Jesolo, Italien (MaDeRe). Kindheitserinnerung: Mit meinen Eltern reiste ich in den 50er Jahren mit der Eisenbahn aus Zürich an die Adria – nach Jesolo. Zum ersten Mal im Leben bekam ich, aus dem Land den weiten Horizont des Meeres zu Gesicht, spielte im weichen Sand, verspürte erstmals die vielgepriesene „Italianità“ – und genoss staunend den Tagesausflug per Schiff ins legendäre Venedig. Das war der Lido von Jesolo – ein Name, der mir im Gedächtnis haften blieb; für meine Eltern, die damals jeden Franken umdrehen mussten war es eine gerade noch leistbare Destination am Meer, doch ohne jeden Luxus.
Wie viel hat sich geändert in den Jahrzehnten seither: Jesolo ist aufgestiegen – und steigt weiter auf – zu einer Destination für gehobene Ansprüche, bietet Luxus und Exklusivität. In Jesolo gibt es heute zwei Fünfstern-Hotels, ein drittes soll in Kürze gebaut werden. Damals gab man sich noch mit zwei, drei Sternen zufrieden, heute hat sich die Zahl der Viersternhotels in Jesolo merklich vermehrt.
Unübersehbar ist der Focus auf Spitzengastronomie und die Ausweitung des touristischen Horizonts auf Lagune und Hinterland im Veneto. Die Ansprüche der inzwischen viel gereisten Gäste sind deutlich gestiegen und wollen befriedigt werden.
Bei einem Ausflug wurde uns Conegliano im Weinbaugebiet des Prosecco Superiore DOCG gezeigt – der gehoben-qualitätvolle Prosecco dieser Region ist als Apéro aus der Spitzengastronomie und dem Social Life längst nicht mehr wegzudenken.
Natürlich stehen Fische und Meeresfrüchte im Zentrum des kulinarischen Angebots. Malerisch und Stimmungsvoll hängen die riesigen Netze unmittelbar vor der herausragenden Locanda Al Ponte de Fero (Via Cristoforo Colombo 1, Ramo 1, 30016 Jesolo, Telefon +39 0421 350 785) im alten Flussbett des Piave. Das ist zwar pittoresk, aber gibt punkto Fischfang eigentlich kaum mehr etwas her, gesteht der Eigentümer, während er die schweren, quadratischen Netze mittels einer komplizierten Vorrichtung langsam ins Wasser absenkt. Die Fische kommen frisch jeden Morgen vom Fischmarkt. Das elegante Restaurant wurde im Erdgeschoss eines typischen Bauernhauses aus dem 18. Jahrhundert eingerichtet und hat entsprechend viel Atmosphäre. Fische und Fleisch werden im historischen Kamin am offenen Feuer gegrillt oder nach raffinierten Rezepten in der Küche zubereitet.
Schon beim Gedanken an die hier dargebotenen Menufolgen läuft einem das Wasser im Munde zusammen: Als Antipasti gebratene Garnelen mit mariniertem Gemüse (in Olivenöl, Brandy und Zitrone), ein Muscheleintopf an Knoblauchöl und Weisswein mit Tomaten, Oregano und Lorbeer, als Pasta Spagheti mit Calamari wildwachsenden Kräutern, Confit-Kirschtomaten und als Hauptgang der Fang des Tages, begleitet von knusprig gebackenem Brot und frischem Gemüse.
Ein weiteres besonders empfehlenswertes Lokal ist das Restaurant Laguna des Küchenchefs Renato Manfrè (Via Bafile 568, 30016, Lido di Jesolo, Telefon +39 0421 972 760). Fangfrische Seebrasse wird angeboten oder, als Besonderheit, Aal aus der Lagune.
Bei Da Omar (Via Dankte Alighieri 21, Jesolo, Telefon +39 0421 93685) speist man raffiniert und ganz vorzüglich: Tintenfischspaghetti – der Tintenfisch hauchdünn tranchiert – mit „Pesto die Carletti“ (aus Kräutern, Öl, Salz und Pfeffer) als Pasta, sowie wilder Spargel und weisse Spargel an Senfsauce, dann ein Risotto mit Muscheln, gefolgt vom köstlichen Branzino, dann lokale Käse in verschiedenen Reifegraden.
In Jesolo hat man sich längst weit entfernt von der durchschnittlich banalen Hotelküche und ist erfolgreich in die höhere Gourmet-Sphäre vorgedrungen. Die Spitzenköche der Region haben sich inzwischen zur Vereinigung „Eat Jesolo“ zusammengeschlossen, um von Synergien zu profitieren und ihre Produkte besser publik zu machen und international zu vermarkten.
Anmerkung:
Die Recherche wurde von Eat Jesolo unterstützt.