Waldkirchen, Berlin, Deutschland (MaDeRe). Bayerisch ist nicht gleich Bayerisch. Das lernt man sehr schnell, wenn man den Bayerischen Wald an der Grenze zu Tschechien besucht. Die Bewohner sprechen im Waidler-Dialekt und nennen sich gern auch die Waidler. Als der Architekt Manfred Stockinger zusammen mit seiner Schwester Eva die Idee hatte, in ihrem Heimatort Mauth Ferienhäuser zu errichten und ein kleines Feriendorf zu bauen, stand für sie der Name ihres Projektes schnell fest. Es konnte nur Waidlerland heißen. Denn sie sind beide hier zu Hause, hier steht ihr Elternhaus, diese Landschaft mit ihrer Naturschönheit sollte auch die Urlauber erfreuen. „Als Architekt und Waidler war es mir ein tiefes Anliegen, mit modernen Holzchalets im Herzen des Bayerischen Waldes meiner Heimat etwas zurückzugeben. Ich konnte gemeinsam mit regionalen Betrieben etwas Zeitloses und Beständiges erschaffen,“ so Manfred Stockinger.
Und so schlüpfte er auch in die Rolle eines Hoteliers. Pünktlich zu den Silvesterfeiern 2019/2020 wurde das Waidlerland auf einer 10.000 Quadratmeter großen Anlage in Mauth im südlichen Teil des Nationalparks Bayerischer Wald eröffnet.
Anziehungspunkt Landschaft und Ruhe
Ein Markenzeichen von Waidlerland sind die individuell gestalteten Chalets, die traditionell aus Holz gefertigt sind, und eine Vielzahl von Annehmlichkeiten bieten, von einem eigenen Outdoor-Whirlpool auf der Terrasse, einer voll ausgestatteten Küche, Infrarot-Kabine bis zu einem Kaminofen mit ausreichend Holzscheiten zum Nachlegen. Eine Kurzformel könnte lauten: Naturidylle Deluxe. Es ist genügend Platz für die ganze Familie, für bis zu sechs Personen, und auch die vierbeinigen Familienmitglieder sind willkommen.
Zum Service gehört auch, dass der Feriengast bis zu vier E-Bikes kostenlos ausleihen kann. Bei Ankunft steht eine zünftige Brotzeit im Kühlschrank und eine Flasche Wein auf dem Tisch, jeden Morgen hängt vor acht Uhr früh ein Brötchenbeutel an der Chalet-Tür.
Sauna und Kamin sind besonders im Winter gefragt, denn das Waidlerland empfängt das ganze Jahr seine Gäste. Im Winter kann der Nationalpark dann auf mehr als 80 Kilometern gespurter Langlaufloipen und auf 500 Kilometern geräumter Winterwanderwege erkundet werden – allein im Skigebiet Mauth-Finsterau.
Den Gästen ist vor allem die wunderbare Landschaft und die Ruhe wichtig. Es kann schon vorkommen, dass man bei seinen Wanderungen durch den Bayerischen Wald keiner Menschenseele begegnet.
Waidlerland 2.0 am Erlauzwieseler See
Der Erfolg vom Waidlerland in Mauth hat sich schnell bis in den 25 Kilometer entfernten Ort Waldkirchen herumgesprochen, dem mit 10.000 Bewohnern einwohnerstärksten und jüngsten Städtchen der Region. Für den Tourismus günstig am Fernwanderweg „Goldenen Steig“ gelegen, gibt es hier viele Möglichkeiten für den Aktivurlaub. Und der Bürgermeister von Waldkirchen winkte mit einem Angebot, das Architekt Stockinger nicht ablehnen konnte: Zwei Hausboote auf den Erlauzwieseler See zu setzen. Und so entstand das Feriendorf Waidlerland 2.0 mit insgesamt zehn Chalets und den Hausbooten. Auch hier hat jedes Haus sein unverwechselbares Design und den gleichen Komfort wie in Mauth.
Der See mit einem Bienen-Erlebnisweg
Die Einladung in die Natur des Bayerischen Waldes beginnt bereits direkt vor der Tür des Chalets. Hier führt ein Spazierweg rund um den Erlauzwieseler See. Ein Bienen-Erlebnisweg mit hübsch gestalteten Schautafeln informiert über die Welt der fleißigen Honigsammler. In jedem Chalet steht ein kleines Glas Bienenhonig auf dem Tisch und der Gast kann von der fleißigen Arbeit der Bienen am See etwas kosten.
Wer etwas weiter wandern möchte, der erkundet die Saußbachklamm, folgt dem Gartenschau-Rundweg rund um Waldkirchen oder entdeckt im „Zauberwald“ mystische Wesen und Drachen. Wer ganz gut zu Fuß ist, der kann auf dem „Goldenen Steig“ den Spuren der Säumer folgen, die im Mittelalter Salz in die böhmischen Städte transportierten. Der Weg führt gut 20 Kilometer durch den Bayerischen Wald, vorbei an verlassenen Dörfern wie dem Dorf Leopoldsreut nach Bischofsreut, von dort kann man in einer Mehrtagestour weiter über die Grenze bis ins böhmische Prachatice wandern.
Und wer eine kleine Wanderpause einlegen möchte, dem bietet die Karoli-Welt in Waldkirchen Indoor- und Outdoor-Badespaß, eine Saunawelt und im Winter eine Eissporthalle für Eislaufen, Eisstockschießen und Eishockey.
Bauernhofmuseum erzählt Geschichten des Alltags
Wenn man die Komfort-Zone seines Ferienhauses bei Mauth oder Waldkirchen verlässt, dann hat man die Qual der Wahl dank einer stattlichen Reihe von Besichtigungs- und Wanderzielen im Nationalpark Bayerischer Wald. Ein besonders spannendes Ziel für Familien mit Kindern ist das Freilichtmuseum Finsterau, nahe von Mauth. Es liegt auf einer Höhe von 935 Meter und hat sich gleich mehrere Namen gegeben. Es will ein Wind- und Wettermuseum und auch ein Wandermuseum sein, sowie ein Frühling-Sommer-Herbst-und-Winter-Museum. Zuallererst ist es ein Bauernhofmuseum, wo Bauernhäuser und komplette Höfe aus dem ganzen Bayerischen Wald wieder aufgebaut wurden, darunter eine imposante Dorfschmiede.
Die im Wohnhaus des Schmieds angebrachten Informationstafeln schildern anschaulich und recht informativ den Alltag in früheren Jahrhunderten. Da war der Eisenklopfer in den kleinen Dörfchen auch Tierarzt, Feuerwehrmann, Nachrichtenagentur und Bauer. Auch die Frau des Schmieds musste in der Werkstatt mit dem Hammer umgehen und selbst die Kinder mussten mit anpacken. Da kann dann heutige vorhandene Romantik über die „gute alte Zeit“ etwas verloren gehen.
Nach dem großen Rundgang auf dem Museumsgelände kann der Besucher sich in einer „echten“ Tafernwirtschaft mit standesgemäßer deftiger regionaler Küche stärken, an einer Fleischstrudelsuppe oder einem Topfenstrudel mit heißen Blaubeeren. Oder er sinniert bei einem ganz frisch gebackenen Bauernkrapfen, in welch überzeugender Weise hier in den Wäldern und Bergen des Nationalparks, dicht an der böhmischen Grenze, die bäuerliche Vergangenheit ein Reservat gefunden hat– und ebenso die nationale Identität der Bayern.
Blick von den Dreisesseln auf die Alpen
Ein weiteres sehr eindrucksvolles Tour-Ziel sind die Gesteinsformationen am Dreisesselmassiv nahe dem Dreiländereck Deutschland – Tschechien – Österreich. Der Dreisesselstein besteht aus drei aufragenden Felsen, die wie Sessel über dem Hochwald thronen. Der Sage nach teilten hier die Monarchen von Bayern, Böhmen und Österreich ihre Ländereien auf und stritten über die Grenzziehung. Gleich daneben hat sich ein Berggasthof etabliert, der natürlich auch Dreisessel heißt. Eine kleine Wanderroute führt zu weiteren Felsen wie dem Nashornfelsen oder dem Hochstein. Zu dessen Spitzenplateau, ausgestattet mit einem riesigen Gipfelkreuz auf 1333 Metern, führt ebenfalls wie beim Dreisesselfelsen eine lange steinerne Treppe in die Höhe. Bei guter Sicht sind am Horizont sogar die Schnee- und Eisfelder der Alpen-Gebirgskette und der Dachstein-Gletscher zu sehen.
Nachdenkliches bei wunderbaren Aussichten
Auf der Terrasse des Berggasthofs kann man beim Bier trinken und Suppe löffeln die wunderbare Aussicht genießen. Weit und breit verschandeln keine Windräder die Landschaft. Die Gastwirtin bestätigt uns, dass sich die Bevölkerung gegen das Aufstellen der Windräder im Naturpark gewehrt hat und schließlich die Landesregierung gesetzliche Regelungen traf, um Windräder keinesfalls in Naturparks und nur in ausreichender Entfernung von Wohnhäusern zuzulassen. Dagegen schaut der Gast von der Terrasse auf insgesamt acht abgestorbene Baumstämme. Sie müssen, weil es sich um einen Teil des Naturparks handelt, stehenbleiben. Angeblich hilft sich die Natur selbst. Dem Borkenkäfer wird diese Regelung gefallen.
Allerdings gibt es im Unterschied zum Harz im Bayerischen Wald mehr Vernunft bei den Fachleuten der Forstwirtschaft, die kranken Bäume abzuholzen und Mischwälder anzupflanzen. Gerade hat die Nationalparkverwaltung entschieden, zwei Flächen mit der Größe von 18 Hektar aus dem Nationalpark herauszulösen und damit das aktive Management der Flächen zu ermöglichen und gegen den Borkenkäfer vorzugehen. Im Restaurant wartet man auf den Mann mit der großen Säge, der auch hier die kranken Baumstämme aus dem Blickfeld entfernt und Mischwald aufforstet.
Park-App beim Parken im Wald
Ein beliebtes Wanderziel im Bayerischen Wald sind Aussichten auf Bergplateaus und Aussichtstürme, wie den Turm Haidel, der im unteren Bayerischen Wald auf einer Höhe von 1167 Metern steht. Die Anfahrt mit dem Auto endet auf einem unbefestigten Parkplatz entlang eines Waldweges, um von hier die Wanderung zu starten. Dieser Parkplatz ist allerdings, um den Regeln zu entsprechen, nur mit einer Park-App zu benutzen. Um ein Ticket gegen Barzahlung zu bekommen, müsste man wieder 12 Kilometer nach Bischofsreut zurückfahren, also „umweltfreundliche“ 24 Zusatzkilometer. Parkgebühr für einen Waldparkplatz? Ein Tagesticket kostet fünf Euro, wer sich früher per App zurückmeldet, zahlt weniger. Aller Protest von Touristen und Anwohnern half nichts. Die Bürokratie der Gemeinden kassiert digital im Wald – schöne neue Welt.
Das verlassene Dorf am Wegesrand
Der Standort des Parkplatzes ist ebenfalls spannend, weil der Besucher zum Haidel-Turm noch einmal in die alte Welt früherer Jahrhunderte eintauchen kann. Auf dem Weg zum Turm passiert der Wanderer das verlassene Dörfchen Leopoldsreut direkt am „Goldenen Steig“. Nur wenige einsame Häuser sind noch vorhanden und in voller Größe auf dem Bergrücken mitten im Wald steht die Sankt-Johannes Nepomuk Kirche. Sie ist mit 1108 Meter die höchstgelegene Kirche im Bistum Passau und im Bayerischen Wald. Dezent in der Landschaft am Weg platziert sind für den interessierten Besucher viele Informationstafeln mit knappem Text und historischen Fotos aufgestellt. Sie schildern das harte Leben in dem vor rund 60 Jahren verlassenen Dorf über die Jahrhunderte auf kargen Böden an der Grenze zu Böhmen.
Blick vom Haidel-Turm auf die Alpen
Die Entstehungsgeschichte des Haidel-Turms ist auf eine Wetterkatastrophe vor knapp einhundert Jahren zurückzuführen, bei dem damals der gesamte Baumbestand auf dem Haidel-Berg großen Stürmen zum Opfer fiel. Da war Platz für einen Aussichtsturm, der über die Jahrzehnte immer wieder erneuert wurde. Heute hat man von dem 35 Meter hohen Turm, der auf 158 Treppenstufen zu ersteigen ist, einen herrlichen Blick über das Alpenvorland, den Bayerischen Wald und den Böhmerwald bis hin zu den Alpen.
Der Naturpark Bayerischer Wald erstreckt sich von der Donau bis zur tschechischen Grenze und gehört zu den größten Naturparks in Bayern und in ganz Deutschland. Für die zwei kleinen Feriendörfer Waidlerland ist die Verbindung zur Natur das Allerwichtigste, die Natur vor der Tür, das Abschalten und Durchatmen, die Ruhe, die Muße haben für die Schönheiten der Landschaft und Geheimnisse noch ursprünglicher Wildnis.
Auf die Frage, warum Waidlerland so gut von seinen Gästen angenommen wird, gibt es im besten bayerisch auch eine ganz knappe Antwort: „Weil`s bei uns einfach sche is.“
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