Hannemann’s Vorwerk, Polen (MaDeRe). Hinter der Schleuse heißt die Verbindungsstrecke über die Netze jetzt Warta-Goplo-Kanal. Die Flusslandschaft in allen Grünschattierungen wirkt beruhigend. Hohe Schilfwände links und rechts verdecken an vielen Stellen den Blick. Nur hin und wieder lugt ein historisch anmutendes, löchriges Ziegeldach über die Spitzen oder ein Angler durch die Halme. Die Polen lieben das stundenlange Hocken am und Starren aufs Wasser, ihr Nationalsport Nummer eins.
Historische Ortsnamen wie Königsthal, Teichmulde oder Liliendorf in der deutsch-polnischen Karte weisen auf die Trockenlegung der Bruchlandschaft durch Kolonisatoren hin, Friedrichsau auch auf den Initiator, Preußens König Friedrich der Große.
Uns interessieren auch die Fahrwassereigenheiten wie Strömung, Sandbänke und Wassertiefen. Zwischendurch aber werfen wir auch immer wieder ein Auge auf die strotzende Natur ringsum: Backbord ein Biberbau, Steuerbord Kraniche, hoch über dem Boot ein Seeadler, Gruppen von tanzenden Kiebitzen, im Tiefflug neben uns weiße und graue Reiher, vor uns startende Schwäne. Wir wissen gar nicht, wohin wir zuerst schauen sollen. „Wie Mangrovewald, nur schöner und belebter“, ist Marcel begeistert, „nirgends störende Windräder oder Stromtrassen“.
An Backbord, bei Kilometer 29, plötzlich eine größere Lücke, in der ein Backstein-Kirchlein auftaucht. Zum Glück gibt es einen Holzponton zum Anlegen. Wir machen fest und laufen den kleinen Moränenhügel hinauf. Warzynowo nennt sich der Flecken, wie aus den Hinweistafeln – leider nur auf Polnisch – zu entnehmen ist. Die erklärenden Zeichnungen lassen auf eine Pruzzen-Siedlung aus dem 13. Jahrhundert schließen, während die arg zerfallene Kirche an eine deutsche Gründung erinnert. Der sie einst umgebende Friedhof ist eingeebnet. Das übriggebliebene Pfarrhaus ist zwar noch bewohnt, aber ein trauriger Trümmerhaufen.