Lübeck, Deutschland (MaDeRe). Im Januar 2021 kurzfristig einen preiswerten Fährplatz von Deutschland nach Finnland zu bekommen, ist kein Problem, besonders zu Corona-Zeiten. „Da muss man schon ein bisschen verrückt sein“, meint die Dame am Finnlines-Telefon, und man sieht ihr förmlich ein schiefes Grinsen an. „Das Ticket bekommen Sie dann am Schalter vor der Abfahrt“, gibt sie mit auf den Weg und wünscht ironisch: „Na, dann mal frohes Zittern!“
Die Heckklappe der 218 Meter langen FINNLADY ist weit geöffnet. Es dauert noch, bis ein Kombi mit grell blinkenden Rundumleuchten eine Fahrzeugschlange nach dem anderen über das weitläufige Terminal mit seinen verschlungenen Pfaden in den Rachen der Ro-Pax (Güter-, Passagier-)-Fähre lotst. Überdies schluckt der 46.000-Tonnen-Riese auch noch jede Menge unbemannte Trailer und Lastzüge mit Fahrern. Insgesamt können Fahrzeuge auf 4,2 Kilometern Länge an Bord geparkt werden. Gewaltig!
Bepackt mit Proviant für zwei Wochen rollt der Wagen schließlich in Lübeck über die große Heckklappe auf den Frachter. Ringsum eingekeilt von werksfrischen, mit weißen Schutzfolien beklebten VW-Tiguan-Brüdern aus Wolfsburg. Die Begleitmusik in den riesigen Laderäumen ist infernalisch: Spannketten klirren, Motoren heulen auf, Reifen quietschen. Arbeitslärm eben.
Vor den Fahrstühlen zu den Passagierdecks staut sich nur eine Handvoll Finnland-Fahrer mit Sondergenehmigung und ihrem Bord-Handgepäck. Bald verschwindet die müde Meute in ihren Kammern, verschläft nach vielen Stunden Autofahrt das Auslaufmanöver um drei Uhr früh und freut sich auf den ersten Seetag. Vorher müssen allerdings noch die Uhren umgestellt werden, denn in an Bord gilt finnische Zeit, also eine Stunde plus. Man fährt ja schließlich nach Nordost.