Wien, Österreich (MaDeRe). Der Journalist und Schriftstelle Karl Kraus bringt es wie immer aus den Punkt: „Wien hat lauter Wahrzeichen und jeder Wiener fühlt sich als solches.“ Wer Wien besucht ist förmlich erschlagen von der Pracht, der Vielzahl an Sehenswürdigkeiten, Bauten und Geschichten. Augenzwinkernd beschreibt der Kabarettist Karl Farkas die dort Ansässigen: „Wir Wiener blicken vertrauensvoll in unsere Vergangenheit.“ Bei vielen Orten wissen wir sofort: Wien! Bei anderen vielleicht nicht sofort. Eine Reise durch Wien in Bildern. Im sechsten Teil zieht uns die Attraktion von Friedhöfen auf den Zentralfriedhof.
Mitte des 19. Jahrhunderts explodierte die Einwohnerzahl, die „communalen Friedhöfe“ wurden zu klein und so wurde 1863 die Errichtung des Zentralfriedhofs beschlossen. Alles andere als „zentral“, war der Friedhof anfangs recht unbeliebt. Um die Beliebtheit zu steigern, beschloss man 1888 die Errichtung einer Ehrengräberanlage. Dazu wurden die sterblichen Überreste verschiedener prominenter Persönlichkeiten von anderen Friedhöfen auf den Zentralfriedhof verlegt, unter anderem Ludwig van Beethoven und Franz Schubert vom Währinger Ortsfriedhof. 1910 bekam der Friedhof eine Friedhofskirche: die Friedhofskirche zum Heiligen Karl Borromäus. Und damit einen weiteren Anziehungspunkt für die Besucher. Sprichwörtlich für einen Todesfall wurde der „71er“, benannte nach der Straßenbahnlinie 71, die zum Zentralfriedhof fährt: „Er hat den 71er genommen.“
Die Liste, der hier bestatteten bekannten Persönlichkeiten ist lang. Nur ein paar Beispiele: Ludwig van Beethoven, Johannes Brahms, Paul Hörbiger, Ernst Jandl, Curd Jürgens, Udo Jürgens, Hans Moser, Helmut Qualtinger, Arnold Schönberg, Franz Schubert, Johann Strauss (Vater), Johann Strauss (Sohn), Joe Zawinul und natürlich auch Johann „Hans“ Hölzel alias Falco.
Die Friedhofskirche zum Heiligen Karl Borromäus, hieß zunächst Dr.-Karl-Lueger-Gedächtniskirche. Der Grundstein wurde am 11. Mai 1908 noch durch den Wiener Bürgermeister Karl Lueger gelegt. Dieser starb im März 1910 und erlebte somit das Ende der Arbeiten im Oktober 1910 nicht mehr. So beschloss die Gemeinde Wien, die Kirche Dr.-Karl-Lueger-Gedächtniskirche zu nennen. Die sterblichen Überreste Luegers, zunächst provisorisch im Familiengrab beigesetzt, wurden Ende Oktober 1910 in die Kirchengruft unter dem Hochaltar verlegt. Von 1995 bis 2000 wurde die Kirche generalsaniert. Dabei wurde auch die Innenkuppel, die nach dem Zweiten Weltkrieg nur notdürftig restauriert worden war, originalgetreu wiederhergestellt. Im Zuge der Wiedereröffnung wurde der neue Name „Friedhofskirche zum Heiligen Karl Borromäus“ festgelegt. Die Kirche ist in ihrer architektonischen und künstlerischen Gestaltung dem Jugendstil zuordenbar, weist aber auch unter anderem Elemente ägyptischer Baukunst auf.
Auf dem Weg nach Westen, hin zum Tor 1, kommt man in den jüdischen Teil des Zentralfriedhofs. Offiziell als „Israelitische Abteilung“ bezeichnet. 1916 war das vorgesehene Areal erschöpft und eine Neue Israelitische Abteilung nahe des 4. Tor wurde genutzt. Im Zweiten Weltkrieg wurde 1945 durch fehlgeleitete Fliegerbomben die alte Abteilung schwer beschädigt. Etwa 3000 Gräber wurden zerstört. Die Abteilung begann zu verwildern. Seit 1991 ist es das Ansinnen des Vereins „Schalom“ beschädigte Gräber zu restaurieren, Grabinschriften zu erneuern und generelle Instandhaltungsarbeiten durchzuführen. In der alten Abteilung finden sich beispielsweise die Gräber von Arthur Schnitzler, Friedrich Torberg, Gerhard Bronner oder Viktor Frankl.