Greifswald, Deutschland (MaDeRe). Kursänderung auf 90 Grad und hinein in den von weißen Schaumbahnen gestreiften Greifswalder Bodden. Es pustet vierkant von vorn, die ersten Spritzer klatschen gegen die großen Scheiben des Panorama-Salons. Hotel-Direktorin Cathrin Fuhrmann, waschechte Stralsunder Deern mit den goldenen dreieinhalb Streifen auf den Schultern, hat vorsichtshalber die großen Blumenpötte umlegen und damit sichern lassen: „Wenn wir erst ins Rollen kommen, bleibt nichts mehr an seinem Platz.“ Über Funk verbreitet Stralsund Traffic, die Verkehrszentrale, eine „Gale Warning“, zu Deutsch: Sturmwarnung, mit Böen bis zur Stärke acht. Zu Recht, denn inzwischen boxen eineinhalb Meter hohe grüne Ostseewellen gegen das Vorschiff, an dem sie regelrecht in Gischtwolken explodieren.
Die Gäste genießen beim Nachmittagskaffee, den Tourismus-Studentin an der Hochschule Stralsund (HOST) und Bord-Praktikantin Marie zum Kuchen serviert, hinter dicken Scheiben wohlig das seltene schaurige Schauspiel, zucken aber auch bei jedem Wasserschlag instinktiv zusammen. Den erfahrenen Kapitän und Schiffseigner Peter Grunewald, der sein Handwerk bei der Weißen Flotte Berlin gelernt hat, ficht das nicht an: „So lange die Dinger vierkant kommen, macht das nix, aber von der Seite…?“ Er ist froh, dass er auch das Anlaufen von Lauterbach wohlwissend gestrichen hat, „das wäre niemandem gut bekommen“. Einen Hauch von Schaukelfahrt erleben die 74 Gäste, als MS SANS SOUCI westlich der Insel Ruden ins Fahrwasser der Knaakrücken-Rinne vor Freest eindreht. Cathrin Fuhrmanns warnende Stimme hört man über Lautsprecher auf allen Decks. Das schlanke, nur 1,30 Meter tief gehende Schiff fängt an sich zu wiegen. Im Peenestrom, geschützt durch die Insel Usedom, ist schlagartig Schluss damit. Alle atmen erleichtert auf.