San Pedro da Atacama, Chile (MaDeRe). Der Wecker klingelte drei Uhr morgens. Für einen Urlaubstag eine ungewöhnliche Zeit. Doch wir hatten es so gewollt. Wir haben in dem kleinen Ort San Pedro da Atacama im Norden Chiles Station gemacht – einer Oase mit rund 2.000 Einwohnern. Neben Chilenen und Gastarbeitern aus dem benachbarten Bolivien und Peru leben auch etwa 100 Indigenas hier. Die dem Ort ihren Namen gehende Atacama-Wüste im Norden des Landes zählt zu den trockensten Flecken der Erde. Wer hier wohnt ist froh, wenn er einmal im Leben Regen erleben kann.
Die Trockenheit ist überall zu sehen und zu spüren. Die Touristen, für die die Zeit ihres Aufenthaltes viel zu kurz für eine Akklimatisierung ist, merken es bereits am ersten Tag ~ ständig haben sie trockene Lippen und Durst. Aber auch unzählige winzige Sandkörner, durch jeden noch so kleinen Windstoß in die Luft gewirbelt, werden fast zur Plage.
Am Abend einen Pisco Sour
Die Einwohner des Ortes, die ihren Lebensunterhalt nahezu ausschließlich von den Ausgaben der Touristen bestreiten, gießen in regelmäßigen Abständen ein wenig Wasser auf die unbefestigten Lehmstraßen, so dass es im Schatten der ebenerdigen Gebäude vorübergehend etwas kühler wird. Nahezu alle Häuser sind aus Lehm gebaut. Lediglich die Hotels machen eine Ausnahme, obwohl sie sich in ihrer Architektur absolut dem hier vorherrschenden Baustil anpassen. San Pedro da Atacama hat einige Hosterias, in deren Innenhöfen man abends in angenehmer Atmosphäre essen oder einen der für Chile typischen Pisco Chile Sour trinken kann. In der Mitte der Höfe brennt meist ein Lagerfeuer, an dem man sich abends, wen die Temperaturen, die tagsüber zwischen 23 und 28 Grad schwanken, in den einstelligen Bereich zurückgehen, wärmen kann.
Obwohl San Pedro da Atacama täglich einige hundert Touristen beherbergt, ist in den Straßen des Ortes tagsüber kaum ein Laut zu hören. Lediglich dann, wenn die Reisenden zu Exkursionen aufbrechen wird die Ruhe durch Autorlärm und Staubwolken unterbrochen.
Baden in 4.400 m Höhe
Auch auf uns wartete am bewussten Morgen ein achtsitziger Toyota, der uns zu den El Tatio Geysiren bringen sollte. Drei Stunden dauerte die Fahrt durch die Finsternis. Als wir kurz vor Sonnenaufgang die in 4.400 Meier Höhe gelegenen Geysire erreichten, waren wir von den Schlaglöcher und Querrinnen ziemlich durchgeschüttelt. Doch was wir dann erlebten. ließ uns die unbequeme Anfahrt schnell vergessen. In einem weiten Talkessel umgeben von mehreren er erloschenen, bis knapp 6.000 Meter hohen Vulkanen dampfte und zischte es aus vielen kleinen und größeren Erdlöchern, die an ihren Rändern von einer Eiskruste umgeben war. Bei einer morgendlichen Lufttemperatur von minus zehn Grad kein Wunder. Je mehr die aufgehende Sonne die Schatter der Berge aus dem Tal vertrieb, desto kräftiger und größer wurden die Heißwasser-Fontänen. Bis sie dann, von der Wärme der Sonnenstrahlen zusammengedrückt, in sich zusammenfielen. Nach 30 bis 45 Minuten war alles vorbei.
Pro Jahr 1 Millimeter
Wer sich in der unmittelbaren Nähe der Geysire noch nicht richtig hatte erwärmen können, für den gab es in 4400 Meter Höhe noch eine besondere „Wärmflasche“. Einer der Geysire entlässt sein Wasser in eine ca. fünfmal zehn Meter große natürlich Badewanne.
Auf der Rückfahrt sieht man auf den kargen Hochgebirgsweiden des Öfteren Vicunas, eine kleine Lamarasse. Mit Glück kann man auch eine Llaret-Hartpolster-Pflanze sehen, die die Oberfläche größerer Steine bewächst. Die Blätter und Zweige dieser kleinwüchsigen Pflanze besitzen fast die Festigkeit eines Steines. Im holzarmen Gebiet der Atacama wurde sie in der Vergangenheit als Feuerholz genutzt. Pro Jahr wächst die Pflanze, die inzwischen unter Naturschutz steht, gerade mal zwei bis drei Millimeter.
Da NASA war auch da
Neben den El Tatio Geysiren bietet San Pedro seinen Besuchern noch manch andere Sehenswürdigkeit. Im Ort selbst sind es eine Kirche, die aus Kaktusholz gebaut worden ist, und ein kleines Museum, in dem man die Bestattungstechniken der Indigenas bewundern kann. Die trockene Luft ist ein hervorragender Konservierungshelfer. Mit dem Auto oder auch per Mountainbike ist das „Valle de la Luna“ zu erreichen. Das Tal des Mondes entspricht seinem Namen so eindringlich, dass es die NASA als Trainingsgelände für ihre Mondlandung nutzte. Nicht viel anders verhält es sich mit dem Valle del Diablo. Dessen Landschaft mit den Salzbergen und Sanddünen, die beim Sonnenuntergang dunkelrot glitzern, bietet die beste Kulisse für einen Science-Fiction- Film. Nur mit Auto oder Bus zu erreichen ist der ››Salar de Atacama«, ein riesiger Salzsee, dessen Oberfläche fast vollständig aus kleinen und größeren Salzbrocken besteht. Einige wenige offene Restwasserflächen bieten Lebensraum für zwei Flamingo-Arten. Mit einer Fläche von 320 Quadratkilometern ist der See fast dreimal so groß wie die Müritz.
Anmerkung:
Vorstehende Reportage von Peter Hermann wurde unter dem Titel „Einmal im Leben Regen – San Pedro da Atacama in Chile hat neben extremer Trockenheit auch viel heißes Wasser“ am 21.2.2020 im WELTEXPRESS erstveröffentlicht.