Eine Migranten-Metropole in dezenten Dosen geistreich dargeboten – Zum literarischen Reisebuch „London auf der Spur“ von Matthias Schatz

"London auf der Spurt" von Matthias Schatz. © Morio-Verlag in Mitteldeutscher Verlag

Berlin, Deutschland (MaDeRe). Das 216 Seiten umfassende Buch „London auf der Spur“ von Matthias Schatz ist wahrlich kein üblicher Reiseführer einer üblen Mischpoke, die in der und für die Reiseindustrie allerlei Mumpitz in Wort und Bild, Audio und Video produziert und sich selbst noch mehr, sondern Reiseliteratur, die eine Lücke füllt. Dazu heißt es auf der vierten Umschlagseite: „Wer sich für London interessiert und es besucht, will nicht unbedingt nach Programm Kirchen und Museen ‚abklappern‘. Viele möchten lieber die Atmosphäre der Stadt aufnehmen, in dem sie die Straßen entlang und über die Plätze schlendern, sich in ein Café oder Restaurant setzen und das Treiben beobachten. Was sich dort wie und warum abspielt, steht jedoch selten im Mittelpunkt von Reisebüchern.“

Matthias Schatz füllt mit seinem kulturgeschichtlichen Stadtführer entlang charakteristischen Straßen, Wegen und Plätzen, die einen berühmt, die anderen wenig bekannt, gleich 30 Lücken. Daß „die feuilletonistischen und kulturhistorischen Texte … deren Bedeutung und Funktion im Geflecht der Weltmetropole“ verdeutlichen „und für signifikante Aspekte Londons“ stehen würde, das wird nicht unerwähnt gelassen. Verschweigen will ich nicht, daß dessen literarisches Reisebuch mit allen Wegen, die dafür bestritten und beschritten werden mußten, nicht mit den Wanderungen durch die Mark Brandenburg eines Theodor Fontane oder den Lehr- und Wanderjahren eines Johann Wolfgang von Goethe im Allgemeinen sowie seiner Italienreise im Besonderen zu vergleichen ist, vom „Spaziergang nach Syrakus im Jahr 1802, 1803“ des Herrn Johann Gottfried Seume ganz zu schweigen. Auch mit dem unter dem Titel „Die Stimmen von Marrakesch“ aufgelegten Aufzeichnungen nach einer Reise von Elias Canetti oder der halbdokumentarische Reisebericht von Heinrich Böll in „Irisches Tagebuch“ steht das Reisebuch „London auf der Spur“ nicht auf einer Stufe, aber in dieses Bücherregal darf man die Schatzsuche nach „Londons DNA“ durchaus einreihen.

Schatz schreibt, daß London eine Weltmetropole sei. Für mich ist der Moloch, den ich gerne Groß-London nenne, eine Migranten-Metropole. Die mag „Außenbezirke“ haben und mit dem Trafalgar Square auch einen „kartografischen und gefühlten Mittelpunkt“, doch den erkannte ich bei meinen mehr als ein Dutzend Begehungen vielleicht vor lauter Touristen, die nicht oft gerade leise sind, nicht als „Platz des Volkes“ – auch nicht bei Protesten in Form von Fußtritten gegen den Asphalt und Kundgebungen oder Feten und Festen mit Musik genanntem Krach. Vielmehr würde ich diesen nach einer Schlacht benannten Platz, durch welche die Bourgeoisie dass VK als Leviathan, der längst von den VSA ins Beiboot verwiesen wurde, ins Werk und in Wert setzte, wie andere Plätze in Groß-London als einen der Kriege, der Ware und des Spektakels beschreiben, aber jeder wie er will, kann und darf.

Bibliographische Angaben:

Matthias Schatz, London auf der Spur, Kulturgeschichtlicher Stadtführer zu 30 Straßen, Wegen und Plätzen216 Seiten, Farbillustrationen von Matthias Dettmann, Bindung: fester Einband mit Lesebändchen, Format: 135 x 210 mm, Marke: Morio-Verlag, Heidelberg, Verlag: Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale), 1. Auflage März 2024, ISBN: 978-3-949749-11-7, Preise: 28 EUR (Deutschland), 28,80 EUR (Österreich), 39,20 sFr

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