Stralsund, Deutschland (MaDeRe). Wer sich heute auf einer der großen Straßen gen Rügen der Küste nähert, dem zeigt sichschon von weitem die Silhouette der Stadt Stralsund, mit ihren markanten, hohen mittelalterlichen Backstein-Kirchen. Leider war die alte Hafenstadt, 1234 gegründet, mit der Zeit zusehends verfallen. Zwar gab es auch zu DDR-Zeiten einige Anstrengungen, sie zu sanieren, doch erst nach der Wende kam der Kampf um die Erhaltung der wertvollen Gebäude in Fahrt.
An der Meerenge Strelasund gelegen, war Stralsund im 14. Jahrhundert nach Lübeck die bedeutendste Hansestadt im südlichen Ostseeraum. Von ihrer Bedeutung künden die zahlreichen Sakralbauten und Kapitäns- und Bürgerhäuser im Stil der Backsteingotik noch heute. Zu den bedeutendsten Bauwerken gehören die Reste der einst 3100 Meter langen Stadtmauer, die zwei von zehn erhaltenen Stadttore, mehrere schöne Giebelhäuser sowie das Rathaus aus dem 13. Jahrhundert mit seiner beeindruckenden Fassade.
„Dat Strolsunner Rothus is as sine Kinner: hoch hinaus un nix dorhinner!“, so sprachen die Lübecker angeblich über die Stralsunder. Was sollte das bedeuten? Es wird klar, befasst man sich näher mit diesem Rathaus: Schnell ist zu erkennen, dass das Stralsunder Rathaus zum Teil aus einer Schaufassade besteht. Durch die prachtvollen Fenster und Rosetten im oberen Teil kann man in den Himmel schauen. Dieses Gebäude, das zu den schönsten Profanbauten der norddeutschen Backsteingotik zählt, wurde nicht von Anfang an nur als Rathaus genutzt. Im Mittelalter diente das Erdgeschoss als Einkaufszentrum der Stadt – mit kleinen Läden und Ständen mobiler Händler.
Bekanntlich war Stralsund wie große Teile des Nordens im 17. Jahrhundert von Schweden erobert worden – auch aus dieser Zeit sind interessante Bauwerke erhalten. Dazu gehören das Commandantenhus am Alten Markt, das Regierungspalais in der Badenstraße sowie mehrere barocke Adelshäuser. Insgesamt stehen heute 812 Gebäude der Stadt unter Denkmalschutz – die meisten davon in der Altstadt, die seit 2002 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.
Unbedingt sehenswert ist die Kirche St. Nikolai. Sie wurde im 13. Jahrhundert erbaut und ist die älteste der drei mittelalterlichen Pfarrkirchen der Stadt. Ein riesiges, kunstvoll geschnitztes Portal führt in die dreischiffige Basilika. Das Innere ist farbenprächtig bemalt, reich ausgestattet und beherbergt mehrere aufwändig gestaltete Altare, Kapellen und Grabplatten, eine monumentale astronomische Uhr sowie eine Kanzel aus dem Jahr 1611.
Die Marienkirche am Neuen Markt ist nach der Danziger Marienkirche die größte im Hanseraum. Ihre große Stellwagen-Orgel aus dem Jahre 1659 ist regelmäßig in Konzerten zu hören. Von einer 90 Meter hohen Aussichtskanzel haben die Besucher einen tollen Blick über die Stadt und die Ostsee. Die Jakobikirche wurde im Zweiten Weltkrieg stark zerstört, ist mit ihrem Barockaltar aber inzwischen weitgehend restauriert und präsentiert sich mit reichen Ornamenten und glasierten Formsteinen. Heute ist sie eine Kulturkirche – hier finden Ausstellungen und Veranstaltungen statt.
Der Hafen am Strelasund, einem Seitenarm der Ostsee, spielte schon immer eine zentrale Rolle in der Geschichte der Stadt. Der Stadthafen neben dem Alten Markt ist heute das touristische Zentrum der Stadt. Er liegt, durch zwei Kanäle von der Altstadt getrennt, auf der Hafeninsel und ist über Brücken zu erreichen. Geprägt wird die Insel von imposanten Speichern, dem modernen Bau des Ozeaneums und dem Großsegler „Gorch Fock I“, der dort an der Fährbrücke liegt.
Und es mangelt nicht an urigen Restaurants, die hervorragende maritime und internationale Gastronomie bieten – seien an dieser Stelle nur das Torschließerhaus und das Braugasthaus Kron-Lastadie genannt. Wer nur mal ein frisches Fischbrötchen mag, findet eine leckere Auswahl auf den Imbissbooten auf dem Fährkanal.
Stralsund ist wieder eine Reise wert und hat vorgesorgt: Neben guten Restaurants und Cafés gibt es auch eine ganze Reihe chicer Hotels. Für Unterhaltung und kulturelle Angebote ist gesorgt – sommers wie winters. Die neue Rügenbrücke bringt die Urlauber schnell von Stralsund auf die Insel, und über die Brücke sind die Urlauber auch schnell wieder in Stralsund, wenn gerade mal kein Strandwetter ist. Sehr zu empfehlen ist dann beispielsweise der Besuch des Museums, für das Stralsund auch heute bekannt ist: das Meeresmuseum mit dem aus DDR-Zeiten erhaltenen Haupthaus in der ehemaligen Katharinenkirche und dem neu erbauten Ozeaneum auf der Hafeninsel, das 2008 eröffnet wurde.
Das Ozeaneum ist eigentlich ein Naturkundemuseum, in dem Flora und Fauna rund ums Meer gezeigt und beleuchtet werden. Auf einer Ausstellungsfläche von 8700 Quadratmetern werden verschiedene Dauerausstellungen gezeigt. Die Aquarien – das größte fasst 2,6 Millionen Liter Wasser – präsentieren verschiedene Wasser- und Lebenswelten aus Ostsee, Nordsee und dem Nordatlantik. Zahlreiche Schaugläser mit Präparaten zeigen die Vielfalt des Lebens am und im Wasser. Kinder wie Erwachsene sind von der Pinguin-Anlage auf der Dachterrasse des Ozeaneums begeistert. Putzige Humboldt-Pinguine leben dort und fühlen sich augenscheinlich pudelwohl.
Die Aquarien führen die Besucher vom Stralsunder Hafenbecken über die Nordsee bis ins Nordpolarmeer. Sie zeigen die maritimen Lebensräume vom Bodden bis zum offenen Atlantik. So tummeln sich im Aquarium „Stralsunder Hafenbecken“ die typischen Bewohner des nur wenige Meter entfernten Hafens der Stadt: Flussbarsche und Flussaale, Plötzen und Rotfedern. Aber auch anderes ist hier zu sehen, was nichts im Meer zu suchen hat: ein verrostetes Fahrrad und ein rostiger Einkaufswagen – beides wurde im Hafenbecken gefunden.