Berlin, Deutschland (MaDeRe). In diesem Fall ist das Wort Reise kein Substantiv, das im Singular steht, sondern ein schwaches und für meinen Geschmack schönes Verb, das im Imperativ beachtet und befolgt werden sollte. Allerdings will ich meine moralische Forderung im Kant`schen Sinne weniger kategorisch sehen, als mancher Zeitgenosse, der weder ein Genosse ist noch genießen kann, aber umso mehr als Rat verstanden wissen, denn nicht nur die Welt verändert sich, auch die über Jahrhunderte gewachsenen Natur- und Kulturlandschaften werden vor allem auch in Ruanda rasant ramponiert.
Aus dem Land der tausend Hügel, das von 1884 bis 1916 eine Kolonie des Deutschen Kaiserreiches war und anschließend bis 1962 von Belgien beherrscht wurde, ragen leider besondere Berge heraus: Leichenberge. Daran, dass sich in dem Binnenstaat mit hoher Bevölkerungsdichte die Bewohner an die Gurgel gingen, sind die Kolonialherren, allen voran die Franzosen und Briten, die Afrika nach ihrer Façon aufteilten und beherrschten, nicht ohne Schuld. Doch von dem Krieg vor allem zwischen Tutsi und Hutu, der 1994 in einen regelrechten Völkermord gipfelte, soll hier und heute nicht die Rede sein. Es geht weder um die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen noch um die Ausbeutung der Natur durch den Menschen, die vor allem wegen des riesigen Rohstoffreichtums in Ruanda eine Maßlosigkeit erreicht, die sprachlos macht, weswegen die neuen Herren der Banken und Industrie, die ihre Hände in Unschuld waschen, von Nordamerika über Westeuropa bis Ostasien mit diesen dennoch tief im schmutzigen und blutigen Geschäft mit den Bodenschätzen stecken. Die Gier nach Profit ist größer als die bourgeoise Gesellschaftsstube.
Das alles verschwiegt Heiko Hooge als Autor des in diesem Jahr neu erschienenen Reiseführers Ruanda aus dem Reisebuchverlag Iwanowski mit Sitz in Dormagen nicht. Er geht im Vorwort (S. 9) zwar nur kurz darauf ein, widmet dem Königreich (S. 16ff), der Kolonialzeit (S. 19ff), den Vertreibungen (S. 26ff) und dem Völkermord (S. 29ff) im ersten Kapitel namens „Historischer Überblick“ immerhin rund zwei Dutzend Seiten.
Das ausführliche und zugleich übersichtliche Inhaltsverzeichnis bietet einen echten Überblick auch über die weiteren Inhalte und das Blättern durch die Kapitel sowie das Lesen der Beiträge zeugt von der Kunde des Autors, die er sich in „vielen Jahren privat sowie als Studienreiseleiter im östlichen Afrika“ erworben hat. Die auf den Begriff und in lesbare Beiträge gebrachten Erkenntnisse der eigenen sinnlichen Erfahrungen im Erleben von Pflanzen, Tieren und Menschen mehren beim Betrachten vieler bunter Bilder und beim Lesen aussagekräftiger Texte nicht nur das Wissen, sondern bilden auch das Bedürfnis, Land und Leute selbst kennenzulernen.
Für Unbedarfte, die über das Buch der Zoologin und Verhaltensforscherin Dian Fossey, die Ruanda als Land der Berggorillas einem breiten Publikum bekannt machte, noch nicht hinausgekommen sind und somit im Nebel stehen, gibt Hooge basierend auf seine Reisen durch das „relativ kleine und überschaubare … wachsende Land“ sachdienliche Informationen, nützliche Empfehlungen und tolle Tipps.
Hooge stellt sogar fünf Routenvorschläge (S. 126) vor. Die Beschreibung der Strecken beispielsweise um den Kivu-See (S. 218ff) und zu den Vulkanen (S. 78ff) sind offensichtlich sehr sorgfältig und äußerst detailliert.
Ein Anhang mit weiterführenden Literaturhinweisen für Stunden der Muße, ein kleines Wörterbuch für den Notfall und ein Stichwortverzeichnis für die Schnellsuche runden den richtig guten und 360 Seiten im knappen wie handlichen A5-Format umfangreichen sowie reich bebilderten Ruanda-Reiseführer ab.
Insbesondere fällt das Bemühen Hooges um Aktualität und der Realitätsbezug des Reiseführers auf. Über Leistungen und Preise wird gesondert auf fünf grünen Seiten eingegangen. Eine faltbare Karte kann der Reisende herausnehmen und zudem „34 inhaltsbezogene Detailkarten“ nicht nur im Buch betrachten sondern auch herunterladen. Das ist praktisch und perfekt vor allem für Rucksackreisende mit mobilen Rechnern, denen Heiko Hooge auch noch Übernachtungs- und Restauranttipps mit auf den Weg zum Gorilla-Trekking und in die prachtvollen Parks gibt.
Nach nur einem Tag Blättern und Lesen in Hooges Reiseführer Ruanda sage ich nur: Reise! Und rate: Ein jeder reise auf seine Weise. Für diejenige passt dieser authentische und gehaltvolle Reiseführer wie der Berggorilla zum Nebelwald.
Bibliographische Angaben
Heiko Hooge, Iwanowski’s Reiseführer Ruanda, 360 Seiten, broschiert, durchgehend farbig mit über 200 Fotos, mit herausnehmbarer Reisekarte und Kartendownload, auch als E-Buch erhältlich, Iwanowski’s Reisebuchverlag, 1. Auflage, Dormagen 2017, ISBN: 978-3-86197-126-9, Peise: 19,95 EUR (D), 20,60 EUR (A)