Bangkok, Thailand (MaDeRe). Ausgestattet mit klassischer Noblesse steht der „Eastern & Oriental Express“ für stilvolles Reisen.
Elefanten sind auch nur Menschen. Manchmal sogar solche, die es faustdick hinter den Ohren haben bis hin zum Schalk im Nacken. Soeben erheben sich die massigen Tiere nach ausgelassenem Badespaß behäbig aus ihrer mit Flusswasser randvoll gefüllten Urwald-Badewanne. Als Abschluss einer alltäglichen rituellen Waschung, wobei noch niemand ahnt, dass einige von ihnen heimlich eine Rüsselfüllung Duschwasser mit sich führen. Etwa um all jene an den eigenen Badefreuden teilhaben zu lassen, die soeben noch, einer Dschungelpatrouille gleich, auf ihren massigen Rücken rhythmisch schaukelnd das Urwalddickicht durchquerten? Die schrillen Schreie bei der unverhofft herab sprühenden kalten Dusche zeugen von einer gelungenen Überraschung.
Arbeitslose Arbeitselefanten
Eine wahre Elefantenidylle, verglichen mit dem Dickhäuter-Dasein noch vor gut zwanzig Jahren! Es war jene Zeit, so erinnert sich Elefantenforscher Richard Lair, als hier in Nordthailand noch an die dreitausend Arbeitselefanten mit dem Abtransport dicker Teakholzstämme aus dem Unterholz des Dschungels die Holzindustrie in Schwung hielten. Bis zum Tage jenes Arbeitsverbots, das solcher tierischen Schufterei per Gesetz für immer ein Ende bereitete.
Von heute auf morgen arbeitslos, fanden sechzig dieser durchtrainierten Akkordarbeiter Unterschlupf im „Thai Elephant Conservation Center“ von Lampang. Für sie kein schlechter Tausch. Denn mit Elefantenhospital, Elefantenkantine und Elefanten-Wellnessbereich entwickelte sich das Zentrum schnell zu einer Art „Elefanten Country Club für gehobene Ansprüche“, wie Mitinitiator Richard amüsiert feststellt.
Kreativität der Dickhäuter?
Doch damit nicht genug. Denn als „Elefantenflüsterer“ mit domestizierten Elefanten bestens vertraut, legte er unlängst sogar noch ein Kulturprogramm für sie auf. Zunächst mit Malkursen, die die Tiere heute befähigen, durch Ausnutzung natürlicher Bewegungsabläufe ihres Rüssels ansehnliche bunte Bilder zu malen, gegenständlich oder abstrakt.
Beseelt von diesem künstlerischen Erfolg und im Vertrauen auf die erahnten musikalischen Fähigkeiten seiner Schützlinge, gründete Richard anschließend sogleich ein ganzes Elefantenorchester. Dieses beherrscht inzwischen sogar Beethovens „Ode an die Freude“, wie die bereits eingespielte Elefanten-CD beweist. Eine ureigene Elefanten-Kreativität oder nur die unauffällige Nachhilfe durch die stets bei ihren Tieren präsenten Mahouts? Wie auch immer: das Ergebnis ist nicht nur respektabel, sondern zugleich auch höchst amüsant.
Zugwaggons mit Legendenstatus
Natürlich ist Lampang mit seinem Elefantenzentrum nur eine der Stationen an der Strecke des legendären „Eastern & Oriental Express“. Seit mehr als zwanzig Jahren ist er bereits unterwegs, um mit unterschiedlichen Zielen zwischen Singapur und Vientiane den Schätzen des Fernen Ostens auf die Spur zu kommen. Vor allem jedoch, um seinen Gästen die Seele Thailands in all ihren Facetten ein Stück näher zu bringen. In Waggons, die wegen ihrer edlen Holz-Einlegearbeiten im Stil des vorletzten Jahrhunderts selbst schon Legendenstatus erworben haben. Dazu die eleganten Speisewagen und der stilvoll gestaltete Salonwagen, in dem man sich bei guter musikalischer Unterhaltung durch den aus vollem Repertoire schöpfenden Pianisten Peter Consigliese im Gespräch schnell näher kommt.
Doch zwischendurch zieht es die Zugpassagiere immer wieder ans Ende dieser elegant sich windenden eisernen Schlange. Denn dort gibt ein Aussichtswaggon den Blick frei auf die exotisch anmutende thailändische Landschaft mit ihren Reisfeldern und Urwäldern. Von hier aus möchte jeder im Vorüberfahren etwas erhaschen von der Seele dieses bereits auf den ersten Blick sympathisch erscheinenden Königreichs. Wie mag es wohl erst zugehen in den dörflichen Zentren der Provinz Isan, wo sich nun im Anschluss an die Reisernte das wahre ländliche Leben ankündigt? Leicht gelingt es Tim Bewer, der nicht nur als Autor dem Land schon seit vielen Jahren die Treue hält, die Neugierde zu wecken.
Dorfidylle und Tanzästhetik
So wirkt das Dorf Ban Maichamuak unweit des Schienenstranges am nächsten Morgen wie eine Offenbarung bei der Suche nach der Seele des Landes. Zeigt diese sich aber mehr im Religiösen, wie während der feierlichen Segnungszeremonie Bai Sii, bei der den Besuchern des buddhistischen Tempels zum Klang sonorer Wunschformeln heilige Bänder um das Handgelenk geschlungen werden? Oder eher im Rustikalen, wenn an Maulbeerblättern nagende Seidenraupen darauf warten, auf traditionelle Weise zu Rohseide verarbeitet und anschließend versponnen zu werden? Oder gar im Tänzerischen, wenn Kinder im dörflichen Kindergarten den Gästen eine Tanzshow präsentieren, die beweist, wie sehr den Thais die formvollendete Bewegung im Blut steckt?
Unübertroffen beweist dies am gleichen Abend die groß angelegte Tanzvorführung vor den respektablen Ruinen des Khmer-Tempels von Sikhoraphoum. An seinem Eingangsbereich präsentieren sich die Tänzerinnen und Tänzer in einem langen Begrüßungsspalier, bevor sie sich, angeführt von zwei dekorierten Tempelelefanten, dem Ziel ihres Auftritts nähern: dem rötlich in der Abendsonne schimmernden Shiva-Tempel, der in seiner charakteristischen Fünftürmigkeit sogar als das Vorbild für den Tempelkomplex von Angkor What gilt. Eine wundervolle Kulisse für die Anmut und ästhetische Vollendung der Bewegung, wie sie in immer neuen tänzerischen Formationen kein Ende nehmen will.
Lady Di in Chiang Mai
Nach dem Ausflug in den Nordosten führt der holprige Schmalspur-Schienenstrang – vorbei an der einstigen politischen Zentren Ayuthaya und Sukothai – hinauf nach Chiang Mai, der nach Bangkok heute zweitgrößten Stadt des Landes. Längst hat sich die trockene Savannenlandschaft in einen üppigen Regenurwald verwandelt, der nun mit den unterschiedlichsten Grüntönen seiner Bäume und Farne den Weg des „Eastern & Oriental Express“ säumt.
Und auch hier in der einstigen nördlichen Hauptstadt des Landes ist es neben den unzähligen buddhistischen Tempeln wieder das heimische Handwerk, das in seiner unglaublich perfektionierten Form das Interesse auf sich zieht. Sam, der einst vom „Tempeljungen“ zum Touristenführer aufstieg, weiß natürlich, wo er es findet: von den fein ziselierten Schnitzarbeiten über die dekorativ verzierten Papierschirme bis hin zu der Thai-Seide, wie man sie nirgendwo feiner und zarter entdecken kann. Selbst Lady Di soll sich einst bei ihrem Besuch höchst beeindruckt gezeigt haben.
Nationalpark und Traditionshotel
Irgendwann kündigt sich das Ende der einwöchigen Bahnreise an. Einen abschließenden Höhepunkt bietet, kurz vor den Toren Bangkoks, der „Khao Yai-Nationalpark“, dessen Anziehungskraft besonders am Wochenende bis weit in die Hauptstadt hineinreicht. Antony Lynam kennt als Mitglied der „Wildlife Conservation Society“ jeden Schleichpfad und macht bei der Wanderung entlang den in Nebelschwaden eingehüllten Berghängen aufmerksam auf das bunte Stimmengewirr der unter dem Blätterdach versteckten Urwaldbewohner.
Zurück in Bangkok, schließt sich der Kreis. Hier verraten riesige Hoteltürme etwas über den Bauboom, der in den letzten Jahren über die Stadt hinweggefegt ist. Nur ein Hotel ragt mit seiner weit ins 19. Jahrhundert zurück liegenden Tradition aus der Kulisse des sich behäbig dahin wälzenden Chao Phraya-Flusses heraus. Es ist das Mandarin Oriental, das stets von seiner respektablen Tradition lebte. Beherbergte es doch, wie PR-Managerin Karn Puntuhong voller Stolz betont, literarische Größen wie Joseph Conrad und Somerset Maugham, an die – neben ihren einstigen Suiten – heute noch die im alten Kolonialstil gehaltene Authors’ Lounge erinnert.
Klong-Phahlbauten und Neujahrsfest
Was liegt da näher, als von hier aus in einem der traditionellen Langboote mit Außenbordmotor die legendären alten Klongs zu erforschen. Auch sie vermitteln mit ihren hölzernen Pfahlbauten im Umfeld des „Tempels der Morgenröte“ einen Eindruck vom Bangkok, wie es einmal war. Dieser Meinung jedenfalls ist Buchautor Steve van Beek, der sich als Zugereister seit über zwanzig Jahren mit den Flusssystemen Thailands und vor allem seiner Hauptstadt Bangkok auseinander setzt.
Sie sind ein Ort der Ruhe und Entspannung. Damit bilden sie eine Alternative zu dem auf der anderen Flussseite liegenden Chinatown, in dem an diesem sonnigen Februar-Nachmittag beim chinesischen Neujahrsfest das Jahr der Schlange lautstark begrüßt wird. Thailand, soviel wird klar, hat viele Seelen. Die schönste davon jedoch ist das freundliche Wesen seiner Bewohner, das seit jeher aus dieser fernöstlichen Region ein „Land des Lächelns“ hat werden lassen.
Fotoreportage
Mehr Bilder zum Beitrag in der Fotoreportage: Eine Zugreise durch das „Land des Lächelns“ von Dr. Bernd Kregel.
Reiseinformationen „Nordthailand / E&O“:
Anreise: Günstig mit Air France und KLM. Beide bieten ab 10 deutschen Flughäfen über die Drehkreuze Paris-Charles de Gaulle und Amsterdam-Schiphol Verbindungen zu 23 Destinationen in Asien an, z.B. Paris-Bangkok 5x und Amsterdam-Bangkok 7x pro Woche. www.airfrance.de und www.klm.de
Einreise: Erforderlich ist ein noch mindestens 6 Monate gültiger Reisepass; kein Visum unter 30 Tage Aufenthalt.
Reiseverlauf: der beschriebenen Reise „Epic Thailand“ (7 Tage): Bangkok – Hin Dat – Sikhoraphoum – Phanom Rung – Chiang Mai – Lampang – Khao Yai – Bangkok; andere „Chronicles“-Reiserouten: „Fables of the Hills“ (Singapur – Kuala Lumpur – Vientiane) und „Tales of Laos“ (nach Vientiane)
Reisezeit: Nächster Abfahrtstermin „Epic Thailand“: 24.November 2013, also innerhalb der schönen Thailand-Reisezeit von Oktober bis März;
Unterkunft: Vor und nach der Bahnreise: „Mandarin Oriental“, Bangkok, www.mandarinoriental.com; im Zug in „State Cabins“
Auskunft: Info und Buchung: Orient-Express, www.orient-express.com
[…] Text zu den Bildern im Beitrag Auf der Suche nach Thailands Seele – Eine Zugreise durch das „Land des Lächelns“ von Dr. Bernd […]