Schwarze Brüder, Ochotskisches Meer, Russland (MaDeRe). „Meine Damen und Herren, Sie sind hier nicht zur Erholung“, stimmt Expeditionsleiterin Michèle Gullick ihre Gäste auf die kommenden 17 Tage ein. Natürlich augenzwinkernd. Und sie legt nach: „Wir fahren auf einem Expeditionskreuzfahrtschiff, da werden wir Sie“, verspricht die junge Frau, „schon müde kriegen.“
Wie, das erfahren die rund 70 Gäste aus aller Herren Länder schon am nächsten Tag, der mit durchdringendem Seevogel-Geschrei beginnt. Weckruf à la „World Discoverer“. Zunächst steht allerdings Sicherheit auf dem Lehrplan von Zweitem Offizier Bernd Buchner: Alarmsignale, Gebrauch der Rettungsweste, Einweisung in die Bootsstationen, Verhalten an Bord, im Zodiac-Schlauchboot und an Land. Nach diesem Auftakt, der den vielen Wiederholern schon in Fleisch und Blut übergegangen ist, eine deutsch-englische Lektoren-Einführung. Diplomgeologe Dr. Wolfgang Blümel doziert im Hörsaal der Discoverer Lounge über die Region: „Die 1200 Kilometer lange Inselkette bildet die weltweit aktivste Vulkankette. Sie entstand vor 46 Millionen Jahren zunächst untermeerisch, als sich zwei ozeanische Schollen aneinander rieben und Magma an die Oberfläche quoll“. Didaktisch eindrucksvoll demonstriert er 4,6 Milliarden Jahre Erdgeschichte an einem 46 Meter langen Faden. Nur 20 Zentimeter davon repräsentieren symbolisch die Entstehung der Kurilen. Geologisch ein Sekunden-Bruchteil.
„Auf den 56 Inseln“, so der Wissenschaftler, „gibt es rund 100 Vulkane, von denen noch ein Drittel aktiv ist. Viele von ihnen – der höchste, Mount Alaid, ragt 2400 Meter auf – mit der charakteristischen Kegelform.“ Ausbrüche, Erd- und Seebeben seien keine Seltenheit. Manche Gebiete dürften daher auch nicht betreten werden.
Erste Station: die Zwillings-Inseln Chernye Bratya, Schwarze Brüder. Auf der jederzeit offenen Brücke drängeln sich die Seh-Leute, um nichts zu verpassen. Die Gipfel hüllen sich zwar geheimnisvoll in Wolken, sind aber ansonsten harmlos. Während „unser“ Anlandungs-Eiland von freundlichem Grün überwuchert ist, gibt sich der schwarzfelsige Blutsverwandte abweisend schroff. Auf „braune Würste“ am Klippenfuß, so Kapitän Krüß, sollten wir während der Vorbeifahrt achten. Bis auf weiteres stellt er seine Lautsprecher-Durchsagen ein, um die Seelöwen nicht zu stören. In ihren Jagdgründen tummeln sich auch zahlreiche russische Fischdampfer. Allerdings weniger sensibel.
Fotoreportagen
Siehe auch die Fotoreportage: Das Ochotskische Meer und die Seelöwen und die Fotoreportage: Auf der „World Discoverer“ im Ochotskischen Meer von Dr. Peer Schmidt-Walther.