Formvollendet die Havel entlang

Der Havelberg. © Tourismusverband Prignitz e.V., Foto: Michael Richter

Havelberg, Prignitz, Brandenburg, Deutschland (MaDeRe). Gesucht, gefunden, abseits in der Prignitz: Ein schmuckes Städtchen, überschaubar, hoch aufsteigend wo’s passt zur Silhouette. Sonst ohne Dramatik. Leute heimatverbunden, weitsichtig wie weltoffen. Am belebten Gewässer gelegen – gleitender Übergang in nahe Naturidylle somit gegeben. Dazu die Bleibe, geprägt durch zeitgemäßes Stilempfinden. Kunstwerke im Haus, Kochkunst auf den Tellern. Zimmer, welche viel Wärme ausstrahlen, auch in kleinster Kammer: Die private Trockensauna als ‚Hot-Spot’. Und nachdem alle Nebelschwaden weggewischt wurden zum Frühstück, freie Sicht über Auen von der Terrasse im Morgenlicht.

Pontonboot vor dem Dom auf dem Havelberg. © Art-Hotel Kiebitzberg
Pontonboot vor dem Dom auf dem Havelberg. © Art-Hotel Kiebitzberg

Das gefällt dem gestressten Großstädter. Havelberg hat es, den richtigen Provinz-Mix plus Soundtrack aus der Botanik nebenan. Der „Kiebitzberg“ gibt dem Urlaubswochenende einen passenden Rahmen. Zur DDR-Zeit zierte der Kiebitz therapeutisches und didaktisches Holzspielzeug. Heute ist das Familienunternehmen in vielerlei Form innovativ auf dem Wasser unterwegs, von fernen Meeren bis zur nahen Havel. Dort, unterhalb von unserem Art-Hotel, ankert das Pontonboot. Mit Aufbauten, die ruck-zuck zu öffnen sind – falls man sich ungehemmt der Sonne hingeben will. Indian Summer, wir wollen! Sitzen in der Lounge oder stehen an der Reling und lassen die Landschaft sanft vorüberziehen.

Die Havel bei Havelberg. © Tourismusverband Prignitz e.V.
Die Havel bei Havelberg. © Tourismusverband Prignitz e.V.

Havelberg war einer der fünf Standorte der BUGA. Zu viele fürs gute Gedeihen. Die Gemeinde zog dennoch Gewinn aus dem Gartenschaulauf, in Gestalt des „Haus der Flüsse“. Ein Natura 2000 Informationszentrum. Ein Holzkörperbau mit geschwungenem Dach und lichtem Look. Das passt gut zu unserem amphibischen Gefährt. Erwartungsvoll legen wir an, machen auf der altstädtischen Insel fest, gehen hinüber und werden sehr angenehm überrascht. Lernen, didaktisch bestens aufbereitet, den Naturreichtum und die Schönheit von Elbe und Havel kennen und erfahren, auch spielerisch, einiges über deren Gefährdung und Schutzmöglichkeiten, wie im nahgelegenen Biosphärenreservat Mittelelbe. Ganz Aug und Ohr sind wir beim Panoramablick mit Naturklang. Zur Empore hinauf wenn die Zugvögel fliegen? Welche und wohin zeigt Themenstation 10 der Ausstellung.

Blick vom Havelberg auf die Havel. © Tourismusverband Prignitz e.V.
Blick vom Havelberg auf die Havel. © Tourismusverband Prignitz e.V.

Die alte Hansestadt an der Mündung der Havel in die Elbe hat für Freunde des würdigen Sehens noch mehr zu bieten. Steil steigt der Hang bald nach dem Graben an, hoch hinauf führen Weg und Treppe zum Dom, ein Werk der Romanik, und der Klosteranlage, welche im Laufe eines Jahrhunderts als das „Prignitz-Museum“ dreierlei Sammlungen aufnahm. Domgeschichte (und Sonderausstellungen) im Kreuzgang, Stadtgeschichte im Bischofssaal, Siedlungsgeschichte im Kornspeicher. Im November 1716 bei der Konvention von Havelberg zwischen Preußen und Russland schrieb der Ort sogar Weltgeschichte. Wie Geschenkgeschichte: Friedrich Wilhelm I., genannt der Soldatenkönig, erhielt seine „Lange Kerls“ und Zar Peter I. dafür das Bernsteinzimmer. Beides sucht man heute vergebens, Schade ist es nur um das eine. Peter soll inkognito auf der ‚Kurfürstlichen Seeschiffswerft zu Havelberg’ vordem als Zimmermann gearbeitet haben. Die Schiffe segelten bis in die Karibik und nach Westafrika, wo Brandenburg sich am Sklavenhandel beteiligte.

Zurück an Bord, und so ganz gemütlich havelaufwärts. Die Flusspartien am Ufersaum werden zunehmend grüner. Es geht manch ein Hallo von Einheimischen hin und her, wir nehmen teil. Dann grüßt aus Schilf und Rohr nur mehr ein Freizeitfischer mit hocherhobener Rute auf schwankenden Planken. An Deck verstummen die Gespräche, Ruhe breitet sich aus, hüllt uns in andächtiges Schweigen. Wir lauschen der Natur. Sie scheint uns endlos. Wollen wir Anker werfen und bleiben, oder weiter treiben unter hohem Himmel? Es ist uns, als ströme die Havel am Horizont voller Abenteuer über in den Mississippi. Huck und Tom, wir kommen!

Anmerkungen:

Die Recherche wurde unterstützt vom Tourismusverband Prignitz e.V. Vorstehender Beitrag von Christoph Merten ist eine Erstveröffentlichung im MaDeRe – Magazin des Reisens.

Vorheriger ArtikelMemmingen ist eine Kleinstadt im Allgäu mit großer Vergangenheit
Nächster ArtikelUnbekanntes Europa – Bulgariens verborgene Schätze