Livingstone, Sambia (MaDeRe). Tiere, Savanne und Victoriafälle machen Sambia zu einem herausragenden Reiseziel im südlichen Afrika.
Morgenstunde mit Gold im Munde? Wer es erhaschen will, muss im südlichen Afrika schon früh aus den Federn. Und selbst dann endet der Wettlauf mit der aufgehenden Sonne manchmal nur unentschieden. So wie heute. Denn erst als sich der rote Feuerball wie ein heller Klumpen glühender Lava über den östlichen Horizont erhebt, steigt auch der prall gefüllte Heißluftballon vom Boden empor. Getrieben von fauchenden Feuerstößen eines Gasbrenners trägt er seine zerbrechlich wirkende Korbgondel hinauf in den Morgenhimmel. Die Richtung jedoch kennt allein der Wind, der augenblicklich die Steuerung des bunt bemalten Flugobjekts übernimmt.
Wo aber ist sie geblieben, die ängstliche Anspannung der Flugpassagiere, die einem außergewöhnlichen Flugabenteuer wie diesem stets vorausgeht? Mit zunehmender Vogelperspektive ist sie wie weggeblasen und wird schnell ersetzt durch eine konzentrierte Aufmerksamkeit, die sich nicht die geringste Einzelheit der weiten Savannenlandschaft entgehen lassen will: die Löwen, die sich im Rudel um ihre nächtliche Beute streiten, die zielstrebig voran schreitende Elefantenherde, die sich auch durch das ständige Fauchen über ihren Köpfen nicht aus der Ruhe bringen lässt und die Gazellen, die – durch nächtliche Räuber versprengt – ihre Herden wieder zu sammeln versuchen.
Imponiergehabe gegenüber den Weibchen
Eine Wildnis wie im Bilderbuch. Und dazu fast so idealtypisch wie in Platons Ideenhimmel. Daher aber auch das „wahre Afrika“? Selbst wenn man in Sambia bislang dieser Meinung war: warum sich anlegen mit den Nachbarstaaten, die eine ähnliche Sichtweise auch für sich beanspruchen? „Let’s explore!“ heißt es nun etwas zurückhaltender aber nicht weniger erfolgversprechend im Logo der Tourismusagentur. Und zur Erforschung bilden die unter schattigen Baumkronen versteckten Camps wahrlich genügend Gelegenheit. Mit Pirschfahrten im Morgengrauen, während der Abenddämmerung und sogar nach Einbruch der Dunkelheit.
Wie flüchtig huscht dabei der Lichtkegel des Handscheinwerfers über die dichte Grasoberfläche, als Ranger Idos das Gelände systematisch abscannt. Und schon leuchten sie auf, die Augenpaare der beiden männlichen Löwen, die gut getarnt am Boden kauern. Je mehr sich das Geländefahrzeug ihnen nähert, umso durchdringender wird ihr Gebrüll. Aufbruch zur Jagd oder Imponiergehabe gegenüber den Weibchen in der näheren Umgebung? Idos weiß natürlich die Antwort: Jagen ist Frauensache. Den Mähnenträgern hingegen fällt die Aufgabe zu, für Nachwuchs zu sorgen und das Rudel vor konkurrierenden männlichen Eindringlingen zu schützen.
Löwenbesuch im Camp
Zurück in der Shumba Lodge macht sich pure Behaglichkeit breit. Bei angenehmer Atmosphäre und dezenter Beleuchtung wird das Essen aufgetragen und manche unglaublich haarsträubende Geschichte macht am Tisch die Runde. Zum Beispiel von der Löwin, die sich erst kürzlich im Camp hinter einem Baumstamm zur Ruhe gelegt hatte und ihre zufällige Entdeckung mit einem aufbrausenden Gebrüll quittierte. Ob sie ebenso zufällig wieder zurückkommen könne? „Schon möglich“, erwidert Campmanagerin Julia mit nachdenklichem Blick ins knisternde Lagerfeuer. „Hier im Freien auf der Terrasse übernachten würde ich jedenfalls nicht.“
Nicht weniger aufregend geht es zu im Musanza Camp, einem anderen Ort des Kafue-Nationalparks. Seine Zeltunterkünfte liegen entlang dem Steilufer des Lufupa River, einem Nebenfluss des Kafue River, dem der Nationalpark seinen Namen verdankt. Samuel und Evidence sind die beiden Ranger, die sich hier zuhause fühlen. Elefanten oder Hyänen im Camp? Ein Ranger weiß, wie man sich in einer solchen Situation verhält. Ihm sollte man sich daher anvertrauen, wenn man sich nach Einbruch der Dunkelheit ins Hauptzelt oder ans Lagerfeuer begibt.
Orchester der Wildnis
Höhepunkt eines Musanza-Aufenthalts ist die Bootsfahrt kurz vor Sonnenuntergang. Dösende Krokodile schieben sich beim Vorbeifahren hastig ins Wasser, und mächtige Flusspferd-Kolosse zeigen mit weit geöffnetem Maul, über welches Waffenarsenal sie verfügen. Schon schiebt sich die blutrote Sonnenscheibe unauffällig hinter die Baumwipfel und gibt schließlich mit ihrem Abtauchen hinter den Horizont das Signal für das ungewöhnlich schnelle Einbrechen der unheimlichen afrikanischen Nacht.
Noch bevor die Sterne um das Kreuz des Südens herum ihre Position bezogen haben, beginnt wie bei einem „Karneval der Tiere“ das Orchester der Wildnis mit dem Stimmen seiner Instrumente. Angefangen bei dem penetranten Zirpen der Zikaden bis hin zu jenen Nachtvogel, dessen Stimme sich anhört wie das knatternde Feuer eines Maschinengewehrs. Und in den tiefen Stimmen schließlich das „basso ostinato“ der Hippos, die sich am Fuß der Böschung direkt unterhalb des Zeltes virtuos vom Tag verabschieden. Einschlafen? Nur langsam mündet das Klanggewirr in ein verhallendes Finale, das der Nachtruhe endlich Raum gibt.
„Donnernder Rauch“ des Sambesi
Akustisch kündigt sich bei der Weiterreise auch das südliche Sambia an. „Donnernder Rauch“ nennen die Einheimischen ehrfurchtsvoll dieses Naturphänomen, bei dem ein dumpfes Grollen aus einer hoch aufsteigenden Nebelwand die Aufmerksamkeit bereits von Weitem beansprucht. Beim Überfliegen der gigantischen Szenerie mit einem Ultraleichtflieger erkennt man unverhüllt die Ursache für diesen Donner. Es ist der mächtige Sambesi River, der sich auf breiter Ebene mehrere hundert Meter tief in eine Felsspalte hinunter stürzt und dabei durch den wuchtigen Aufprall Wolken von Sprühwasser nach oben in die Luft wirbelt.
Was Livingstone, der schottische Forschungsreisende und Entdecker, wohl empfand, als er auf die heute nach ihm benannte kleine Insel direkt an der Abbruchkante hinüber gerudert wurde, von wo aus er den dröhnenden Wassermassen nachsah? Und dieses Erlebnis ist sogar noch steigerungsfähig. Denn unmittelbar vor dem Absturz bildet der Sambesi den kleinen „Devil’s Pool“, in dem jeder, der dazu den Mut aufbringt, schwimmen und den brodelnden Fluten nachschauen kann. Zweifelsohne ein Adrenalin-Erlebnis der Extraklasse.
Zurück ins koloniale Zeitalter
Da kommt doch zur Entspannung die „Dinner Excursion“ im „Royal Livingstone Express“ gerade recht. Jenem historischen Dampfzug, der allabendlich am Bahnsteig von Livingstone wartet, um genussbereite Gäste stilvoll in das koloniale Zeitalter zu entführen. Bevorzugter Treffpunkt ist bis Sonnenuntergang die Aussichtsplattform am Zugende, hinter der ausgelassene Kinder freundlich winkend ein Stück weit mitlaufen.
Nach dem Lok- und Richtungswechsel ist Dinner angesagt: sechs Gänge in Gourmetqualität, die im Speisewagen zubereitet und vom Speisewagensteward Peter Mbundi stilvollendet aufgetragen werden. Wenn dann ein guter Wein die Zungen lockert, erwächst schnell die Gewissheit, dass die touristische Wiederentdeckung Sambias sich weniger dramatisch und weitaus angenehmer gestaltet als die Erschließung zur Zeit der Pioniere vom Schlage Livingstones im 19. Jahrhundert.
Mahlzeit mit Zebras und Giraffen
Tagsüber ist Peter Mbundi stellvertretender Restaurantmanager im „Royal Livingstone Hotel“, das direkt an den Sambesi River angrenzt, der sich an dieser Stelle auf seinen bereits hörbaren Absturz vorbereitet. Auch hier wird der Aufenthalt zu einem durch und durch stilvollen Erlebnis. Zum Beispiel beim Dinner im Park, wo sich zu fortgeschrittener Stunde eine Herde von Zebras um den gedeckten Tisch versammelt, überragt von zwei Giraffen, die sich an den Blättern der Baumkronen gütlich tun.
Warum nicht zum Abschluss der Reise noch eine Bootsfahrt auf dem Sambesi unternehmen mit der „African Queen“ oder der „Lady Livingstone“? Und dabei noch einmal kurz vor dem gleißenden Sonnenuntergang im funkelnden Flusswasser den Anblick der Flusspferde und Krokodile genießen? In solchen Augenblicken wird deutlich, dass dies erst der Beginn ist von Sambias touristischer Zukunft.
Fotoreportage
Mehr Fotografien in der Fotoreportage: Auf Livingstones Spuren durch Sambia von Dr. Bernd Kregel.
Reiseinformationen „Sambia“:
Anreise: Günstig mit South African Airways (SAA) täglich als Nachtflug von Frankfurt und München nach Johannesburg, von dort Anschlussflug täglich nach Lusaka und Livingstone; Buchungen via www.flysaa.com oder Telefon: 069-299809-20
Einreise: Mit gültigem Reisepass; ein Visum wird problemlos bei der Einreise ausgestellt.
Reisezeit: Günstig ist die Zeit von März bis Oktober; November bis Februar sind viele Safari Camps geschlossen.
Reiseanbieter: Retroreisen
Unterkunft: Shumba Lodge: www.wilderness-safaris.com; Musanza Tented Camp: www.expertafrica.com; The Royal Livingstone: www.suninternational.com
Auskunft: Tourist Information bei Botschaft von Sambia: www.zambiaembassy.de; Zambia National Tourist Board: www.zambiatourism.com
Kleidung: Sportlich und salopp. Auf Safaris: klassisches Safari-Outfit in Khaki- und Naturfarben sowie knöchelhohe Lauf- oder Wanderschuhe
Gesundheit: Zur medikamentösen Malaria-Vorbeugung wird von deutschen Ärzten die Einnahme von Mefloquin (Lariam) empfohlen. WHO empfiehlt eine Kombination aus Chloroquin (Resochin) und Proguanil (Paludrine). Größtes Malariarisiko: Januar bis Mai; ärztliche Rücksprache vor Abreise empfehlenswert.
Ernährung: Mit dem Grundsatz „Cook it, boil it, peel it – or leave it“ liegt man gesundheitlich im sicheren Bereich, ebenso mit abgefülltem Trinkwasser.
Währung: Währungseinheit ist der Sambische Kwacha (ZMK). Der Wechselkurs gegenüber Euro und US-Dollar ist Schwankungen unterworfen. Der Einsatz von Kreditkarten ist vor allem im touristischen Bereich und im Luxussektor möglich.