Kunst und Kultur am Fjord – Städtekreuzfahrt zur Opernpremiere nach Oslo

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Oslo, Norwegen (MaDeRe). Nahezu lautlos gleitet das riesige Schiff unter der Brücke durch. Schier endlos ragen die Pfeiler hinauf zur 6790 Meter langen Autobahntrasse. Sie verbindet die beiden größten Inseln Dänemarks Fünen und Seeland miteinander und ermöglicht so zusammen mit der Öresundbrücke südlich von Kopenhagen den fließenden Straßenverkehr zwischen Deutschland und Schweden.

Nach einigen Stunden nordgehender Fahrt muss unsere Color Line zwischen den beiden Inseln hindurch. Schon beim Ablegen in Kiel und der Ausfahrt aus der Kieler Förde in die Ostsee waren wir über die Vibrations- und Geräuscharmut auf dem 224 Meter langen und 60 Meter hohen Gefährt überrascht. Pünktlich um 14 Uhr beginnt die zwanzigstündige Kreuzfahrt jeden Tag seit vielen Jahren. Zu gleicher Zeit legt das Schwesterschiff im Osloer Hafen ab. Jede Nacht gibt es somit eine Begegnung auf hoher See. Ankunft ist jeweils in Kiel oder Oslo um 10 Uhr vormittags.

„Da müssen alle genau wissen, was jetzt zu tun ist“ erklärt uns die Chefin des Zimmerservice auf unsere Frage nach den Abläufen an Bord täglich zwischen 10 und 14 Uhr. Bis zu 750 Fahrzeuge werden be- und entladen. Es gilt etwa 1000 Kabinen bezugsfertig für neue Gäste zu machen. Lange Flure auf den Passagierdecks bedürfen der Reinigung. In den Restaurants beginnen die Vorbereitungen für die nächste Tour. „Ich komme eigentlich aus Finnland“, erzählt uns einer der Köche, der gerade Vorspeisenteller für das A-la-Carte-Restaurant garniert. „Aber hier sind gute Arbeitsbedingungen“ fährt er fort. „Alle müssen wir Norwegisch können, egal aus welcher Nation wir kommen, außerdem sprechen wir neben unserer Muttersprache noch entweder Deutsch oder Englisch.“

Täglich zwanzig Palletten frische Nahrungsmittel

Die Versorgung mit frischen Lebensmitteln und auch Entsorgung von allem was über 2000 Gäste verursachen, kann gut nach besten ökologischen Maßstäben erfolgen, da täglich in Deutschland oder Norwegen ein Hafen angelaufen wird. „Wir glauben bei uns gibt es die beste Pizza, die Norweger machen können“ meint der Chefkoch des Schiffes. Er ist für alle Geschmackswünsche der Gäste auf dem Schiff verantwortlich, schließlich auch für das Gourmet Restaurant. Aber auch Schnellgerichte in einer Burger Bar, oder das große Frühstücks- und Abendbuffet stellen besondere Anforderungen an Warenumschlag, Zubereitung, Service und Schnelligkeit. Das große Buffetrestaurant hat 650 Sitzplätze und 52 Meter Nahrungsangebot, das sich je nach Saisonzeit ändert. Natürlich stehen frische Fischgerichte auch im Vordergrund. Pro Jahr werden in mehreren Küchen insgesamt 24 Tonnen Eier, 10 Tonnen Krabben, 16 Tonnen Kaffee, 13 Tonnen Lachs usw. verarbeitet. Somit braucht man täglich 20 Palletten frische Nahrungsmittel, die per LKW und Gabelstapler im Schiffsbauch angeliefert werden.

Während der jetzt 53- jährigen Geschichte dieser Kiel-Oslo-Kiel Kreuzfahrten haben sich neben Größe und technischer Ausstattung der Schiffe auch Motive und Zusammensetzung der Reiseteilnehmer geändert. Im Jahre 1990 fusionierten mehrere Traditionsreedereien zur heutigen Color Line. Sechs Schiffe bedienen auf vier Linien den Fährverkehr zwischen Deutschland, Norwegen, Dänemark und Schweden. Dabei stellt am 10. Dezember 2004 Color Line mit der M/S Color Fantasy das größte Kreuzfahrtschiff der Welt mit Autodeck in Dienst. Mit M/S Color Magic erhält die Route Kiel-Oslo-Kiel im September 2007 ihren zweiten Cruise-Liner. Standen vor Jahrzehnten noch Personen- und Autotransport für Urlaubszwecke im Vordergrund, sind heute Kurzreisen in Mode. Der Drei- oder Viertagestrip zu Norwegens Hauptstadt ohne Mitnahme eines Fahrzeuges und verbunden mit den Attributen eines Kreuzfahrterlebnisses ist ebenso gefragt wie der Zubringerdienst zu einem Urlaubsaufenthalt im Norden. Immer beliebter werden Kongresse und Veranstaltungen von Firmen und Verbänden in den Konferenzräumen ungestört in den oberen Decks des Schiffes, mit separaten Mahlzeiten und Snacks falls gewünscht. Alleine in einem Monat gab es bis zu 12.000 Teilnehmer an Konferenzen zwischen Kiel und Oslo bei Color Line.

Eigentlich ist die 20-stündige Fahrt fast zu knapp, um das ganze Angebot kennen zu lernen: der Rundgang durch die Decks, Einkaufspassagen, Restaurants, die Showveranstaltungen, dabei könnte der emotionale Genuss des Naturerlebnisses zu kurz kommen. Entlang der Außendecks sind ausgedehnte Spaziergänge möglich, immer mit Blick auf die Ostsee, vorbeiziehende Inseln, rot gestrichene Sommerhäuser zu beiden Seiten während der Einfahrt in den 116 km langen Oslofjord. Jede Jahreszeit hat ihre Reize. Wir erinnern uns an eine Kreuzfahrt nach Oslo vor einigen Jahren im Februar. Es war ein kalter Winter, schon beim Ablegen in Kiel pflügte das Schiff durch Treibeis. Nachts leuchteten Scheinwerfer auf die Meeresoberfläche zu beiden Seiten. Im weißen Licht zogen Eisschollen in ständig wechselnden Mustern vorbei. Wenn es nicht so kalt gewesen wäre, hätten wir damals gerne Stunden bei diesem Anblick im Freien verbracht.

Durch den Fjord ins Land

Am Frühstücksbuffet gibt es keine Wartezeiten. Da wir nachher die Einfahrt nach Oslo auf dem Außendeck erleben möchten gehören wir zu den Ersten im Buffetrestaurant. Auch andere Gäste sind wie wir zur Premiere von Mozarts Don Giovanni im neu erbauten Schauspielhaus nach Oslo unterwegs. Nach ausgiebiger Mahlzeit geht es rasch ins Freie, denn in etwa einer Stunde werden wir unser Ziel erreichen. Schon in der Ferne erkennen wir den bewaldeten Holmenkollen Höhenzug am Horizont mit der neuen Skischanze. Vorbei gleitet das Schiff an kleinen Inseln mit Privathäusern samt unverzichtbarem Flaggenmast, an mit Kiefern bestandenen Schären. Ständig wechseln Durchfahrten zwischen Inseln und Uferfronten ihre Breite. Bojen weisen den Weg. Es ist die gegebene Art sich Norwegen, einem Land der Seefahrer zu nähern. Ohne ihre Schiffsbau- und Schifffahrtstraditionen wären sie weder vor 1000 Jahren als Wikinger nach Amerika gefahren, noch hätten sie ihr eigenes Volk zuhause mit Heringen ernähren können, noch hätte Nansen sich 1896 mit der von ihm entworfenen Fram dem Nordpol genähert, oder wäre Thor Heyerdahl mit der Kon Tiki zu den Osterinseln gefahren. Dies alles kommt uns in den Sinn als wir am Norwegischen Schifffahrtsmuseum vorbeigleiten, und an Nansens Fram, die in einem separaten Gebäude untergebracht ist. Auch die Wikingerschiffe sind auf der Museumshalbinsel Bygdoy ausgestellt, unweit des Stadtzentrums. Am einfachsten mit einer regulären Bootsfahrt vom Festland aus zu erreichen.

Es ist soweit. Die großen Taue werden an Pollern verzurrt, und schon vor 10 Minuten wurden über eine Lautsprecheranlage alle Passagiere mit PKWs an Bord aufgefordert sich zum Autodeck zu begeben. Pünktlich um 10 Uhr öffnet sich die große Luke und der Autostrom ergießt sich langsam und geordnet auf das Festland. Für Gäste die eine Stadtrundfahrt gebucht haben und in vier Stunden wieder die Rückfahrt antreten möchten stehen Busse bereit. Aber das wäre uns zu kurz in dieser hochinteressanten Stadt. Gibt es doch außer dem Opernbesuch so viel zu unternehmen und zu entdecken. Am ersten Nachmittag spazieren wir durch die Innenstadt, entlang der Karl-Johans-Gate mit Blick auf das königliche Schloss, vorbei am Parlamentsgebäude und an verlockenden Angeboten norwegischer Strickwaren in Schaufenstern. Wir staunen über die geringe Verkehrsdichte in der Innenstadt. Oslo ist untertunnelt für den Durchgangsverkehr und zudem bietet mit der T-Bane, wie hier die U-Bahn genannt wird, teils unterirdisch verlaufende schnelle und zuverlässige Verbindungen quer durch Norwegens Hauptstadt.

Jahrhundertealte Musikwerke in zeitgenössischem Bau

Mit ihr fahren wir nach Majorstua, einem Umsteigeknotenpunkt im Nordwesten. Wir haben die Oslocard für 72 Stunden als Fahrkarte für öffentliche Verkehrsmittel und gleichzeitig Eintrittskarte zu den Museen erworben. Zu Fuß erreichen wir nach 10 Minuten den Vigelandspark mit seinen eindrucksvollen Stein- und Bronzefiguren, Springbrunnen, Wiesen und Gewässern. Im Frühling und Sommer ist er Ausflugsziel und Nachmittagsvergnügen für Familien und Sonnenhungrige. Eine Kunstoase in einem weitläufigen Park, mitten in der Großstadt. Nachmittags sind wir im Nobelpreismuseum unterwegs und anschließend staunen wir vor den Bildern von Edvard Munch.

Am Abend wird es spannend. Vom gegenüberliegenden Hotel Opera aus spazieren wir in wenigen Minuten zum Opernhaus. Der futuristisch anmutende Bau ist unübersehbar und bildet einen eindruckswollen Kontrast am Hafen. Die Norwegische Oper und Ballett ist des Landes größte Musik- und Bühnenkunstinstitution. Hier kann man Oper, Ballett und Konzert auf drei verschiedenen Bühnen erleben, aber auch auf dem Dach spazieren und schließlich in einem geschmackvoll modernen Foyer, umgeben von einer geschmackvollen Verkleidung aus deutscher Eiche einen Kaffee trinken oder zum Essen gehen. Dazu werden auch täglich Führungen durch das Gebäude und hinter der Bühne angeboten, bevor der Vorhang sich öffnet. Die meisten Gäste kommen heute Abend als Fußgänger, einige mit dem Taxi. Wo will man hier auch parken im Stadtzentrum so dicht am Hafen? Die Premiere ist ausverkauft. Uraufführung von Mozarts Don Giovanni war am 29. Oktober 1787 in Prag, damals sicher besonderen Gästen vorbehalten. Heute ist das Publikum gut gemischt, alle Generationen sind vertreten. Viele sind zeitig gekommen, entweder für die Führung oder um ein Glas Wein im Ambiente des Foyers zu genießen.

Die Osloer Inszenierung kommt mit einem einzigen Bühnenbild aus. Langanhaltende Ovationen des Publikums belohnen die Spitzenleistungen von Sängern und Orchester. Dabei ging es in der Oper um unschöne Geschichten von unerfüllter Liebe und Seitensprüngen. Sie bietet ein musikalisches Spiegelbild aus abenteuerlichen Zeiten. Damals soll ja auch noch eine Seereise ein richtiges Abenteuer gewesen sein.

Infos:

Die bequemste Anreise per Schiff ab Deutschland nach Norwegen bietet z. B. Color Line mit täglichen Abfahrten ab Kiel um 14 Uhr. Minikreuzfahrten mit der Hin- und Rückreise per Schiff und einer Kabine werden bereits ab € 79 angeboten. Eine dreistündige Stadtrundfahrt gibt es dazu für € 40 pro Erw. bzw. für € 20 pro Kind. Für ein eindrücklicheres Erlebnis von Oslo wird der Dreitages-Kurzurlaub ab € 159,- p.P. angeboten mit den Überfahrten Kiel-Oslo-Kiel, zwei Übernachtungen an Bord und einer Übernachtung mit Frühstück in Oslo. Näheres bei Color Line, wo auch komplette Norwegenreisen gebucht werden können.

Olso: es gibt dreierlei Tagespässe für öffentl. Verkehrsmittel, Discounts und Eintritte, für 24 Stunden zu 290 NOK, für 48 Std. zu 425 NOK und für 72 Std. zu 535 NOK; Kinder zahlen in etwa die Hälfte. Weitere Informationen gibt es bei Visit Oslo, wo z.B. auch das Veranstaltungsprogramm des Opernhauses erfragt werden kann.

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