Bad Ischl, Salzkammergut, Österreich (MaDeRe). Steile Berge, tiefe Wälder, schimmernde Seen – das Salzkammergut ist der Inbegriff einer traumhaften Gebirgslandschaft. Dabei vergisst man leicht, dass die Region am Nordrand der Alpen auch reich an Geschichte und Kultur ist.
Bereits im 19. Jahrhundert wurde die Gegend zum beliebten Ziel für Sommerfrischler. 1823 eröffnete das erste Heilbad mit Salzwasser-Kuren in Bad Ischl; sogleich fanden sich prominente Kurgäste ein. Kaiser Franz Joseph verbrachte hier gar 82 Sommer. Mit seiner Gemahlin Sissi bezog er ein neoklassizistisches Sommerschloss mit englischem Park, das heute als Museum zugänglich ist. 1914 unterschrieb er hier die Kriegserklärung an Serbien, die zum Ersten Weltkrieg führte.
Zahlreiche Künstler kamen nach Bad Ischl: von Stefan Zweig bis Gustav Klimt. Franz Lehár schrieb zahlreiche Operetten in seiner Ischler Villa am Kai der schäumenden Traun. Ein weiterer treuer Sommergast war Johannes Brahms.
Ende des 19. Jahrhunderts konnten die Urlauber bequem mit der Eisenbahn anreisen. Das geht heute nicht mehr, wurde doch die Salzkammergut-Lokalbahn 1957 unter großem Protest eingestellt. Seither plagt man sich in den Sommermonaten mit Blechlawinen und Parkplatzsuche.
Nach Mondsee und an das gleichnamige, grünblau schimmernde Gewässer unterhalb der steilen „Drachenwand“ kommt man von Salzburg aus immerhin mit dem Bus. Ursprung des Orts ist ein Kloster, das der bayerische Herzog Odilo im 8. Jahrhundert gründete. Später wurde die imposante gotische Basilika St. Michael errichtet. Bemerkenswert sind das raffinierte Netzrippengewölbe und die vorzüglich erhaltenen Altäre des ortsansässigen Barockbildhauers Meinrad Guggenbichler.
Seit mehr als drei Jahrzehnten geht hier auch ein spätsommerliches Kammermusikfestival über die Bühne, die „Musiktage Mondsee“. Für dessen Qualität stehen die künstlerischen Leiter, die Musiker des renommierten Auryn Streichquartetts.
Traurig ist es jedoch für den Musikfreund, dass die Sommervilla der 1929 verstorbenen Star-Sopranistin Lilli Lehmann nicht als Museum erhalten wird. Lilli Lehmann war in Salzburg an der Gründung des Mozarteums und der Festspiele beteiligt. Nun bringt ein Immobilien-Unternehmen das Haus auf den Markt; samt Lehmanns Bibliothek und Originalmöbeln.
Geschäftstüchtig geht es auch nebenan am Wolfgangsee zu, wo der Gebäudekomplex des „Weissen Rössl“ als immer weiter durch St. Wolfgang wuchert. Der Geschäftssinn hat hier lange Tradition: 1896 kam der Berliner Theatermacher Oskar Blumenthal zur Sommerfrische, dessen Lustspiel „Im weißen Rößl“ zu einem Publikumserfolg wurde.
Obwohl Blumenthal gar nicht das Hotel am Wolfgangsee in Sinne hatte, vermarktete die clevere Wirtin vom „Rössl“ in St. Wolfgang ihr Haus fortan an Original. Als Ralph Benatzky das Stück 1930 als Operette vertonte, wurde das Hotel weltberühmt.
Einen herrlichen Blick auf den türkis schimmernden See genießt man vom Vorplatz der wuchtigen Wallfahrtskirche St. Wolfgang. Der mittelalterlichen Legende nach baute der Regensburger Bischof Wolfgang hier eine erste Kapelle. Bischof Wolfgang lebte als Einsiedler auf einen Felsen oberhalb des Sees. Eines Tages kam ihm die Eingebung, eine Kirche an jener Stelle im Tal zu bauen, wo ein von ihm hinab geworfenes Beil landet. Hier steht heute die Wallfahrtskirche, in der Reliquien des Bischofs und wertvolle Altäre aus der Werkstatt Guggenbichler zu sehen sind.
Nach dem heiligen Wolfgang ist übrigens Mozart benannt. Dessen Mutter, Anna Maria Walburga Pertl, wuchs am nördlichen Ende des Wolfgangsees auf, in St. Gilgen. Ihr Vater wurde als Richter aus Salzburg hierher versetzt.
Zwischen St. Wolfgang und St. Gilgen verkehrt man am besten mit der Fähre, die hier den schönsten Teil des Sees passiert: steile Felsen, verwunschene Buchten und kleine weiße Strände.
Stolz bezeichnet sich St. Gilgen als „Mozartdorf“, obwohl Wolfgang Amadeus nie vor Ort war. Heuer wird hier der 300. Geburtstag seiner Mutter begangen, die am 25. Dezember 1720 zur Welt kam und bis zur Heirat mit Leopold Mozart in St. Gilgen blieb.
Das einstige Bezirksgericht beherbergt heute das „Mozarthaus“, wo man auch Einiges über Mozarts Schwester „Nannerl“ erfährt, die ihrerseits den Richter von St. Gilgen heiratete, also einen Amtsnachfolger ihres Großvaters.
Als der Komponist Gustav Mahler rund ein Jahrhundert später den benachbarten Attersee besuchte, hatte der Fremdenverkehr bereits an Fahrt aufgenommen. Im Juni 1893 fanden sich Mahler und seine Schwester im Steinbacher Gasthof „Zum Höllengebirge“ ein. Der viel beschäftigte Kapellmeister des Hamburger Stadttheaters wollte hier endlich Zeit für sein eigenes Schaffen finden. Die Gewohnheit des sommerlichen Komponierens behielt er auch bei, als er später die Leitung der Wiener Hofoper übernahm.
Jedoch störten Mahler der Trubel im Gasthof. Daher hatte er die Idee, am Ende der Uferwiese, direkt am Wasser, eine spartanische Holzhütte zu errichten. Während seiner mehrwöchigen Aufenthalte in diesem „Komponierhäusl“ entstanden mehrere Orchesterlieder und die Zweite Sinfonie.
In seiner Freizeit wanderte Mahler, wurde zum begeisterten Anhänger des neumodischen Fahrrads oder besuchte seinen Kollegen Johannes Brahms in Ischl. Das Komponierhäusl ist heute eine Pilgerstätte für Mahler-Anhänger aus der ganzen Welt. Doch andächtige Stimmung will hier nicht so recht aufkommen, wird doch die Wiese heute von einem Caravan-Stellplatz eingenommen.