Hoch hinaus: Der „JenTower“ und spektakuläre Panoramen – Deutschlands schönster Wanderweg führt um die Stadt Jena

Der "JenTower" (Eigenschreibweise) in Jena. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Ort und Datum der Aufnahme: Jena, 21.9.2023

Jena, Thüringen, Deutschland (MaDeRe). Eine Wanderung muss nicht immer von A nach B führen. Sie darf auch im Kreis verlaufen und jederzeit an öffentlichen Plätzen unterbrochen werden. Genau so haben die Jenaer ihren Wanderweg SaaleHorizontale gestaltet. Rund um die Stadt, über eine Strecke von insgesamt 91 Kilometern, führt der Weg entlang schmaler Pfade durch Naturschutzgebiete, vorbei an steilen Muschelkalkhängen, saftigen Wiesen, dichten Buchenwäldern und malerischen Kiefernhainen.

„Wir haben die schönsten Sehenswürdigkeiten der Jenaer Landschaft miteinander verknüpft“, erzählt Katrin Pflieger vom Tourismusverband Saale-Unstrut. „Eichen, Buchen, Ahorn und Birken stehen schon bereits seit Jahrtausenden“, schwärmt sie. Wer genau hinschaut, kann heimische Waldbewohner entdecken: Uhus und Wildkatzen, Rebhühner, Eisvögel und Fledermäuse. Im Frühling erstrahlen die Orchideen in leuchtenden Farben und im Herbst verwandeln sich die Baumblätter in ein wahres Feuerwerk aus leuchtendem Gelb, warmem Orange und tiefem Rot. Der Boden ist mit einem Teppich aus Laub bedeckt, der bei jedem Schritt ein angenehmes Rascheln und Knistern erzeugt. Es ist kein Wunder, dass das Wandern hier eine lange Tradition hat. Seit 2008 gibt es den Wanderweg SaaleHorizontale, der in diesem Jahr zu „Deutschlands schönsten Wanderweg“ von Lesern des Wandermagazins gewählt wurde. Wer im Saale-Unstrut Tal bereits einige Schlösser besichtigt hat, wird auf dem Wanderweg sofort die Leuchtenburg oder die Fassaden der Dornburger Schlösser in der Ferne erkennen. Während unten im Tal die Großstadt lärmt, deren Betriebsamkeit von oben aus betrachtet klein wirkt, zieht der Jen Tower den Blick magisch an. Das gläserne Gebäude mit seinen 159 Metern Höhe überragt alles und stellt die Häuser der Stadt in den Schatten. Im Jahr 1972 wurde dieser als renommiertes Gebäude für den damaligen volkseigenen Optikbetrieb Carl Zeiss Jena errichtet und sollte an ein Fernrohr erinnern. Allerdings zogen entgegen der ursprünglichen Pläne keine Forscher von Carl Zeiss Jena in das Gebäude ein, sondern Mitarbeiter der Friedrich-Schiller-Universität. Von der Aussichtsplattform des JenTowers, die sich 128 Meter über dem Boden erhebt, sehen die Hausdächer und Kirchtürme fast lieblich aus. Die Saaletalhänge der Kernberge, Sonnenberge, des Hufeisens, des Hausbergs und des Jenzigs erheben sich durch die Eichen- und Buchenwälder, während die Jenaer Muschelkalkfelsen das Gassengewirr des Stadtzentrums umgeben. Auf dem Marktplatz reihen sich die Sehenswürdigkeiten aneinander, eine faszinierende Mischung aus Historie und Hightech. Bunte Fachwerkhäuser am Markt sind seit jeher Zeugen der Geschichte. Besucher kommen zu jeder vollen Stunde zum Rathaus aus dem 14. Jahrhundert. Sie wollen die Schnapphans Figur sehen, die mit weit geöffneten Mund, nach einer goldenen Kugel schnappt, die ein Pilger an einem Stab hält, der links von der Uhr auf einem Sockel steht. Die Kugel soll, laut Legende, einen der berühmten Thüringer Klöße darstellen. Und die besagt, dass Jena unterginge, wenn der Schnapphans eines Tages die Kugel zu fassen bekäme. Die Verwaltung hat vorgesorgt: Das Original des Schnapphans ist im Stadtmuseum. Am Rathaus schnappt nur eine Kopie.

Der „JenTower“ (Eigenschreibweise) in Jena. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Ort und Datum der Aufnahme: Jena, 21.9.2023

Über Pflastersteine geht es einige Schritte weiter zur Stadtkirche St. Michael, wo einst Martin Luther predigte. Gleich daneben thront das Collegium Jenense, der Geburtsort der renommierten Jenaer Universität im Jahr 1558. Bis heute ist Jena eine pulsierende Studentenstadt, in der die Friedrich-Schiller-Universität als eine der ältesten und angesehensten Hochschulen Deutschlands gilt. Trotz des historischen Charmes des Johannistors meiden viele Studenten den Durchgang. Ein hartnäckiger Aberglaube besagt, dass Medizinstudenten, die durch das altehrwürdige Stadttor gehen, ihr Physikum nicht bestehen werden.

Auf der Unstrut unterwegs. Sie ist noch sehr ursprünglich. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Ort und Datum der Aufnahme: Naumburg, 22.9.2023

Das Umland von Jena ist bequem per Kanu, Fahrrad oder Zug erreichbar. Beim Kanufahren auf der Unstrut hört man nur das leise Gleiten der Paddel im Wasser. Ein Reiher segelt über die glänzenden Baumwipfel in der Sonne davon. Der Fluss fließt friedlich am Rande der Lichtung entlang. Die Stille ist so beruhigend, dass es scheint, als ob die Zeit hier keine Rolle spielt. Enten begleiten die Kanufahrer auf ihrem Weg und man hat sogar schon Eisvögel und Schildkröten gesichtet. Und dann taucht sie plötzlich auf: Die Stadt Freyburg (Unstrut) mit ihren imposanten Kirchentürmen. In diesem malerischen Städtchen befindet sich die Heimat von Rotkäppchen-Mumm, eine traditionsreiche Sektkellerei mit über 160 Jahren Geschichte. Jährlich werden über 120 Millionen Flaschen Rotkäppchen-Sekt verkauft. Das Unternehmen hat nun die „Rotkäppchen Erlebniswelt“ geschaffen.

Der herzogliche Weinberg. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Ort und Datum der Aufnahme: Naumburg, 22.9.2023

Mit dem Fahrrad lässt sich der Naumburger Dom in kurzer Zeit erreichen. Die Route führt vorbei an malerischen Weinterrassen, die trotz ihrer kleinen und parzellierten Größe zu den bedeutenden Lagen im Weinanbaugebiet Saale-Unstrut zählen. Vor 200 Jahren wurde ein 150 Meter langes Bildrelief in den Sandstein gemeißelt, die Szenen aus der biblischen Geschichte mit Weinbau und Jagd zeigen. Am Blütengrund fließt die Unstrut gemächlich in die Saale. Der Klang der eisernen Gußglocke ruft den Fährmann herbei. Der Fluss gluckst sanft, sobald man mit der alten Seilfähre, ohne Motor und Hektik, auf die andere Seite übersetzt. Und wieder fühlt man sich in eine vergangene Zeit zurückversetzt.

Stifterfiguren, Eckard II und seine Frau Uta im Naumburger Dom. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Ort und Datum der Aufnahme: Naumburg, 22.9.2023

Die vier imposanten Türme des Naumburger Doms, deren Dächer von einer hellgrünen Patina bedeckt sind, erheben sich majestätisch über die Altstadt. Schon von Weitem erkennt man, dass man sich einem Meisterwerk des Mittelalters nähert. Einzigartig auf der ganzen Welt sind seine Architektur, die Glasmalerei und die Bildhauerkunst. Als ehemalige Kathedrale des Bistums, erbaut im 13. Jahrhundert, wurde der Dom am 1. Juli 2018 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Besonders großes Interesse gilt den zwölf berühmten Stifterfiguren des Doms, einem außergewöhnlichen Werk eines Bildhauers, dessen Name bis heute unbekannt ist. Aus diesem Grund wird er als „Naumburger Meister“ bezeichnet. Seine Ausbildung erhielt er im Norden Frankreichs, wo er die gotische Architektur erlernte und ein Gespür für Figuren entwickelte. Mit den Stifterfiguren im Westchor des Naumburger Doms schuf er eines der bedeutendsten Kunstwerke des europäischen Mittelalters. Es wird berichtet, dass er improvisieren musste, denn die Herrschaften, die auf dem Podest dargestellt sind, waren bereits seit 200 Jahren verstorben. Die lebensgroßen steinernen Zeitzeugen strahlen eine unglaubliche Lebendigkeit aus. Mal lächeln sie, mal wirken sie betrübt, zornig oder stolz. Besonders bekannt ist das Stifterpaar Uta von Ballenstedt und ihr Gemahl, Markgraf Ekkehard II. Doch ihre Haltung ist distanziert und kühl. Sie hat den Mantel hochgeschlossen und ihr Gesicht von ihm abgewandt. Es scheint, als wolle sie nichts mit ihm zu tun haben. Es gibt verschiedene Geschichten für diese Distanz. Doch eines ist sicher: Sie blieben kinderlos und ihr Vermögen stifteten sie einem Vorgängerbau des Doms. Im 19. und 20. Jahrhundert, als Fotografien um die Welt gingen, wurde Uta als Frauenfigur weltberühmt. Ihre Schönheit und Anmut faszinierten die Menschen und sie wurde zur Ikone des Mittelalters. Umberto Eco, der berühmte Schriftsteller, war von ihr so begeistert, dass er sagte: „Wenn ich ein weibliches Geschöpf aus der Kulturgeschichte treffen wollte, dann Uta aus Naumburg.“ Diese Worte zeugen von der anhaltenden Faszination, die diese Frau bis heute ausübt.

Sandsteinrelief mit biblischen Inhaltsdarstellungen. © Foto/ BU: Heidrun Lange, Ort und Datum der Aufnahme: Jena, 22.9.2023

Reisehinweise:

Die Saale-Horizontale verläuft über neun Etappen und insgesamt rund 90 Kilometer durch sieben Naturschutzgebiete, rund um die Großstadt Jena. Zudem bietet die Stadt Wanderern Unterkünfte aller Art, Gaststätten und Kultur. Zustiege zu den Tagestouren sind von zahlreichen Stellen möglich. Mehr Informationen auf der Heimatseite https://www.natura-jenensis.de/saalehorizontale im Weltnetz.

Öffnungszeiten der Aussichtsplattform „JenTower“: ganzjährig, täglich 10 – 22 Uhr

Flussfahrt auf der Unstrut: www.fluss-und-zeit.de

Tipp für eine Unterkunft in Weißenfels: https://gueldene-berge.de

Anmerkung:

Die Reise wurde von Saale-Unstrut Tourismus GmbH unterstützt

Anzeige:

Reisen aller Art, aber nicht von der Stange, sondern maßgeschneidert und mit Persönlichkeiten, auch Reisen durch Kultur- und Naturlandschaften, bietet Retroreisen an. Bei Retroreisen wird kein Etikettenschwindel betrieben, sondern die Begriffe Sustainability, Fair Travel und Slow Food werden großgeschrieben.

Vorheriger ArtikelZwischen nostalgischem Charme und moderner Bequemlichkeit – Slow Travel auf dem Flußkreuzfahrtschiff Liberté
Nächster ArtikelSchöne Bescherung in der Ravennaschlucht