Der Bodensee bietet Geschichte und Geschichten während einer Fahrt mit einem Katamaran von Friedrichshafen nach Konstanz

Ein Katamaran auf dem Bodensee.
Ein Katamaran auf dem Bodensee mit schneebedeckter Winterwelt drumrum. © Katamaran-Reederei Bodensee GmbH & Co. KG

Friedrichshafen, Konstanz, Bodensee, Deutschland (MaDeRe). Kürzlich fuhr ich bei frühlungshaften Temperaturen mit dem Katamaran von Friedrichshafen nach Konstanz. Betrieben werden derzeit drei schnittig und schnell wirkende Doppelrumpfschiffe für bis zu 182 Fahrgäste und 30 Fahrräder von der Katamaran-Reederei Bodensee GmbH & Co. KG mit Sitz in Friedrichshafen und Niederlassung in Konstanz, die seit Juli 2005 direkte Schiffsverbindung auf dem Bodensee zwischen den beiden Städten Friedrichshafen und Konstanz anbietet. Gesellschafter sind die Stadtwerke Konstanz GmbH und die Technische Werke Friedrichshafen GmbH mit jeweils 50 Prozent.

Deren Verbindung ist seit 2005 ein Segen, zumal der Fahrplan stündlich angelegt ist. Das ist sehr passend für eine spontane Reise über den See, an den drei Staaten mit überwiegend Deutschen grenzen; die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Österreich und die Schweizer Eidgenossenschaft.

Ein Katamaran liegt flach im Wasser und gleitet mit einer beachtlichen Geschwindigkeit dahin. Dieser Frühlingstag – Ende Januar – zeichnete die Landschaft in Pastel, leichte Nebelschwaden gaben dem Bild etwas aquarellhaftes. Träumerisch, fern der sogenannten Wirklichkeit, gleitet so die eigene Seele mit dem Schiff dem Ziel entgegen. Doch hatte man tatsächlich ein Ziel oder war es nur der Wunsch nach einer anderen Wirklichkeit gewesen, der einem bewog über das Wasser zu fahren?

Der 536 km² große See (ohne Seerhein), in dem mit Lindau, Mainau, Reichenau, Dominikanerinsel und Werd fünf bewohne Eilande sowie sechs unbewohnte Inseln liegen, erzählt viel von der Vergangenheit, gespeichert hat er in seinen Molekülen wunderbare Geschichen. Auf dem Schiff ist man in der Gemeinschaft des Augenblicks verhaftet und es ergeben sich interessante Gespräche, wenn man dazu Lust hat. Die Silhouetten der vielen Kirchen grüßen im leichten Nebel. Ja, es sind immer die Kirchtürme, die harmonisch in der Landschaft stehen, dagegen erzählen die vielen Hochhäuser auf der deutschen Seite trotzig von der Gegenwart und deren Prioritäten. Und doch bestätigen alle Reisenden, dass der Bodensee etwas Besonderes sei; ‘aufgehellt’ verlassen die meisten das Schiff.

Heilig und heil

Interessant, das spirituelle Dreieck, das den See umspannt. Damit gemeint ist der Bregenzer Gebhardsberg, Konstanz mit seinem Münster und Petershausen sowie die Basilika Weingarten. Alle drei Orte sind verflochten: der Welf Konrad, Bischof von Konstanz (um 900 bis 975), kam von Altdorf, heute Weingarten. Er wurde schon zu Lebzeiten als besonderer Mensch verehrt. Sein Neffe Gebhard (von 949 bis 995), aus der Linie der Grafen von Bregenz/Winterthur, wurde von ihm erzogen, da die Mutter dessen Geburt nicht überlebte. Er wurde mit 29 Jahren Konrads Nachfolger, in Mainz von Kaiser Otto zum Bischof geweiht. Gebhard entstammte dem bedeutenden alemannischen Geschlecht der Udalrichinger.

Beide adlig geborene Kirchenmänner benutzten ihr Vermögen und Erbe zum Wohle der Armen und Kranken. Sankt Gebhard gründete das Kloster Petershausen in Konstanz, geografisch gesehen liegt es ziemlich genau auf einer Linie mit der ehemaligen Burg Hohenbregenz, heute Gebhardsberg mit der Wallfahrtskirche Bregenz.

Kloster Petershausen ist mittlerweile zu einem Museum geworden, Zerstörungen in der Reformationszeit haben nicht viel vom Ursprung gelassen. Die Klosteranlage in Weingarten ist zur Zeit ohne Mönche, man sucht dringend eine ‘Nachfolge’. Allein das Kloster Mehrerau in Bregenz agiert noch mit unmittelbarer geistiger Kraft. Doch auch hier fehlt der Nachwuchs.

Man kann die frühere Zeit immer noch erahnen, wenn man auf dem Bodensee unterwegs ist. Dreimal war der Heilige Konrad in Jerusalem, viele Male in Rom. Das gilt auch für den Heiligen Gebhard. Man wundert sich über die enorme Reisetätigkeit im frühen Mittelalter. Auch international war der Bodensee mit seinen Fürsten eine Region, die hohes Ansehen verzeichnen konnte. So holte sich Welf IV (von 1030/1040 bis 1101) seine zweite Gemahlin in London. Warum es ausgrechnet Judith von Flandern sein musste, die Kusine Wilhelm des Erobers und Halbschwester des Graf Balduin V von Flandern, die mit ihren 44 Jahren schon Witwe war und zwei erwachsene Söhne hatte, ist nicht bekannt. Doch brachte sie die Heiligblut-Reliquie mit nach Weingarten. Vielleicht war es ja Liebe. Sie gebar dem kinderlosen Welfen noch drei Nachkommen.

Das Bodenseeufer der Schweiz ist der Legende nach immer noch in einen Lichtkreis des Bruder Klaus’ (Niklaus von Flühe, von 1417 bis1487) gehüllt, dem Schutzpartron des Landes, der die Schweiz auch während den beiden verheerenden Kriegen im letzten Jahrhundert beschützt haben soll. Die Berge trotzten zudem diesen kriegerischen Ereignissen.

All das hat der Bodensee erlebt, und wer während einer Schifffahrt mit einem Katamaran dem Herzen ‚hört‘, dem kann noch Vieles mehr erzählt werden, über sich selbst und über die aktuelle Zeit. Es wäre wünschenswert, dass sich die Bodenseeregion mit Bezug auf die alten Traditionen geistig erneuern würde, um Zeichen zu setzen für ein neues, humanitäres Europa.

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