Traumtag und Traumstrände – Serie: Lob der Langsamkeit auf MS Sans Souci (Teil 4/24)

Morgendliche Sonnaufgangs-Beobachter an Deck. © Foto/BU: Dr. Peer Schmidt-Walther, 2017

Hennigsdorf, Deutschland (MaDeRe). Hennigsdorf glänzt mit Geschwindigkeit: nagelneue ICE-Züge aus der traditionsreichen Lokomotivschmiede warten neben dem Kanal auf ihren schnellen Einsatz. Und über die Brücken des Autobahnrings brettern Blechkolonnen. „Rein jar nischt kriegen se mit“, meint eine Berlinerin kopfschüttelnd und lobt die beschauliche Langsamkeit „ihres Dampfers“.

Die „Herren der Schöpfung“ delektieren sich derweil an sparsam bekleideten „Gänseblümchen“. Die „sprießen“ an diesem Traumtag bikiniknapp auf gelb leuchtenden Traumstränden – dort, wo märkischer Sand von seinen Kiefern entblößt worden ist. Ein beleibter Petri-Jünger wärmt seine Rundungen genüsslich in der Sonne. „Dir hat der Arzt wohl Sport verordnet“, ruft jemand hinüber und alle lachen. Dicht an dicht aufgereihte Laubenpieper-Hütten gewähren intime Einblicke in sonntägliche Frühstücks-Idyllen. Die Gartenbewegung hatte hier in den zwanziger Jahren ihren Ursprung und nennt sich heute wie damals „Eden“.

Bei der Einfahrt in die Schleuse Oranienburg-Lehnitz tropft es vom hochgezogenen Tor: eine unplanmäßige Taufe mit Havel-Wasser.

Vor den Brückenpassagen haben die Matrosen die Reling umgelegt. Kapitän Grunewald versenkt sich immer wieder mitsamt seinem Ruderhaus. Angestrengt peilt er nach vorn. „Gleich wird´s gaaanz knapp“, weiß er und warnt noch einmal seine Passagiere davor, auf das gesperrte Oberdeck zu kommen: „Das Beschädigen der Brücke ist bei Strafe verboten“, scherzt er. Bei einer etwas höheren Konstruktion freut sich eine Frau über ihren geduckten Mann: „Endlich bist du mal ganz klein!“ Der umfangreicher Herr neben ihnen verzieht sich vorsichtshalber gleich nach unten: „Bei meinem Bauch kann ich mich nicht bücken.“

Tiefe Kratzspuren am Brückenbeton zeugen von unsanfteren Annäherungen weniger glückhafter Schiffe.

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