Sprudelnde Gesundheit – Eintauchen in Bad Kissingens fürstliche Welt

Residenzbau als Wahrzeichen . © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel Aufnahme: Bad Kissingen, 24.7.2010

Bad Kissingen, Deutschland (MaDeRe). Einst trennte er Welten und erhitzte die Gemüter. Noch heute erinnert der „Weißwurst-Äquator“ entlang der Main-Linie an den Zwist zwischen dem preußischen Norden und dem bayerischen Süden, der sich im Jahr 1866 sogar in einem blutigen Bürgerkrieg entlud. Dabei stießen nicht nur unterschiedliche politische Interessen aufeinander, sondern zugleich auch verschiedene Lebensweisen, von den preußischen Tugenden bis hin zur bayerischen Lebensfreude.

Und mittendrin das Städtchen Bad Kissingen. In diesem geographischen „Mittelpunkt Deutschlands“ sprudelten gleich mehrere salzhaltige Quellen, die über die fränkisch-bayerische Region hinaus Heilung versprachen. Grund genug für die bayerischen Könige, diesem mit Gesundheit gesegneten Ort durch großzügige Kuranlagen und imponierende Prachtbauten auch ein entsprechendes öffentliches Ansehen zu verleihen.

Kurgarten-Architektur. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel Aufnahme: Bad Kissingen, 24.7.2010

Gekrönte und ungekrönte Häupter

Die Rechnung ging tatsächlich auf. Denn aus ganz Europa eilten sie herbei, die gekrönten und ungekrönten Häupter mit ihrer stattlichen Begleitung. Hier im „Weltbad“ Bad Kissingen wollten sie ihrer Gesundheit einen Dienst erweisen und dabei nicht nur sehen und gesehen werden, sondern auch noch ein wenig Politik machen. Die Liste der Prominenz reichte vom russischen Zaren Alexander bis hin zum österreichischen Kaiser Franz. Doch dessen kaiserliche Gemahlin Sisi erregte bei ihren Besuchen größere Aufmerksamkeit als der Kaiser selbst.

Bei diesem ständigen Kommen und Gehen der politischen Elite durfte natürlich auch der „Eiserne Kanzler“ nicht fehlen. Jener Fürst Otto von Bismarck, der als Lotse im politischen Alltag mit persönlichem Einsatz zielgerichtet das Deutsche Reich zusammengeschmiedet hatte. Fünfzehn Mal beehrte er die Stadt zwischen 1876 und 1893 mit seinem Besuch und tat dies, wie er betonte, stets „mit großem Behagen“.

Denkmal für Kaiserin Sisi. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel Aufnahme: Bad Kissingen, 24.7.2010

Bismarck und Sisi

Denn die bayerischen Essgewohnheiten schienen dem Preußen zu imponieren. Bereits zum Frühstück soll er nach glaubwürdiger Überlieferung kalte Rebhühner, kalten Braten, Schinken, Spiegeleier und Koteletts, Trauben und Pfirsiche, Bier und Wein und als krönenden Abschluss französischen Champagner zu sich genommen haben. Eine „Diät“, bei der er natürlich ständig in Konflikt geriet mit der heute noch existierenden Bismarck-Waage, auf der er täglich sein Gewicht überprüfte, um an dieser heiklen Front nicht kapitulieren zu müssen.

Da gingen ihm andere Dinge leichter von der Hand, wie zum Beispiel sein berühmtes „Bad Kissinger Diktat“, in dem er die außen- und bündnispolitischen Grundzüge des noch jungen Deutschen Reiches festschrieb. Ob er sich allerdings die Zeit nahm, zwischendurch mit Kaiserin Sisi entspannt plaudernd durch den Kurpark zu schlendern, ist leider nicht überliefert. Nur ein gemeinsames Foto ist vorhanden, das jedoch für Mutmaßungen dieser oder ähnlicher Art keinen Raum lässt.

Fürst Rakoczy beim Festumzug. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel Aufnahme: Bad Kissingen, 25.7.2010

Rebellischer Fürst Rakoczy

Was jedoch machte den Kuraufenthalt nach damaligem Verständnis so vielversprechend und erfolgreich? Zweifellos waren es die sieben Heilquellen, allen voran der Rakoczy-Brunnen, dessen sprudelndem Inhalt man eine rebellische Wirkung auf den Magen-Darm-Trakt zuschrieb. Bismarck soll sich täglich gleich mehrere Liter davon zugemutet haben und dies sicherlich nicht ohne durchschlagenden Erfolg.

Umso erstaunlicher, dass sich die Wiederentdeckung dieser erfolgreichsten aller Quellen keinem Geringeren verdankt als dem berühmten Barockbaumeister Balthasar Neumann. Zufällig fand er sie in Begleitung des Stadtapothekers Boxberger im Flussbett der gemächlich dahin strömenden Fränkischen Saale, als diese für bauliche Zwecke zeitweilig umgeleitet wurde. Wegen ihres „turbulenten Wesens“ erhielt sie den Namen des ungarischen Fürsten Ferenc Rakoczy II. Dieser hatte die Stadt zwar nie betreten, doch war er fränkischen Offizieren, die gegen ihn gekämpft hatten, wegen seiner wilden und unberechenbaren Art noch gut im Gedächtnis geblieben.

Russischer Zar als Kurgast. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel Aufnahme: Bad Kissingen, 24.7.2010

Kurgäste von Rang und Namen

Für die Kurstadt Bad Kissingen ist die Wiederauffindung dieser Quelle der Dreh- und Angelpunkt ihrer neueren Geschichte. Seit mehr als siebzig Jahren bringt sie alljährlich ihre Dankbarkeit zum Ausdruck durch ein großzügig angelegtes Rakoczy-Fest. Einer der Höhepunkte ist neben dem Festumzug durch die Innenstadt der ungewöhnlich stilvolle Festball im eleganten Regentenbau, dem Wahrzeichen der Stadt.

In diesem prächtigen Rahmen werden die historischen Besucher und Kurgäste von Rang und Namen erneut zum Leben erweckt. Sie präsentieren sich, den Originalen zum Verwechseln ähnlich, in großem Auftritt den Festgästen. Dabei dürfen natürlich die bayerischen Könige, der Zar und selbst Reichskanzler Bismarck als populärster Kurgast nicht fehlen.

König Ludwig II. beim Festball. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel Aufnahme: Bad Kissingen, 24.7.2010

Bad Kissinger Sommer

Doch niemand erreicht die Wirkung von Bayerns König Ludwig II., wenn er – zu den feierlichen Klängen von Wagners Tannhäuser-Vorspiel – auf Fürst Rakoczy und die dem Mythos entlehnte Quellenkönigin zuschreitet. „Es lebe der König!“ schallt es spontan herab von einem der Ränge. Und selbst die lupenreinsten Demokraten im Saal nehmen zu diesem besonderen Anlass keinerlei Anstoß daran.

Und dabei ist der Rakoczy-Ball nur einer von mehreren Bällen, die hier alljährlich gefeiert werden. Nur noch übertroffen vom „Bad Kissinger Sommer“, dem Musikfestival, zu dem sich Künstler von Weltrang wie Lang Lang, Cecilia Bartoli und Rolando Villazon die Ehre geben. Gleichsam eine Überhöhung der musikalischen Tradition, die vom Kurorchester in der Trinkhallen-Muschel täglich für die Kurgäste zelebriert wird.

Kurgarten-Besucher. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel Aufnahme: Bad Kissingen, 24.7.2010

Vielseitige KissSalis Therme

Bewährter Mittelpunkt eines Kuraufenthalts in Bad Kissingen bleiben natürlich die Anwendungen, wie sie die einzelnen Hotels und Kuranlagen anbieten. Besonders die KissSalis Therme, neu errichtet auf einer Anhöhe über der Stadt, stellt mit ihrer schwungvollen Fassade den modernen Rahmen dar für unterschiedlich gestaltete Schwimmbecken, eine großzügige Sauna-Anlage sowie ein unglaublich behagliches Solebecken, das jedermann den gewünschten Auftrieb verleiht.

Abwechslungsreich und unterhaltsam präsentieren sich auch die Obere Saline mit dem Bismarck-Museum, der weitläufig angelegte Rosengarten sowie der Kurpark am Rande der Altstadt. Dieser lädt ein zu einem Hörerlebnis der besonderen Art in seinem „Klanggarten“, wo sphärische Klänge und einschmeichelnde Melodien einen Klangteppich knüpfen mit dem Säuseln des Windes und dem Gesang der Vögel in den Blätterkronen.

Paar im Traditionslook. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel Aufnahme: Bad Kissingen, 24.7.2010

Gourmettempel Bad Kissinger Art

Am Abend stellt sich dann die Frage nach dem richtigen Ort für gepflegtes Speisen. Entweder deftig wie in „Schuberts Wein & Wirtschaft“, wo auch der preisgekrönte Wein des „Weinguts Baldauf“ aus dem Nachbarort Ramsthal ausgeschenkt wird. Oder elegant im Casino im stilvollen Restaurant „Le Jeton“ mit seiner stimmungsvollen Gartenterrasse.

Auch mit einem Gourmettempel kann Bad Kissingen in „Laudensacks Parkhotel“ aufwarten, prämiert mit einem Michelin-Stern und drei Hauben. Ein Restaurant in einem zauberhaften Hotel-Ambiente, zu dem sicherlich auch Feinschmecker Bismarck gepilgert wäre. Mit oder ohne Kurschatten? Ein Schelm, der Böses dabei denkt!

Theodor Fontane im Festumzug. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel Aufnahme: Bad Kissingen, 25.7.2010

Fotoreportage

Siehe auch die Fotoreportage: Die fürstliche Welt von Bad Kissingen von Dr. Bernd Kregel.

Reisehinweise Bad Kissingen

Anreise: Mit der Bahn: Bad Kissingen wird erreicht über die ICE-Bahnhöfe Fulda und Würzburg mit Anschlussverbindungen über Gemünden und Schweinfurt.

Mit dem Auto: Vom Norden und Süden ist Bad Kissingen direkt an die A7 und die neue A71 angeschlossen. Aus westlicher Richtung wird Bad Kissingen erreicht über die B287 und von Osten über die A70 (Bamberg – Schweinfurt).

Übernachten: Precise Hotel Bristol Bad Kissingen: Das „Bristol“ bietet renovierte Zimmer in stilvoller Eleganz: www.precisehotels.com; Das Laudensacks Parkhotel & Beauty Spa ist ein liebevoll gestaltetes Romantik Hotel, ein Rundum-Erlebnis für Körper und Seele: www.laudensacks-parkhotel.de

Essen und Trinken: Schuberts Wein & Wirtschaft: Als „schönste und älteste Weinstube der Stadt“ ist das „Schuberts“ stilvoll und deftig zugleich; www.schuberts-weinstube.de; Le Jeton. Casino-Restaurant: Das Luitpold-Casino im gepflegten Luitpold-Park war und ist Treffpunkt illustrer Kurgäste von Bismarck über Tolstoi bis Rossini. Neben dem Nervenkitzel bietet es mit dem „Le Jeton“ auch die Möglichkeit, sich bei exquisiter Küche zu entspannen: www.lejeton.net

Auskunft: Heimatseite: www.badkissingen.de, E-Brief: tourismus@badkissingen.de, Servicetelefon: 0800-9768800

Vorheriger ArtikelFotoreportage: Die fürstliche Welt von Bad Kissingen
Nächster ArtikelZwischen Weltschmerz und Aufbruchstimmung – Lissabon findet Anschluss an seine große Vergangenheit