Tauberbischofsheim, Wertheim, Deutschland (MaDeRe). „Das liebliche Taubertal“ – so lautet der Slogan für die Region. Zugegeben hip und modern klingt das nicht. Vielmehr ziemlich angestaubt und bei „lieblich“ mag manch einer an unangenehm süßen Wein und Kopfweh denken. Das wird diesem zauberhaften Tal allerdings in keiner Weise gerecht. Selbst in Zeiten der Pandemie, wenn Urlaub im eigenen Land hoch im Kurs steht, scheint dieser Landstrich noch von vielen unentdeckt zu sein. Wer hügelige Landschaften mit einem sich darin schlängelndem Fluss oder malerische alte Städte mit Fachwerk sucht, kommt hier voll auf seine Kosten. Ebenso Weinliebhaber beim Besuch der vielen kleinen Winzer und der großen Genossenschaften. Wir haben entlang der Tauber von Rothenburg bis Wertheim ein paar Ziele zusammengestellt – aber es gibt zweifellos noch reichlich mehr an Landschaften, Städten, Burgen, Klöstern und Weingütern zu entdecken. Ab ins Taubertal – Das zauberhaft Kloster Bronnbach ist der Start von Teil 4, an der Tauber-Mündung in Wertheim endet unsere Serie.
Tauberbischofsheim
Der Name klingt vielen aufgrund des Fecht-Stützpunkts vertraut. 1954 gründete Emil Beck die Fechtabteilung und 1988 wurde der größte Erfolg eingefahren: Sechs Medaillen bei den Olympischen Spielen in Seoul. Gegründet wurde Tauberbischofsheim indes schon etwas früher, wie prähistorische Funde zeigen. Erstmals richtig erwähnt wurde die Stadt dann im Jahre 836 in der Lebensbeschreibung der Heiligen Lioba als „Biscofesheim“. Seitdem hat „TBB“ viel erlebt und es gibt viel Altehrwürdiges zu bestaunen, wie das „Lioba-Kloster“ mit Liobakirche, die Bismarcksäule von 1903 am Höhberg, den Hungerturm, das Kurmainzische Schloss aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts oder die Stadtpfarrkirche St. Martin von 1914.
Kloster Bronnbach
Schon früh begeisterten sich Besucher für das Taubertal und seine Wildnis. So soll der heilige Bernhard von Clairvaux während seines Aufenthalts in Wertheim gesagt haben: „Auch dort wird ein Kloster meines Ordens gegründet werden.“ Gesagt getan und sogar noch zu seinen Lebzeiten. Fränkische Edelleute stifteten das Zisterzienserkloster so Mitte des 12. Jahrhunderts. Es folgten Erweiterungen und Umbauten. Mit der Säkularisation im Jahr 1803 wurde das Kloster aufgehoben, der gesamte Besitz gelangte an das Fürstenhaus Löwenstein-Wertheim-Rosenberg.
Der Unterhalt der rund sechs Hektar umfassenden Klosteranlage bedeutete für das Fürstenhaus Löwenstein-Wertheim-Rosenberg eine große finanzielle Belastung und so war es eine glückliche Fügung als sich der Kreistag des Main-Tauber-Kreises 1984 entschloss, die gesamte Anlage (mit Ausnahme einzelner privater Wohngebäude) zu erwerben. So kann heute eine weitgehend intakte Klosteranlage und Kulturstätte besichtigt werden. Neben Führungen gibt es auch eine Vinothek, gastronomische Betriebe und ein Hotel.
Kloster Bronnbach, Bronnbach 9, 97877 Wertheim, Telefon: 09342 935202020, www.kloster-bronnbach.de
Die Vinothek im Kloster Bronnbach
Der Weinanbau war früh ein fester Bestandteil des Klosterlebens der Zisterzienser. In dieser Tradition stellen heute 21 Weinbaubetriebe ihre „Edlen Tropfen“ in der Vinothek Taubertal unter einem Dach vor. Das ehemalige Cellarium aus dem späten 12. Jahrhundert wurde 2007 zu einer Vinothek ausgebaut und beherbergt seither Weine aus den drei Anbaugebieten des Taubertals: Baden, Württemberg und Franken. Je nach gültiger Corona-Verordnung können hier individuelle Weinproben gebucht werden.
Unser Favorit: Der 2018er Quitten-Cuvée-Schaumwein trocken (0,75 Liter, Alkohol 8,0 % vol.)
www.kloster-bronnbach.de/Kloster/Vinothek-Weinproben.html
Hintergrund: Die Flaschenform „Bocksbeutel“
Auf der Website des Staatlichen Hofkellers Würzburg findet sich die Geschichte der ungewöhnlichen Flaschenform: „Seine urtümliche Formgebung reicht weit in die Geschichte Frankens zurück und lässt sich schon in keltischen Tongefäßen erkennen. Erstmalig schriftlich belegt wird der Bocksbeutel als Glasflasche dann im 17. Jahrhundert in Aufzeichnungen von Glasmachern und Glashütten. Als regionalspezifische Weinflasche gewinnt er schnell an Bedeutung und wird schließlich 1989 auch als solche geschützt. Um die Namensgebung buhlen übrigens verschiedene Theorien: der Hodensack des Ziegenbocks, der Bugsbeutel, eine alte lederne Feldflasche, oder der niederdeutsche Booksbüdel, in denen Kleriker und Pilger vielleicht nicht nur Bücher mit sich trugen, stehen als Namensgeber zur Wahl.“
Wer darf Bocksbeutel vermarkten? Laut einem Beschluss des Europäischen Gerichtshofes ist der Bocksbeutel innerhalb der Europäischen Union ein urheberrechtlich geschützter Begriff. Das heißt, dass nur Weine aus Franken und teilweise Baden – aus dem badischen Tauberland, Schüpfergrund und den Gemeinden Neuweier, Steinbach, Umweg und Varnhalt – in einen Bocksbeutel abgefüllt werden dürfen. Eine ähnliche Flaschenform gibt es noch in Portugal.
Wertheim
Wertheim ist die nördlichste Stadt Baden-Württembergs. Der Name leitet sich von „Werder“ im Sinne von Insel oder Erhebung in einem Fluss ab. Geläufig ist vielen der Name aufgrund des „Wertheim Village“, einem Outletcenter an der Autobahn. Die Stadt wird jedoch von vielen Touristen, darunter viele Flusskreuzfahrer, wegen der erhaltenen mittelalterlichen Struktur besucht – sie ist eine denkmalgeschützte Gesamtanlage. Die Kernstadt oberhalb der Taubermündung besteht bis heute aus mittelalterlichen Gassen und zahlreichen denkmalgeschützten Fachwerkhäusern und weiteren Kunst- und Baudenkmälern. Zentrum ist ein zur Kirche und Burg ansteigender Marktplatz. An einem Fachwerkhaus direkt an der Tauber können die immensen Hochwasser-Pegelstände samt Jahreszahl bestaunt werden. Über der Stadt thront die Burg Wertheim als Wahrzeichen der Stadt. Vom Palas neben einem Treppenturm und dem alten Wohnbau ist nur noch eine dreiteilige Fenstergruppe aus der Stauferzeit erhalten. Darunter steht die Ruine der Vorburg, die zur Wohnburg ausgebaut wurde. Der Archivbau über dem Torhaus stammt noch aus der Barockzeit. Bis ins 17. Jahrhundert wurde der Grafensitz immer weiter ausgebaut. Durch eine Pulverexplosion wurden 1619 Teile der Burg und im Dreißigjährigen Krieg 1634 weitere Teile zerstört, die nicht wieder aufgerichtet wurden. Mitten in Wertheim, nachdem sie fast 130 Kilometer bewältigt hat, mündet die Tauber in den Main und wir sind am Ende unserer kleinen Reise am Fluss entlang.