Kemi, Finnland (MaDeRe). Auslaufen bei mittäglich schummrigem Polarlicht. Ohne den 33.000-PS-Eisbrecher „Kontio“. Der Kraftmeier, auf Warteposition vor dem Papierhafen, kennt seine Pappenheimer. „Manchmal“, berichtet Erster Offizier Jörgen nicht ohne Stolz, „bitten die uns sogar um Amtshilfe, wenn sie keine Zeit haben. Da fahren wir dann als Hilfseisbrecher vornweg.“
Stukend arbeitet sich das Schiff Meter für Meter in der eigenen, aber längst wieder geschlossenen Rinne voran. Mit „Voll voraus!“ legt sich „Tundraland“ bebend ins Geschirr. Sie rüttelt und schlägt wie eine schlingernde Straßenbahn in ausgefahrenen Gleisen. Wasser-Eis-Fontänen explodieren unter dem Anprall und werden meterhoch geschleudert. Nicht mehr lange, dann herrscht eisige Stille. Festgefahren in einer engen Fahrwasserkurve. „Mit so einem langen Schiff“, erklärt Kapitän und Ski-Fan Kristian, „kann man nicht einfach durchs Eis wedeln, da gibt´s zu viel seitlichen Widerstand“.
Spricht´s und schiebt den blau-weißen Riesen sanft rückwärts, nimmt Anlauf und dreht das Schiff mit zwei Fingern über den Joystick nach Steuerbord. Unter der Vieltausendtonnen-Wucht reißt die weiße Decke krachend auf und lässt grün-schwarzes Wasser aufs Eis sprudeln. Hin und wieder nutzt das eine Robbe zum schnellen Abtauchen. In der Ferne zieht eine Kolonne Elche ungerührt übers Eis.
Waagerecht heransegelnde Schneeflocken und Dunkelheit nehmen vollends die Sicht. Drei Scheinwerfer bohren sich zitternd in die weiß gesprenkelte Finsternis und hellen die polare Szenerie auf. Wegweiser in der gebrochenen und wieder gefrorenen Rinne. „Bei zu viel Minusgraden backt das wieder zusammen, manchmal ist das schlimmer als vorher“, weiß Kristian aus langjähriger Eis-Erfahrung, „dann fordern sogar wir einen Eisbrecher an“.