Ostrov Srednego, Ostrov Broutona, Ochotskisches Meer, Russland (MaDeRe). Wie auch wenig später die braunen Speck-Kolosse der Stellerschen Seelöwen und Nördlichen Seebären von Ostrov Srednego. Per Zodiac umkreisen wir die kargen Felseilande. Dabei verheddert sich in den Schrauben ständig zäher Kelp, von dem sie die Bootsführer immer wieder befreien müssen. Die bis zu 200 Meter langen Riesenalgen, sie gelten als längste Lebewesen der Welt, bilden an der Oberfläche dichte Teppiche, die im Wasser wie Wälder anmuten. Eine Kostprobe schmeckt nach salzigem Sauerampfer. „Sieht aus, als könnte man auch drüber laufen“, meint jemand. Doch die neugierig neben uns auftauchenden und scheinbar mit ihren Flossen winkenden Tiere beweisen das Gegenteil. Von ihren erhöhten Sonnenlogen weht beißender Gestank herüber. Über allem thronen massig die großen Stars: in tiefem Bass röhrende Clan-Chefs. Ihre rosa Rachen sind mit scharfen Zähnen gespickt.

Kuscheltiere. © Foto/BU: Dr. Peer Schmidt-Walther

Auch auf Ostrov Broutona sind Stars heimisch, allerdings viel kleinere: Scharen von Hornlunden. Einen hat Ornithologie-Lektor Dr. Mark Brazil später sogar eingefangen zum Foto-shooting aus nächster Nähe. Die lustig-bunten Vögel gelten als pazifische Verwandte der europäischen Papageientaucher. In riesigen Kolonien nisten sie auf schroffen Felsvorsprüngen einträchtig mit schwarz-weißen, auch als „Mini-Pinguine“ bekannten Lummen, Sturmtauchern, Eissturmvögeln, Alken, Meeresscharben, Kormoranen und Teisten, um nur einige zu nennen. Über ein Sechstel der gesamten Kurilen-Population ist hier heimisch. Ohrenbetäubend ihr tierisches Krächz-Konzert. Dazu ein Bombardement von ätzenden Kot-Geschossen aus der Luft, in der ein Flug-Chaos zu herrschen scheint.

Stolze Mama. © Foto/BU: Dr. Peer Schmidt-Walther

Ornithologe Dr. Hans-Joachim Spitzenberger und sein englischer Kollege Dr. Tim Johnson beantworten schon im Zodiac geduldig Fragen. Bei Rückblick und Vorschau am Abend, kurz Recap genannt, bringen sie dann Klarheit in die Köpfe der Passagiere, die schon etwas müde geworden sind. Bereits früh am Morgen nämlich hat sie Michèle mit ihrem Weckruf aus süßem Schlummer gerissen. Das lohnt sich immer, finden alle, denn jeder Tag bringt Unbekanntes, Neues und Überraschungen.

Fotoreportagen

Siehe auch die Fotoreportage: Das Ochotskische Meer und die Seelöwen und die Fotoreportage: Auf der „World Discoverer“ im Ochotskischen Meer von Dr. Peer Schmidt-Walther.

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