschenken. An einer Marktbude gibt es unterschiedlich verpackte Geschenke, welche für Kinder und solche für Erwachsene. Man kauft ein Geschenk und weiß nicht, was sich darin verbirgt. In der Regel sind es Produkte aus der Skansen-Boutique, die mehr wert sind, als die etwas mehr als 10 Euro, die jedes Geschenk pauschal kostet. Überraschen lassen!
Während der Weihnachtsmarkt an den Adventswochenenden stattfindet, kommt Lucia nur an einem Samstag. In der Regel an dem, der näher am 13. Dezember, dem Tag der Heiligen Lucia, liegt. Schon seit 1893 gibt es diese Tradition im Skansen. Das erste Bild einer Lucia stammt aus dem Jahr 1896. Mit drei Kutschen und berittenen Begleitern bricht Lucia jedes Jahr in den königlichen Stallungen auf, um kurz nach 16 Uhr im Skansen auf der Freiluftbühne einzutreffen. Hier sorgen schon eine Moderatorin, ein Blasorchester und ein Chor für die entsprechende Stimmung. Dann singen Lucia und ihre Begleiterinnen die klassischen Lucia-Lieder und beschwingt endet danach ein sehr weihnachtlicher Tag im Skansen.
Djurgårdsslätten 49–51, 115 21 Stockholm, skansen.se
Rosendals Trädgård und Beckmans Julmarknad
Rosendals Trädgård liegt nur ein wenig weiter die Straße hinunter bzw. einige Straßenbahn-Haltestellen von Skansen entfernt. In der Selbstbeschreibung ist diese hier eine Oase der Nachhaltigkeit, des Wachstums und des Genusses! Seit fast vierzig Jahren kultiviert und verbreitet die Gartenstiftung Rosendals biologisch-dynamische Anbaumethoden. Die Ernte – Gemüse, Kräuter, Blumen und Früchte – wird im Gartencafé und der holzbefeuerten Bäckerei verwendet. So kann man ganz wunderbar im Gewächshaus-Café zur Ruhe kommen, Kaffee trinken und Gebäck oder Snacks genießen. Die Boutique bietet allerhand hübscher Kleinigkeiten.
Seit vielen Jahren veranstaltet die Beckmans Designhochschule in Stockholm jedes Jahr einen Weihnachtsmarkt. Viele Jahre war dieser direkt in den Schulräumen, dieses Jahr ist er nun zum zweiten Mal hier in einem Gewächshaus des Rosendals Trädgård. Die Studierenden stellen ihre Designarbeiten vor und bieten sie zum Verkauf. Da gibt es ungewöhnliche, witzige und einfallsreiche Dinge.
Rosendalsvägen 38, 115 21 Stockholm, www.rosendalstradgard.se, beckmans.se
Skeppsholmsgårdens Julmarknad
Verlässt man Djurgården mit dem Linienboot „Djurgårdsfärjan“ von der Haltstelle „Allmänna Gränd“, ist der nächste Stopp „Skeppsholmen“. Hier sind es nur wenige Schritte bis zu einem kleinen, eher familiären und maritim angehauchten Weihnachtsmarkt mit viel Handwerk: Schmiede, Schmuckhersteller und andere Kunsthandwerker versammeln sich hier zu einem einzigartigen Weihnachtsmarkt. Es gibt natürlich auch Essen und Süßigkeiten. Rohe Würstchen können erstanden und über dem Feuer gegrillt werden. Der Weihnachtsmarkt ist allerdings immer nur an einem Wochenende.
Hornstulls Julmarknad
Wer es eher jung und hip mag, macht sich auf dem Weg nach Hornstull. Die U-Bahn-Haltestelle trägt diesen Namen. Von dieser aus geht es in einen Park. Dort die Treppe hinunter zum Wasser und rechts unter der großen Brücke hindurch. Auf der rechten Seite findet sich ein Club namens „Debaser Strand“. In und vor dem Club findet an drei Sonntagen vor Weihnachten ein alternativer Weihnachtsmarkt statt. Wir treffen auf lokales Handwerk und jede Menge Second-Hand- und Vintage-Produkte.
Lucia i Storkyrkan
Zum Finale des Artikels und zur Vervollständigung der nordischen Weihnachtsstimmung, haben wir anstelle eines Weihnachtsmarktes noch ein Veranstaltungstipp. Rund um den Tag der Heiligen Lucia, dem 13. Dezember, finden an vielen Orten, vor allem in Kirchen, feierliche Lucia-Konzerte statt, die einen Besuch wert sind. Elf Nächte vor Weihnachten bringt Santa Lucia so mit ihrem Kerzenkranz Licht ins nordische Winterdunkel. Eindrucksvoll ist das in der Storkyrkan, der großen, zum Schloss gehörenden Kathedrale in Gamla Stan. Hier sind es rund 130 Kinder der Adolf Fredriks Musikklassen, von Stockholms Musikgymnasium und des Kungsholmens Gymnasium unter der Leitung von zwei Dirigenten, die die Kirche mit ihrem herausragenden Gesang und unglaublich viel Lucia- und Weihnachtszauber füllen.
Die Tage im Norden sind wieder viel zu schnell vergangen, wir haben vieles gesehen, das immer wieder auf unserem Programm steht, haben aber auch einiges Neues erkundet. Wir kommen wieder! Für den 6. Dezember 2023 ist geplant, wieder auf schwedischem und finnischen Boden in Weihnachtsstimmung zu kommen. God Jul!
Anmerkung:
Siehe auch die Beiträge
- Auf Minikreuzfahrt nach Helsinki – Serie: Nordische Weihnachtsstimmung (Teil 1/3) und
- Kultur und Kulinarik in Stockholm – Serie: Nordische Weihnachtsstimmung (Teil 2/3) von Daniel M. Grafberger
im MaDeRe.
