Heiligendamm, Deutschland (MaDeRe). Schon die Anfahrt ist pure Entschleunigung. Im Fahrrad-Tempo schnauft die Bäderbahn „Molli“ mit ihrer Dampflok durch die Landschaft; unter einer prächtigen Lindenallee, vorbei an Deutschlands ältester Galopprennbahn.
Seit 1886 bringt „Molli“ die Badegäste auf roten Samtpolstern von Bad Doberan nach Heiligendamm, wo heute das Prestige-Objekt des Mecklenburgischen Tourismus steht. Ein Fünfsterne-Haus mit durchschnittlichem Zimmerpreis von rund 270 Euro pro Nacht – das dürfte der höchste an der deutschen Ostseeküste sein. Als 2007 hier der G8-Gipfel ausgerichtet wurde, staunte die ganze Welt über das mondäne Antlitz Mecklenburgs.
Heiligendamm ist eines der schönsten Ostseebäder: abgeschieden, umringt von Wäldern; mit einer malerischen Steilküste am einen Ende, am anderen die Seepromenade entlang der aus weißen Villen bestehenden „Perlenkette“. Von Souvenir-Buden und Fischbrötchen-Ständen bleibt man hier verschont.
Heiligendamm ist das älteste deutsche Seebad. 1793 badete der Mecklenburger Herzog Friedrich Franz bei einem Reitausflug erstmals in der Ostsee. Dazu motiviert hatte ihn sein fortschrittlich gesinnter Leibarzt. Der Herzog war so begeistert, dass er beschloss, ein Seebad zu errichten.
Nach dem Vorbild englischer Badeorte ließ er weiße, zeitlos elegante Häuser bauen, die Heiligendamm den Beinamen „Weiße Stadt am Meer“ einbrachten. 1796 entstand das erste Badehaus; zwei Jahrzehnte später folgte das Kurhaus mit dem großen Ballsaal. „Hic te laetitia invitat post balnea sanum“ – „Hier lädt dich, nach dem Bade geheilt, die Freude ein“. So verspricht es noch immer die goldene Inschrift am Kurhaus.
Verwandte und Gäste der Herzogsfamilie logierten in Heiligendamm; später die Adligen und Neureichen der Gründerzeit. Als in den Städten die Fabrikschlote qualmten, sehnte man sich nach sauberer Luft.
Bis 1870 wurden weitere Gebäude errichtet, wobei die klassizistische Schlichtheit aus den Anfangsjahren aufgegeben wurde. So setzte Herzog Paul Friedrich bei seiner „Burg“ auf neugotische Zuckerbäcker-Architektur. Klar und einfach wirkt hingegen das Severin Palais, der einzige Neubau auf dem Gelände, der auch den Spa-Bereich und eine weitläufige Dachterrasse beherbergt.
Die DDR richtete in Heiligendamm volkseigene Sanatorien und Kurheime ein. Nach der Wende wurde das Schicksal des Areals turbulent. 1996 kaufte ein großer Immobilienfonds das Ensemble. Mehr als 200 Millionen wurden investiert, das Hotel 2003 unter der Flagge von Kempinski eröffnet. 2012 musste man Insolvenz anmelden. Seither konnte der neue Eigentümer, ein Wirtschaftsprüfer aus Hannover, die Einnahmen aus den 181 Zimmern in insgesamt sechs Gebäuden steigern.
So mancher Gast reist aus kulinarischen Gründen an. Ein Zugpferd des Hotels ist das Restaurant von Sterne-Koch Ronny Sievert. Ebenso gut läuft die kleine Sushi-Bar, die über gerade mal fünf Tische im gläsernen Durchgang der Orangerie verfügt.
Die meisten Gäste speisen jedoch im Kurhaus-Restaurant, das auf regionale Küche setzt und sich im mondänen Ballsaal des Kurhauses befindet. Auch das Frühstück geht hier über die Bühne. Wenn jedoch alle 80 Sitzplätze belegt sind, herrscht viel Trubel zwischen den beiden Buffets.
Das Grand Hotel Heiligendamm bietet aber auch kulturelle Genüsse. Davon zeugt die vielseitig und anspruchsvoll ausgestattete Bibliothek in einem Seitenflügel des Foyers. Außerdem gibt es ein umfangreiches Programm mit Lesungen und Konzerten, die gegen Eintritt auch auswärtigen Gästen zugänglich sind.
Auch die Kleinsten kommen auf ihre Kosten. Weithin gelobt wird die Betreuung in der Kinder-Villa. Auf drei Etagen locken hier Western-Saloon, Turn-Zimmer, Kinoraum und für die Teenager das komplette Sortiment elektronischer Bespaßung.
Nicht zuletzt kann der Gast in Heiligendamm sein körperlich-seelisches Wohlbefinden steigern. Strandspaziergänge tragen dazu ebenso bei wie die täglichen Kurse des hauseigenen Yoga-Meisters aus dem indischen Himalaja.
Das alte Motto „Hier lädt dich, nach dem Bade geheilt, die Freude ein“ gilt noch immer – nur, dass man heute zum Baden auch in den beheizten Pool steigen kann. Bei der Wellness wird demnächst weiter investiert: Geplant sind ein großer Außenpool sowie ein neues Schwimmbad für Familien. Außerdem sollen zweistöckige Familien-Ferienwohnungen, eine Tiefgarage und weitere Personal-Unterkünfte entstehen.
Fotoreportage
Mehr Bilder zum Beitrag in der Fotoreportage: Das Grand Hotel Heiligendamm.
Anmerkung:
Die Recherche wurde unterstützt von der Grand Resort Heiligendamm GmbH & Co. KG, Berlin.