Hamburg, Deutschland (MaDeRe). Hamburg hat sich nach New York und London zur drittgrößten Musical-Metropole der Welt entwickelt.
Hamburg, an Elbe und Alster gelegen, ist eigentlich ein Moloch – mit 1,9 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt Deutschlands und das oft zitierte „Tor zur Welt“. Die günstige geografische Lage machte die Freie und Hansestadt schon im Mittelalter zu einem bedeutenden Handelszentrum. Hamburg mit seinem Seehafen und dem Flughafen ist auch heute ein Knotenpunkt zwischen Nord und Süd, Ost und West. Mittlerweile haben sich die vielfältigsten Verbindungen in alle Welt ergeben – ein wichtiger Grund dafür, dass es in Hamburg heute 98 Generalkonsulate, Konsulate, Honorarkonsuln und Handelsvertretungen auswärtiger Staaten gibt – nur in New York und Hongkong gibt es einige mehr.
Mit dem Handel floriert auch die Wirtschaft – Arbeit gibt es genug in der Stadt und ihrem Speckgürtel. Es wird gut verdient, aber die Preise für Mieten und Bauland liegen extrem hoch. Für viele unbezahlbar, nicht nur entlang von Elbe und Alster. Doch Villa an Villa reihen sich hier aneinander. Reichtum offenbart sich mit einiger Noblesse. Doch nicht nur die besonders Begüterten erwarten in ihrer Stadt auch kulturelle und lukullische Erlebnisse. Nach jedem Geschmack, selbstverständlich. Da geht auch Currywurst mit Champagner. Rund 4400 Restaurants und Kneipen laden zur Einkehr ein.
Allerdings findet man sie weniger im Zentrum der Stadt – wenn man überhaupt von einem richtigen Zentrum sprechen kann. Das versteht man, wenn man weiß, dass Hamburg eigentlich aus einer Vielzahl von Dörfern besteht: Blankenese, Winterhude und wie sie alle heißen. Jedes dieser Dörfer ist heute ein eigener Stadtteil, hat sein eigenes Zentrum mit eigenen Kneipen.
Einer der interessantesten Stadtteile ist wohl die Speicherstadt, der weltgrößte historische Lagerhauskomplex am Hamburger Hafen, der nach Aufhebung der Zollfreigrenze aufwändig restauriert wurde. Die Speicher in neugotischer Backsteinarchitektur sind auf tausenden Eichenpfählen gegründet und haben jeweils auf der einen Seite die Anbindung ans Wasser und auf der anderen Seite an die Straße. Heute beherbergt die Speicherstadt Teppichhändler und Agenturen, Hotels und Restaurants, verschiedene Museen sowie die größte Modelleisenbahnanlage der Welt, das „Miniatur Wunderland“.
Der wohl der bekannteste Stadtteil von Hamburg ist St. Pauli – einst eine Art Vorstadt von Hamburg. Doch nicht immer waren hier Lust und Laune angesagt. Über Jahrhunderte hinweg wohnten in dem kargen Gebiet kaum Menschen. Lange musste St. Pauli um seine Anerkennung bei den Hamburgern kämpfen. Heute steht St. Pauli mit der Reeperbahn nicht nur für Strip-Shows und Erotikläden, sondern auch für Kunst und Kultur. Schon früh pflegten die Hamburger auf ihrer weltbekannten Amüsiermeile ein Faible für unterhaltsame Musik. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts entstanden hier Privattheater und Operettenhäuser, in denen auch Revuen und Musicals wie Freddy Quinns „Der Junge von St. Pauli“ aufgeführt wurden.
Im Jahre 1986 startete der Musical-Boom von Hamburg im Operettenhaus am Spielbudenplatz auf St. Pauli – mit der Deutschland-Premiere von „Cats“. Als 2001 der letzte Vorhang für dieses Musical um die Müllplatz-Katzen fiel, hatten es über 6,2 Millionen Zuschauer gesehen. Auch das „Phantom der Oper“, weltweit das erfolgreichste Musical aller Zeiten, war erstmals in Deutschland ab 1990 und bis 2001 auf einer Hamburger Bühne zu sehen – im eigens dafür erbauten Theater „Neue Flora“. Aus ganz Deutschland kamen Besucher nach Hamburg, um die zu Unrecht als Musik-Kitsch verpönten Musicals zu sehen.
Diese Erfolge zogen unter anderem das namhafte niederländische Unternehmen „Stage Entertainment“ an, das schließlich sein Hauptquartier in Hamburg, in der historischen Speicherstadt, aufgeschlagen hat. Stage-Gründer und Konzernchef Joop van den Ende übernahm 2001 das „Theater im Hafen“ gegenüber den Landungsbrücken und holte dorthin das bis heute wohl erfolgreichste Musical Hamburgs: Disneys „König der Löwen“ – mit der Musik von Elton John, grandiosen Bühnenbildern und überraschenden technischen Effekten.
2021 feierte das beliebte Musical seinen 20. Geburtstag; bislang konnten über 14 Millionen Zuschauer begrüßt werden. Bis heute ist beinahe jede der seither fast 8000 Vorstellungen mit mehr als 279 Darstellern aus über 40 Nationen ausverkauft. In Foyer und Restaurant des „Theaters im Hafen“ sowie auf dem sogenannten Musical-Boulevard sind Kunstwerke aus der Sammlung von Joop van den Ende zu sehen – so die beeindruckenden Skulpturen „Blue Nana“ und „Nana and Dolphin“ von Niki de Saint Phalle sowie die über sieben Meter hohe Bronzeplastik „Space Elephant“ von Salvador Dalí.
Seit September 2021 ist „Wicked – Das Musical“ mit den Hexen Glinda und Elphaba auf ihrer fantastischen Reise durch das Zauberreich von Oz im Stage Theater „Neue Flora“ Hamburg zu sehen. In dieses Haus hat Stage Entertainment, seit 2002 Eigentümer, auch verschiedene Uraufführungen geholt – darunter Kassenhits wie „Sister Act“, „Dirty Dancing“, „Tarzan“, „Tanz der Vampire“, „Mamma Mia“ und „Ich war noch niemals in New York“. Mit fast 2000 Plätzen ist die „Neue Flora“ eines der größten Theater Deutschlands. Ende 2021 konnten Anna und Elsa, nachdem sie bereits den Broadway erobert hatten, als Hauptdarstellerinnen der Musical-Adaption von Disneys „Eiskönigin“ im 2014 eröffneten „Stage Theater an der Elbe“ – direkt neben dem „Stage Theater im Hafen“ auf der Elbinsel Steinwerder gelegen – die Deutschland-Premiere feiern.
Ebenfalls seit Ende 2021 war das Tina-Turner-Musical wieder auf der Bühne im „Stage Operettenhaus“ auf St. Pauli zu erleben. Mit „Simply the Best“ ist dem Weltstar bereits zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt worden. Eindrucksvoll wird in diesem Musical ihre künstlerische Laufbahn mit ihren Höhen und Tiefen beleuchtet. Alle Widrigkeiten des Lebens, Diskriminierung und Gewalt, hat sie gemeistert und es zu einem der größten Stars aller Zeiten, der Queen of Rock, gebracht. Das Musical ist eine Hommage an die Ausnahmekünstlerin, phantastisch und authentisch gespielt, getanzt und gesungen von Aisata Blackman. Leider ist diese Show seit Mitte August 2022 in Hamburg nicht mehr im Programm. Sie wird aber in Stuttgart weitergeführt.
Wer demnächst Hamburg besucht und sich für Musicals interessiert: „Manna Mia“ ist am 11. September in die „Neue Flora“ zurückgekehrt. Und ebenfalls seit Herbst vergangenen Jahres ist die Premiere des Broadway-Erfolgsmusical „Hamilton“ im „Stage Operettenhaus“ der Hansestadt zu sehen. Am 6. Oktober startete das neue Musical – eine Hommage an den amerikanischen Gründervater Alexander Hamilton, seinen Aufstieg vom immigrierten Waisen zum ersten amerikanischen Finanzminister, seine Krisen und sein Tod im Duell mit Aaron Burr, Vizepräsident der Vereinigten Staaten unter Thomas Jefferson.