Pracht und Prunk – Serie: Bildgewaltiges Wien (Teil 5/8)

Das prachtvolle Schloss Schönbrunn.
Das prachtvolle Schloss Schönbrunn. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Wien, Juni 2021

Wien, Österreich (MaDeRe). Der Journalist und Schriftstelle Karl Kraus bringt es wie immer aus den Punkt: „Wien hat lauter Wahrzeichen und jeder Wiener fühlt sich als solches.“ Wer Wien besucht ist förmlich erschlagen von der Pracht, der Vielzahl an Sehenswürdigkeiten, Bauten und Geschichten. Augenzwinkernd beschreibt der Kabarettist Karl Farkas die dort Ansässigen: „Wir Wiener blicken vertrauensvoll in unsere Vergangenheit.“ Bei vielen Orten wissen wir sofort: Wien! Bei anderen vielleicht nicht sofort. Eine Reise durch Wien in Bildern. Im fünften Teil besuchen wir Schloss Schönbrunn und das Belvedere.

Wenn Wien von einem reichlich hat, sind es prachtvolle Bauten, kleine und große Palais und ausgewachsene Schlösser. Aus dieser Sammlung sticht Schönbrunn dann nochmals heraus. Es ist das größte Schloss Österreichs. Wer würde nicht gerne so wohnen? Ein ausreichend großer Hofstaat samt Personal vorausgesetzt, aber bitte mit zeitgemäßem Anstrich und modernen Arbeitsbedingungen. In der Geschichte des mächtigen Schlosses taucht mal wieder Erzherzogin Maria Theresia auf. Auf sie geht die heutige Form zurück, für sie wurde es als Sommerresidenz umgebaut.

Viele Touristen gab es im Juni 2021 nicht, so leer erlebt man Schloss und Park selten.
Viele Touristen gab es im Juni 2021 nicht, so leer erlebt man Schloss und Park selten. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Wien, Juni 2021

Der Name geht übrigens auf einen, angeblich von Kaiser Matthias getätigten Ausspruch zurück. 1612, auf der Jagd unterwegs, soll er eine artesische Quelle entdeckt haben: „Welch’ schöner Brunn“. Die Geschichte des Areals reicht aber bis in 14. Jahrhundert zurück. Im Grundherrschaftsbereich des Stifts Klosterneuburg befindlich, wurde neben einer Mühle Wein- und Ackerbau betrieben. In der Zeit von 1638 bis 1643 entstand hier ein Schlossbau als Residenz für die zweite Ehefrau des Kaisers Ferdinand II., Eleonora Gonzaga. In der Zweiten Wiener Türkenbelagerung 1683 wurde der Bau jedoch schwer beschädigt. 1687 gab Leopold I. für seinen Thronfolger Joseph I. einen repräsentativen Neubau in Auftrag. Das Schloss lag damals allerdings noch weit außerhalb der Stadt.

Auch hier gibt es ein Tastmodell.
Auch hier gibt es ein Tastmodell. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Wien, Juni 2021

Erst ab 1743, unter Maria Theresia, wurden Schloss und der Park in die heutige Form gebracht. Sommerresidenz blieb der Palast: Bis 1806, dem Ende des Heiligen Römischen Reiches, der Könige und Kaiser des Reiches und ab 1804 und bis zum Ende des Ersten Weltkrieges des österreichischen Kaiserhauses.

Rosen im Überfluss im Schlosspark.
Rosen im Überfluss im Schlosspark. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Wien, Juni 2021
Der Blick über die wunderschönen Gärten hin zur Gloriette.
Der Blick über die wunderschönen Gärten hin zur Gloriette. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Wien, Juni 2021

Der Park hat etwa 160 Hektar. In ihm versteckt sich auch der älteste noch bestehende Zoo der Welt – der Tiergarten mit rund 16 Hektar. Der Zutritt ist täglich ab 6.30 Uhr kostenfrei möglich. Beeindruckend sind vor allem die Brunnen, Statuen und Denkmäler. Kostenpflichtig sind lediglich die Sonderattraktionen wie der Kronprinzengarten, der Orangeriegarten, der Irrgarten oder der besagte Tiergarten.

Der Neptun-Brunnen.
Der Neptun-Brunnen. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Wien, Juni 2021
Durch den Brunnen geblickt – Neptuns Aussicht auf Schloss Schönbrunn.
Durch den Brunnen geblickt – Neptuns Aussicht auf Schloss Schönbrunn. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Wien, Juni 2021

Auf der Blickachse von Schloss zur Gloriette liegt der stolze Neptunbrunnen. Auch dieser ist Maria Theresia zu verdanken. Während der Umgestaltung unter ihrer Ägide, entstand der Brunnen zwischen 1778 und 1780. Auf einer künstlichen Grotte steht der Meeresgott Neptun auf einem Muschelwagen, gestützt auf seinen Dreizack. Zu seiner Rechten kniet die Meeresnymphe Thetis, die Mutter des Achill. Sie bittet Neptun um einen Seesturm, der die Entführung Helenas durch den trojanischen Prinzen Paris nach Troja vereiteln sollte. Im Wissen um die Prophezeiung, ihr Sohn werde im Trojanischen Krieg einen frühen Tod sterben, sucht sie den Meeresgott zu überreden, den drohenden Krieg zu verhindern, und so das Leben ihres Sohnes zu retten. Zu Neptuns Linken, zu seinen Füßen, eine Nymphe mit Füllhorn, ein Hinweis auf den überquellenden Reichtum der Meere. Umgeben wird die Hauptgruppe von vier Tritonen, den Bändigern der Hippocampen (Meerespferde), die Neptuns Wagen ziehen.

Es gibt noch analoge Touristen, die sich auf einer Karte orientieren.
Es gibt noch analoge Touristen, die sich auf einer Karte orientieren. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Wien, Juni 2021
Die Aussicht von der Gloriette über Schloss und Stadt.
Die Aussicht von der Gloriette über Schloss und Stadt. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Wien, Juni 2021
Und umgekehrt: Der Blick vom Schloss auf die Gloriette.
Und umgekehrt: Der Blick vom Schloss auf die Gloriette. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Wien, Juni 2021
Zauberhafte, liebevoll gepflegte Gärten laden in Schönbrunn zum Schlendern und Verweilen an.
Zauberhafte, liebevoll gepflegte Gärten laden in Schönbrunn zum Schlendern und Verweilen an. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Wien, Juni 2021

Markant in der Parklandschaft stehend, zieht es einen früher oder später zu ihr auf den Hügel hinauf: zur Gloriette. 1775 als Ruhmestempel errichtet, ebenfalls im Auftrag von Maria Theresia. Das Gebäude hat eine Länge von 84,3 Metern (mit Stufenanlage 135,3 Metern), eine Breite von 14,6 Metern und eine Höhe von 25,95 Metern. Die Gloriette diente später als Speise- und Festsaal sowie als Frühstückszimmer für Kaiser Franz Joseph I. Die Funktion behielt man bis zum Ende der Monarchie bei. Heute wird auch der nichtadelige Besucher im dort eingerichteten Café in beindruckender Kulisse bewirtet.

Das „normale“ Volk konnte früher vermutlich auch nur durchs Tor auf das Obere Belvedere schauen.
Das „normale“ Volk konnte früher vermutlich auch nur durchs Tor auf das Obere Belvedere schauen. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Wien, Juni 2021

„Schöne Aussicht“, der italienische Begriff gab dem Schloss seinen Namen. Genaugenommen sind es gleich zwei Schlösser: das Untere und das Obere Belvedere. Die 23 Meter Höhenunterschied zwischen den beiden Gebäuden werden mit einer Parkanlage „überbrückt“. Wer hat der hat: Zwischen 1714 und 1723 wurde das barocke Ensemble für Prinz Eugen von Savoyen erbaut. Die beiden Schlossbauten beherbergen heute die Sammlungen des Belvederes (Österreichische Galerie Belvedere) und Räumlichkeiten für Wechselausstellungen. Am 15. Mai 1955 wurde hier, im Oberen Belvedere, der Österreichische Staatsvertrag unterzeichnet.

Der LiteraTour-Bus von ServusTV zu Besuch im Belvedere.
Der LiteraTour-Bus von ServusTV zu Besuch im Belvedere. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Wien, Juni 2021

Das Obere Belvedere war ursprünglich nur als kleines Gebäude konzipiert, das den Garten optisch abschließen sollte. Nach weiteren Grundkäufen des Prinzen wurden die Pläne geändert und die heutige Form erbaut. Dennoch lebte der Prinz weiterhin im Unteren Belvedere. Das Obere Belvedere verblieb für repräsentative Zwecke. Die Alleinerbin des Prinzen, Anna Viktoria von Savoyen, ließ das gesamte Inventar und die Bibliothek versteigern. So blieb nichts von der einstigen Innenausstattung.

Vom Oberen zum Unteren Belvedere fällt das Gelände ab. Die beiden Schlösser sind mit einem großen Park verbunden.
Vom Oberen zum Unteren Belvedere fällt das Gelände ab. Die beiden Schlösser sind mit einem großen Park verbunden. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Wien, Juni 2021
Wasserspiel und Spiele im Wasser – mit Sicht auf das untere Belvedere.
Wasserspiel und Spiele im Wasser – mit Sicht auf das untere Belvedere. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Wien, Juni 2021

Der Garten ist der älteste Teil der Anlage und wurde bereits 1700 angelegt. 1725 wurde er vollendet. Zum Höhenunterschied passend ist das Thema der Skulpturen der Aufstieg von der Unterwelt zum Olymp. Der Garten ist in drei Ebenen gegliedert und die Niveauunterschiede wurden durch von zwei skulptural reich ausgestattete Kaskadenbrunnen verbunden. Da Prinz Eugen die Erlaubnis erhielt, die kaiserliche Hofwasserleitung anzuzapfen, gibt es zahlreiche Brunnen. Die zwölf Brunnen sind jedoch erst seit der Restaurierung (2005 bis 2010) wieder voll im Betrieb. Zuvor, seit 1994, war das aufgrund großer Wasserverluste nicht möglich.

Der Blick zurück zum Oberen Belvedere.
Der Blick zurück zum Oberen Belvedere. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Wien, Juni 2021
Auf dem Weg zum Unteren Belvedere.
Auf dem Weg zum Unteren Belvedere. © Foto/BU: Daniel M. Grafberger, Aufnahme: Wien, Juni 2021

1712 begannen die Bauarbeiten am Unteren Belvedere – direkt an der Grenze zur damaligen Residenzstadt Wien. Die Idee: Ein Wohngebäude mit repräsentativen Prunkräumen. Prinz Eugen stirbt 1736. 1752 erwirbt Maria Theresia das Ensemble. Zusammen mit ihrem Sohn, Kaiser Joseph II., trifft sie die Entscheidung, die kaiserliche Gemäldegalerie aus der Stallburg in das Obere Belvedere zu transferieren. Im Sinne der Ideale des aufgeklärten Absolutismus soll die Sammlung für das Volk öffentlich zugänglich gemacht werden. 1781 wird die Gemäldegalerie als eines der ersten öffentlichen Museen der Welt eröffnet – bis 1888 bleibt sie und zieht dann erneut um. 1896 wird das Obere Belvedere die Residenz des Thronfolgers Franz Ferdinand. 1903 zieht die Moderne Galerie ins Untere Belvedere, wird 1912 die Österreichische Galerie und bekommt 1918 auch das Obere Belvedere hinzu.

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Daniel M. Grafberger
Daniel M. Grafberger ist zu Hause in Ulm, um Ulm und um Ulm herum. Er ist Redaktionsleiter eines Ulmer Verlags und freiberuflicher Fotograf. Zu seinen Leidenschaften gehören Reisen, Kochen, Gastronomie und Kultur. Zu seinen Lieblingsreisezielen gehören Skandinavien, Südtirol und alle Destinationen, die man auf Kreuzfahrtschiffen (vor allem auf dem Fluss) erreichen kann.