Oranienburg, Deutschland (MaDeRe). Den schiffsschmalen Kanal säumt jetzt nur noch eine Wand aus schier undurchdringlichem Wald. „So stell´ ich mir eine Amazonasfahrt vor“, träumt eine Frau.
Aus dem „brasilianischen Dschungel“ gleiten wir übergangslos durch „Klein-Holland“: hinter dem Werbellin-Kanal säumen hohe Deiche das tief liegende, sumpfige Wiesenland am Rande des uckermärkischen Biosphärenreservats Schorfheide. Wildschweine wühlen hingebungsvoll in der Kanalböschung. „Das hab´ ich auch noch nicht gesehen“, meint ein Hamburger von diesem Anblick beeindruckt. „Und erst die fischenden Reiher aus der Vogelperspektive“, schwärmt seine Frau. Dazu zählt auch der Zug auf der Strecke Stralsund – Berlin, der plötzlich zehn Meter unterm Kiel durch den Tunnel donnert. Wir queren das Berlin-Eberswalder Urstromtal.
Kurzer Stopp in Eberswalde, denn die Busrundfahrer zieht es zur Zisterzienser-Klosterruine Chorin von 1334, gilt sie doch als eines der ältesten teilweise erhaltenen Bauwerke der Backsteingotik.
Großes Spektakel voraus. Schemenhaft zeichnet sich dahinter ein hohes Turmfiligran gegen den Abendhimmel ab: das Highlight des Tages Niederfinow.
Kreuzfahrtdirektorin Cathrin Fuhrmann, waschechte Stralsunderin, schöpft aus ihrem historischen Fundus: „Der Gedanke, Havel und Oder über das Urstromtal zu verbinden, entstand bereits um 1540. Am 21. Oktober 1603 begann man mit dem Bau eines Kanals samt elf Schleusen, in den das damals wirtschaftlich wichtige Flüsschen Finow einbezogen wurde. Während des Dreißigjährigen Krieges fiel er der Zerstörung anheim und versandete.“
Friedrich der Große ließ auf Bitten der Eberswalder durch seine Soldaten einen zweiten Kanal bauen, der 1746 in Betrieb genommen wurde. Mit Hilfe von 20 Schleusen, zwölf sind heute immer noch intakt, wurde die Talwasserscheide überwunden. Dank der Eröffnung des modernen Oder-Havel-Kanals verlor der Finow-Kanal an Bedeutung.