Am Meer und im Museum – Das maritime Falmouth in Geschichte und Gegenwart

Blick auf die Pubs The Cain Locker and The Ship Wrights am Hafen von Falmouth. Quelle: Pixabay

Falmouth, Cornwall, England, UK (MaDeRe). England hat mit London und Liverpool zwei ehemals bedeutende Hafenstädte. Noch ist Liverpool der zweitgrößte Exporthafen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland (UK), während London ab dem zweiten Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung als Hauptstadt nicht nur die größte Stadt der Insel ist, sondern auch die größte Finanzmetropole der Welt wurde. Bis zum Ende des ersten Viertels des letzten Jahrhunderts war London zudem die größte Stadt des Britischen Weltreichs (englisch: British Empire) und also der Welt. Damit konnte das kleine Falmouth (kornisch Aberfal), das erst 1613 von Sir John Killigrew unterhalb der Festung Pendennis Castle (kornisch Kastel Penndinas) gegründet wurde, nicht konkurrieren. Doch in die unzähligen namhaften Hafenstädte des Empires reihte sich Falmouth schnell ein.

Pendennis Castle war ein Glied in der Kette vieler Forts von Hull bis Milford Haven, um gegen Angriffe von Spaniern und Franzosen gewappnet zu sein, die der Papst an die Waffen rief, um den vom kontinentalen Katholizismus abgefallenen Heinrich VIII., dem katholischen Glauben blieb der Herrscher treu, vom Thron zu stürzen. Nach dem Abfall von Rom, was bei allem aufgestauten Anti-Klerikalismus der Engländer leicht fiel, stieg London zu einem mächtigen Mitspieler im Kampf der großen europäischen Mächte auf.

Nach der Reformation brachte die Umverteilung kirchlichen Grund und Bodens ab 1535 wirtschaftlichen Wachstums und London stieg zu einer führenden Handelsstadt auf. Der Aufstieg und die Angst vor dem Fall, vor allem vor Invasoren, führten zu vielen Forts entlang der Kanalküste. Eines dieser Forts wiederum begünstigte die Gründung von Falmouth im Süden Cornwalls.

In diese Region wanderten einst Kelten ein und blieben dort, als die Angelsachsen sich auf der Insel breitmachten und die römisch-keltische Kultur verdrängten. Cornwall blieb auch als die Normannen kamen keltisch. Laut Wikipedia erhielten die „Cornishmen … sich ihre Sprache und Identität. Der englische König Edward III. machte Cornwall zur Grafschaft mit einem gewissen Sonderstatus.“ Doch während Cornwall im Mittelalter mehr oder weniger „extraterritorial gegenüber der Englischen Krone“ war, wird es heute „verwaltungstechnisch als County von England verwaltet. Unter dem Druck der Engländer wurde die kornische Sprachgrenze immer weiter nach Westen verschoben, bis sie Mitte des 18. Jahrhunderts nach unserer Zeitrechnung verschwand. Das heutige Kornisch – oder Neo-Kornisch oder in welcher ausgedachten kornischen Art auch immer gesprochen und geschrieben wird – ist wie das alte Kornisch mit Kymrisch (englisch Walisisch) und Bretonisch verwandt.

Wie auch immer: Diejenigen, die Kornisch können, kann man gefühlt an einer Hand abzählen, aber „Cornishmen“ sind alle, bis auf die Zugereisten. In Falmouth wohnen um die 20 000 Menschen, doch die arbeiten längst nicht mehr wie früher im Hafen, rühmen ihn aber wie eh und je als den drittgrößten Naturhafen des Empire (also der Welt). Weltumsegler wie Francis Chichester, ein Sir, der als Macher die ersten Transatlantik-Regatta OSTAR mitinitiierte und als Einhand-Weltumsegler gilt, und Ellen MacArthur, die einst sogar die schnellste Einhand-Weltumseglerin war und immer noch eine Dame ist, starteten von hier aus tolle Törns.

Berühmte Söhne der Stadt haben ebenfalls mit der See zu tun. Edward Boscawen, ein Admiral, der von 1711 bis 1761 lebte, und „den Blumenflor der See“ sammelte, oder Douglas Reeman, ebenfalls Admiral, der von 1760 bis 1815 lebte. Sie alle segelten an der Festung Pendennis Castle, laut Wikipedia „zwischen 1539 und 1545 errichten, um die Einfahrt zum Fluss namens Fal zu bewachen und die Carrick Roads bei Falmouth gegen mögliche französischen und spanischen Angriffe zu verteidigen“, vorbei. Deren Besatzung wehrte sich besonders heftig im englischen Bürgerkrieg. Doch am Ende mussten sich die abgemagerten Männer und Frauen ergeben und die letzte Burg der Royalisten fiel „in die Hände der Roundheads, also der Parlamentarier, die mit ihrer Kurzhaarfrisur sowie mit Worten und Waffen gegen König Karl I. und die Cavaliers kämpften. Auch an diesen Teil der Geschichte der Insel wird in Falmouth erinnert. Das vom English Heritage verwaltete Castle an der Küste, eine Rundburg mit Batterien, lohnt einen Besuch, um einen Einblick in diese Geschichte zu gewinnen und den Ausblick von hoch oben über den Kanal, die Küste, die große Buch, die kleinere Schwesterburg St Mawes Castle (kornisch Kastel Lannvowsedhan) an der Ostseite des River Fal und Falmouth zu genießen. Empfehlenswert ist nicht nur ein Rundgang auf der Straße, die einmal rundherum führt, sondern eine Wanderung auf dem Coast Path bis Pendennis Head.

Für alle Besucher von Falmouth, die es sportlich lieben, empfehlen wir das Ships & Castles Leisure Centre. Wer weiter wandern will, der geht auf der Burgstraße zur Cliff Road. Die führt direkt am Wasser entlang – links unten das Meer, also den Ärmelkanal, der in die Keltische See bzw. den Nordatlantischen Ozean übergeht, und rechts oben die Häuser, darunter Hotels und B&B`s, alle mit Garten – vorbei am winzigen Castle Beach bis zu einem besseren Strand, der Gyllyngvase Beach. Neben Sonnenbaden ist Baden im Meer möglich. Auf dem sandigen Strand kann man bis ins frische Wasser. Wer weiter wandern will, der gehe immer den Castle Path entlang bis zur Swanpool Beach. Von dort aus kann man zu Fuß an der Falmouth University zurück zum Stadtkern am Hafen. Die Hauptstraßen sind und bleibt eine lange Straße am Hafen, die als Market Street beginnt und als Church Street sowie Arwenack Street quasi bis zum National Maritim Museum Cornwall führt. Diese „eine“ Straße ist die Einkaufsstraße der Stadt.

Das National Maritim Museum Cornwall ist ein Art Außenstelle des berühmten National Maritime Museum in Greenwich bei London und ein Must-See. Dort wird nicht nur die See als solche, sondern auch die Nautik erklärt. Zur Schifffahrtskunde gehört auch das Betrachten der Boote, pardon: der Schiffe. Viel ist zu hören von alten Seeleuten über die Geschichte und Gegenwart der Seefahrt und Fischerei und ihre Bedeutung für das Empire, England und Cornwall im Allgemeinen und Falmouth im Besonderen. Ein angenehmer älterer Mann fragte uns, ob er uns etwas darüber erzählen solle. Wir bejahten und er legte los. Planen Sie für den Besuch des Museums einen Tag ein, den Sie mit diesen Begegnungen der besonderen Art nicht vergessen werden. Bereits das Gebäude, das von den Architekten Long & Kentish entwickelt und außen von Arbeitern mit Holz, dass von der Sonne ganz grau geworden ist, verkleidet wurde, will beachtet werden. Das großartige Gebäude besteht im Wesentlichen aus Granit, Schiefer und grüne Eiche.

Zumindest trägt das maritime Museum dazu bei, die Bekanntheit der Carrick Roads und von Falmouth als ein maritime Zentrum der Welt zu erhalten und Touristen ins Land und in die Stadt zu locken. Beispielsweise läuft derzeit eine Ausstellung mit dem Titel „Die Wahrheit über Wikinger“ und zwar bis Ende des Jahres. Diesen Monat ist noch eine Ausstellung über die Tragödie des kleinen Kreuzers Darlwyne zu sehen. Das Schiff verschwand mit 31 Männern, Frauen und Kindern an Bord spurlos vor der Küste Cornwalls.

Nach dem Besuch des Museums läuft man ein paar Schritte und lässt den Tag in einem der Hafenkneipen ausklingen. Über 30 teils prächtige Pubs locken. Wie wäre es mit dem ortsälesten Pub namens The Grapes oder den Pubs Chainlocker und Shipwrights direkt am Hafen mit Blick aufs Wasser? So etwas sucht man in Liverpool und London vergebens. Prost! Auf Cornwall!

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