Vancouver, Toronto, Kanada (MaDeRe). Nachdem die Waggon-Stewardess unser Sitzabteil zu zwei Kojen umfunktioniert hat, sitzen wir auf Bett und starren in die Nacht. Die Lok heult ihr fast pausenloses Hornkonzert dazu, ein satter, weicher Ton, der wie Sehsuchts-Musik in den Ohren klingt. Glockenbimmeln kündigt dann einen Bahnübergang an, es schwillt an und wieder ab, grell rot blitzt der Warnlampenschein über die dunklen Abteilwände und blendet für Sekundenbruchteile.
Wir stoßen an auf diesen Eisenbahntraum. Nur der Mond schaut zu und spiegelt sich in einem See. Immer seltener durchbricht ein Fenster mit seinem warmen Licht Dunkelheit und Einsamkeit. Bis verschneite Berge an die Strecke heran rücken, die Finsternis aufhellen und die Wolken immer tiefer zu hängen scheinen. Uns fallen die Augen zu und wir in die Kojen. „Gemütlich!“, findet mein Frau, die dann aber doch Einschlafschwierigkeiten hat. „Die ungewohnten Geräusche“, meint sie am nächsten Morgen, als der Zug nach rund 390 Meilen vor Kamloops North abbremst und schließlich stoppt. Das geschieht später noch öfter, um die kilomerlangen, manchmal doppelstöckigen Güterzüge auf der teilweise eingleisigen Strecke durchzulassen. Unterm Strich ergibt das für uns absolute Ruhe zum Schlafnachholen. Manchmal über eine Stunde. Und niemand regt sich auf!
Nach dem Lokführerwechsel kommt der Zug wieder auf Touren, so dass die Verspätung bei Blue River, dem Ski-, Angel- und Outdoor-Zentrum der Region, wieder rausgefahren ist. Dann säumt dichter Wald die Strecke, die sich Kilometer um Kilometer am N Thompson River entlang schlängelt. Mal unten, mal oben. Mit traumhaften Ausblicken auf den wilden Fluss und die tief verschneite Berglandschaft. Nicht nur während des opulenten Frühstücks im Speisewagen, auch beim exzellenten Lunch und Dinner im Dining Car, dem Speisewagen. Die Karte kann sich mit jedem Vier-Sterne-Landrestaurant messen. An dieses leben auf Schienen kann man sich schnell gewöhnen.
Fotoreportage
Mehr Bilder in der Fotoreportage: Mit dem Canadian von Vancouver nach Toronto von Dr. Peer-Schmidt-Walther.