Hamburg, Deutschland (MaDeRe). In der „Stadt Hamburg an der Elbe Auen“, wie es in einer 1828 entstandenen Landeshymne heißt, dürfen donnerstags, freitags und samstags ab 19.30 Uhr in einem Speisesaal des Hotels The Westin Hamburg, das sich in einem „Kulturdenkmal für alle“ mit der Bezeichnung Elbphilharmonie befindet, Lebensmittel bemalt werden, beispielsweise Eßpapier, das auf einem Baiser liegt, bevor man in einen solchen beißt.
Süß ist die aus Eiweiß und Zucker bestehende Speise zum Abschluß eines Abendessens, das einmal im Wonnemonat September mitten in der Nacht sein Ende fand statt planmäßig um 22 Uhr. Doch wenn der Bau der Elbphilharmonie schon nicht im Plan blieb, warum dann dieser mit Baiser- und Gemüse-Malerei? Die mehrstündige „Dinner-Show“, die ein Speisespektakel ohne Bühne ist und auch ohne Darsteller auskommt – Kellner hingegen kommen und gehen -, wird als ein Mix aus „Kunst, Kultur und Kulinarik“ für aktuell 149 Euro pro Person angepriesen.
Wahrlich, der Preis für den Schabernack mit Speisen, Bildwerfer und Lautsprecher, der von Veranstaltern als „kulinarische Pop-Up-Erlebnis“ mit dem Titel „Sven Paintings – The Art of Dining“ beworben wird, ist heiß. Dafür darf geschwitzt, geraten, gerätselt, gehört, gemalt, gegessen und getrunken werden. Gäste würden auf diese Weise „die kreative Seite in sich entdecken und dabei köstliche Gerichte genießen“, klärte mein Tischnachbarn Felix Diercks, Geschäftsführer der InterDine GmbH mit Sitz in Düsseldorf, die hinter „Seven Paintings“ steckt, auf. Er wußte zu berichten, daß für Gäste auch eine vegetarische Option zur Auswahl steht und sich das Programm für dieses Erlebnis, bei dem Tisch und Teller zu einer graphischen und gastronomischen Benutzeroberfläche werden, an ein breites Publikum richte. Dem Gast werden kleine Portionen mit einem großen Brimborium geboten. Doch keine Bange, am Ende des Potpourri mit Bespeisung und Bespaßung werden trotz leichter Kost für Kopf und Korpus wohl alle satt.
Das klassische Sieben-Gänge-Menü, eine vegetarische und eine kinderfreundliche Variante werden zudem geboten, ist sieben Künstlern gewidmet, über die ein zarter Hauch von Allgemeinheiten audiovisuell verbreitet wird und ein Gang im Besonderen. Zu Michelangelo werden „Tomaten-Praline, Basilikum-Gel & Brunnenkresse im Muschel-Crostini“ gereicht, zu Banksy „Kalbs-Carpaccio im Kräuter-Limettenmantel, Trüffelmayonnaise, Olivenerde, Sakura Kresse & geröstetes Olivenbrot“. Über Pablo Picasso und „Andalusisches Barben Filet mit Zimt und Lavendel, Zitronen-Sellerie Salat & Knoblauch-Rotwein Essenz“ sowie Jackson Pollock mit „Gemüse-Malerei, Spinat-Kokos / Rote Bete / Kürbis-Püree / Goma Dressing“ geht die Reise weiter. Ehe man sich versieht ist man bei Salvador Dali mit „Crema Catalana in ausgehüllter Kartoffel mit Minze & Beeren, Salted Caramel Ic“ und Vincent Van Gogh mit „Schokoladen-Malerei auf dem Kokos-Baiser“. Die Saucen dafür tragen die Namen „Schokoladen-Chili-Sauce“, „Helle Schokoladensauce mit Limette“ und „Schoko-Himbeer-Sauce“.
Keine Frage, daß Peter Collett (freu sich, wer ihn kennt) bei so vielen Namen, die fallen, aber nicht wie Schuppen von den Augen – vom place dropping und experience dropping ganz zu schweigen -, seine wahre Freude beim Bemalen von Baiser in der Stadt Hamburg an der Elbe Auen und einen Becher nach dem anderen gestürzt hätte. Und Klaus Störtebeker hätte bestimmt seine Freude daran gehabt.
„Der Becher kreis’ in weiter Runde“, heißt es in der Hamburg-Hymne. So und nicht anders möchte das auch beim Spaß mit Speisen im The Westin Hamburg in der Elbphilharmonie sein. Dann und nur dann endet die Nacht mit diesem Refrain: „Heil über dir, Heil über dir, Hammonia, Hammonia! O wie so herrlich stehst du da.“
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