Regensburg, Deutschland (MaDeRe). Crew-Vorstellung in der Lounge vor dem Gala-Begrüßungs-Abendessen, normalerweise in einer, jetzt in zwei Gruppen. Kreuzfahrtleiter Ferdinand Selig gibt sein Bestes und sprüht vor guter Laune. Die Gäste sind entzückt. Die nächste Show kommt bald: mit der Einfahrt in die erste Schleuse. Alle Rang-Plätze auf dem Vor- und Achterdeck – das Oberdeck ist wegen zu niedriger Brücken gesperrt – sind komplett belegt, besonders die unter den Heizsonnen, denn es ist schon herbstlich kühl.
Behutsam fädelt der Kapitän seinen „Dampfer“ in die schiffsenge Kammer ein. Dass dabei auch mal leicht die Schleusenwände touchiert werden können und Gläser ins Schwanken geraten, ist normal. Aber das Manöver bleibt sanft wie in allen 51 folgenden Schleusen bis Frankfurt.
Nach dem portionsmäßig wohldosierten Fünf-Gänge-Menü, das auf weitere Gaumenfreuden hoffen lässt, herrscht Ruhe im Schiff, nur der mächtige Strom gluckert seine Fans in den Schlaf und dem ersten Urlaubstag entgegen. Da kann man nur träumen von einer „inspirierenden Zeit auf dem Wasser“, wie es die Ferdinand Selig formuliert, und dass man mit jedem Flusskilometer mehr Abstand von der Hektik des Alltags gewinnen möge: Wenn „malerische Dörfer“ erlebt werden, „pulsierende Metropolen, mittelalterliche Burgen und Landschaften, die in ihrer ganz eigenen, naturgegebenen Geschwindigkeit an Ihnen vorbei ziehen – , der Strömung des Wassers“.
Noch vor Sonnenaufgang das erste Highlight des Tages an: Walhalla, ein deutsches Symbol. Hoch oben auf einem Berg thront der weiße Marmortempel, dem Athener Parthenon-Tempel nachempfunden. König Ludwig I. ließ die legendäre Ruhmeshalle im 19. Jahrhundert errichten. Nach wie vor ist sie so etwas wie ein Wallfahrtsort, um 128 Büsten von Persönlichkeiten der deutschen und europäischen Geschichte zu bestaunen.
Voraus die zwei mächtigen grauen Türme des St. Peter Doms; an Backbord ein künstlicher Sandstrand. „Willkommen in Regensburg, dem größten Schifffahrtshafen Bayerns!“, begrüßt ein Schild in Riesenlettern die Kreuzfahrer. Regensburg liegt den Gästen quasi zu Füßen, der nördlichste Punkt der Donau. „Die Stadt in der Oberpfalz“, doziert „Ferdi“ übers Mikrofon mit sanfter Stimme, „hat eine klassische Pfortenlage an einer Übergangsstelle zwischen topografischer Enge und Weite. Die Donau verlässt hier das Hügel- und Bergland und fließt in die Gäubodenebene.“
Die berühmten Würstel mit Sauerkraut in der „Wurstküche“ zu probieren, sei ein Muss, empfiehlt er und gibt eine gut gemeinte „Warnung“ mit auf den Weg in die fußläufig erreichbare Altstadt: „Sie werden sich in Regensburg verlieben!“
Wie schon Viele zuvor, die sich haben verführen lassen von „sympathischen Menschen, verlockenden Aussichten, faszinierenden Bauwerken und dem unvergleichlichen Charme, der Regensburgs Gassen und Plätze ausfüllt“, heißt es in einem städtischen Faltblatt. Verlockend und ganz real!
Neben dem 16-bogigen „Weltwunder Steinerne Brücke“ aus dem 12. Jahrhundert kämpfen jugendliche Ritter mit Schwertern, genießen Bürger und Gäste ihre Maß trotz kühler Temperatur im Biergarten, dazu wird fröhlich musiziert. Auf der Speisekarte liest man: „Eiskoide Hoibe mit koide Schoklad“. Alles klar?
„Wir feiern den vierzehnten Jahrestag, dass Regensburg UNESCO-Welterbestadt geworden ist“, erklärt ein Maler, der vor seiner Staffelei sitzt und die Silhouette der Donaumetropole skizziert, das bunte Treiben. „Ein Glück“, freut er sich, „dass die Stadt in den sechziger Jahren kein Geld hatte!“ Damals hätte man viel von der alten Bausubstanz zerstört. Dank Geld und Denkmalschutz konnte man später fast alle 1200 historischen Häuser vor dem Verfall retten“. Im Zweiten Weltkrieg von Zerstörungen weitgehend verschont – bis auf die Messerschmidt-Flugzeugwerke außerhalb -, gilt die frühere Handelsmetropole Regensburg mit ihren Patrizierhäusern, Kirchen und Geschlechtertürmen heute als die einzige und besterhaltene mittelalterliche Großstadt Deutschlands. St. Peter, der gotische Dom, ist ihr unumstrittenes geistliches Zentrum.
Vom Alten Rathaus aus machte Regensburg Geschichte. Von hier aus riefen die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation ihre Statthalter zu den Reichstagen, um sich zu beratschlagen. Die sprichwörtlichen langen Bänke, auf die etwas geschoben und grünen Tische, an denen Beschlüsse gefasst wurden, sind dort noch heute zu sehen.
Anmerkung:
Die Recherche wurde von Nicko Cruises unterstützt.