Sankt Lucia, Kolibris schwirren durch den Regenwald

Segelboote an einem Strand von Sankt Lucia. © Elke Backert.

Castries, Sankt Lucia (MaDeRe). Nur 40 Minuten braucht der propellergetriebene Hüpfer von Barbados zum Nachbareiland Sankt Lucia, St. Lucia abgekürzt und im Wappen des Staates für Land, Leute und Licht geehrt. Das gleiche in Grün? Grün ja, vor allem der tropische Regenwald im Süden mit dem Nationalbaum Kalebasse, seltenen Hölzern und Pflanzen, den unter kundiger Führung zu durchwandern ein Erlebnis ist. Am besten bis Soufrière, wo die 650 Meter hohen Zwillingskegel der Pitons als Wahrzeichen von Saint Lucia fungieren und als einzige „Drive-in“-Vulkane der Welt einladen zu brodelndem Heißwasser und Schwefeldampf hautnah. Bei Soufrière erstreckt sich der Regenwald über 77 Quadratkilometer und quillt über von kostbaren Hölzern wie Teak und seltenen Pflanzen wie Dasheen. Der „Love-wine“ hängt sich wie Kletten ans Bein, was ihm wohl seinen Namen eintrug.

Hautnah auch lassen sich die Bewohner von Soufrière erleben. Ihre malerisch an den Hang geklebten, bunt getünchten Häuser entpuppen sich trotz der vor Blüten schier berstenden Veranden als wahre Bruchbuden. Ohne indiskret zu werden, nimmt man an ihrem Alltag teil: ein Waschhaus mit Zapfstelle für Trinkwasser, ein Duschhaus, beide open air, neben den im Meer badenden Kindern suhlen sich Schweine. Hier wird noch auf dem Coal-Pot, dem Kohleöfchen aus Keramik, gekocht. „Coal-Pot“ nennt sich auch ein First-class-Restaurant in der Hauptstadt Castries. Fischer vertreiben sich die Zeit mit Domino, knallhart und lautstark gespielt wie bei uns Skat. Das, was sich Straße nennt, brauchte einen Teerbelag, doch wichtiger, dessen sind sich die Verantwortlichen bewusst – nur sie tun offensichtlich nichts -, ist Schulbildung. Ein Großteil sind Analphabeten. Die Insel lebt vom Bananenexport. Tag für Tag das gleiche Bild: Vollgepackt warten die Autos in langen Schlangen am Hafen von Castries aufs Verladen und legen den Verkehr lahm.

Und dennoch: Im Gegensatz zum Nachbarn Barbados hat sich St. Lucia seine romantische Ursprünglichkeit bewahrt. Im Botanischen Garten von Soufrière – „Please touch only with your eyes!“ – lassen nur die naschenden Kolibris ahnen, dass die vielfarbigen, kunstvollen Blütenrispen und die Anthurium-Lilie nicht aus Wachs sind.

Ja, St. Lucia ist ein paradiesisches Fleckchen. Mangoförmig, 43 Kilometer lang, misst es an der breitesten Stelle 22 Kilometer. Arawak- und Carib-Indianer sollen die ersten Bewohner gewesen sein, bevor die Alte Welt, mal Engländer, mal Franzosen, sich der Vulkaninsel bemächtigte und diese 1979 unabhängig wurde. Allerdings besteht der Inselstaat aus mehreren Inseln, aber Sankt Lucia die mit Abstand größte.

Beliebt sind Hotels unter dem Motto „all inclusive“. „Sandals“, nahe Castries in einer schönen Sandbucht gelegen, ist so ein Luxuskomplex, der Paaren – auch unverheirateten – vorbehalten ist. Die Zimmer liegen im Haupthaus und in zweistöckigen Villen hoch über dem Meer, so dass man vom Bett aus die vorbeiziehenden und im Hafen ankernden weißen Luxusliner beobachten kann. Schließt um zehn das Frühstücksbuffet, offeriert die Beach Bar von Soft Drinks über Hochprozentiges (lecker ist „Brown Cow“: Geeiste Milch mit dem Kaffeelikör Tia Maria wird zur „Braunen Kuh“) bis zum Hamburger, Hot Dog und der Hähnchenkeule gratis, was Hunger und Lust begehren. Und so geht es fort den lieben Tag lang. Sport und Animation gehören ebenso dazu, eben all das, was man zu einem Bade- und Faulenzer-Urlaub braucht.

Anmerkung:

Die Erstveröffentlichung erfolgte am 4.11.2009 im WELTEXPRESS.

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